Scream Street - Das Hexenblut
scharf.
Luke zog eine cremefarbene Knolle aus der Erde. »Das hier?«, fragte er. »Ich habe Knoblauch bisher immer nur in Supermärkten gesehen.«
Rhesus roch an der Knolle. »Ja«, sagte er mit gerümpfter Nase. »Das ist Knoblauch!«
»Gut«, sagte Cleo. »Los, probieren wir’s aus - außer, Rhesus hat noch irgendwo weitere Überreste seiner Familie versteckt.«
Luke zerpflückte die Knoblauchknolle in
der Hand und schleuderte die Knoblauchzehen auf den schwarzen Kater. Zu seiner Freude fauchte dieser wütend und wich zurück.
»Es funktioniert!«, sagte Luke strahlend und buddelte weiter in der Erde. »Wir holen uns noch mehr davon, und dann können wir -«
Doch da tauchten in seinem Gesichtsfeld zwei große, abgewetzte Lederstiefel auf. »Was machste’n da?«, sagte eine knurrende tiefe Stimme.
Luke ließ seinen Blick über zwei dicke, behaarte Beine bis hinauf zu einem rosafarbenen Tüllröckchen wandern. Ein Kugelbauch hing wabbelnd über dem Rock und daneben baumelten zwei große, tätowierte Arme mit massiven Fäusten. Stoppeln bedeckten das Kinn des vierschrötigen Gesichts, das finster auf Luke herabstarrte. Oben auf
dem Kopf steckte ein zierliches Diadem in dem ratzekahl geschorenen Haar.
»Ich hab’ gesagt, was machste’n da?«
»Äh, Luke«, sagte Rhesus so munter und fröhlich, wie er konnte. »Das ist Twinkle.« Langsam und unauffällig schob er eine frisch ausgebuddelte Knoblauchknolle in die Erde zurück. »Und das hier ist sein Knoblauch.«
Luke schluckte schwer. »S-sehr erfreut, Sie kennenzulernen.«
»Den Knofi brauch’ ich«, knurrte Twinkle. »Für meinen Feenstaub nämlich!«
Luke sah ihn entgeistert an. Das war also eine Fee? Sie ähnelte eher einem Maurer in schrill-modischer Kleidung.
»Tut mir leid, Twinkle«, sagte Rhesus. »Wir hätten dich ja gefragt, aber wir haben ein kleines Problem.« Er zeigte mit einer Armbewegung auf den Kater, der sie misstrauisch von der sicheren Gartenmauer aus beobachtete.
Twinkle schnupperte. »Was is’n das für’n Teil?«
»Ein Vampirkater«, erklärte Cleo.
Twinkle nickte bedächtig. Man konnte förmlich hören, wie sich die Zahnrädchen im Gehirn der Fee bewegten, dachte Luke. Schließlich sagte Twinkle: »Und was kann ich da machen?«
Rhesus reichte der Fee den Knoblauch, den er gerade ausgegraben hatte. »Bring allen Häusern der Scream Street Knoblauch, außer meinem«, sagte er. »Du hängst eine Zehe an jede Tür und sagst allen, dass sie keinen Fuß mehr nach draußen setzen sollen, bis es wieder sicher ist.«
Twinkles granitharte Miene wurde noch härter. »Hab’s kapiert!« Er bückte sich, um auch die übrigen Knollen aus der Erde zu holen, und schob sie in einen rosafarbenen Beutel, der ihm über der Schulter hing. Dann richtete sich die Fee wieder auf, flatterte mit zwei zarten Flügeln, schwebte sanft hoch und flog über die Dächer davon.
»Also, ich hätte nie -«, begann Luke, doch da ließ ihm ein bösartiges Miauen einen Schauder über den Rücken laufen.
Cleo schluckte. »Vielleicht wäre es ganz gut gewesen, wenn wir etwas Knoblauch für uns selbst behalten hätten!«
6. Kapitel
Die Hexe
Der Kater pirschte sich mit gefletschten Zähnen über den Rasen an sie heran.
»Kannst du gegen ihn kämpfen, Luke?«,
fragte Rhesus. »Ich weiß, dass du nicht gern als Waffe angesehen werden willst, aber du bist vielleicht unsere einzige Chance.«
Luke schüttelte den Kopf, während sie alle drei zurückwichen. »Ich glaube nicht, dass ich genug Zeit habe, um mich zu verwan -«
In diesem Augenblick stolperte er mit einem lauten Knall rückwärts über den Rasenmäher. Dabei fiel ihm Stolpersteins Geschichten aus der Scream Street aus der Tasche und purzelte ins Gras.
Der Kater sah seine Chance gekommen und setzte zum Sprung an. Luke bedeckte das Gesicht mit den Händen.
»Shan! Lass sie in Ruhe!«
Überrascht von der unerwarteten Stimme, hielt der Kater kurz in der Bewegung inne. Dann schüttelte er den Kopf, um sich loszureißen, und stürmte erneut auf Luke zu.
»SHAN! NEIN!«
Das zeigte sofortige Wirkung: Der Vampirkater rollte sich auf den Rücken und miaute leise - jeglicher Gedanke, Luke anzugreifen, schien vergessen.
»Wer hat das gerade gesagt?«, wollte Rhesus wissen.
»Ich«, kam die Entgegnung. »Und ich hoffe für euch, ihr habt einen sehr guten Grund dafür, dass ihr meinen Kater mit Vampirenergie angesteckt habt!«
Die drei Freunde sahen nach unten. Die Stimme kam aus dem Buch
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