Scream
Bücherregal gesehen hatte, kramte in einem eingebauten Safe herum. Sie alle sahen auf, als er das Zimmer betrat, schauten aber gleich wieder weg beim Anblick seiner finsteren Miene.
Vor dem Fenster befand sich ein Balkon. Die Glastür stand offen. Er ging hinaus und machte die Tür hinter sich zu. Die Luft war immer noch kühl. Schwaches gelbes Licht streifte die Dächer der umliegenden Häuser.
Reiß dich am Riemen, Alan, sonst riskiert du noch den dritten Infarkt. Du brichst auf der Stelle zusammen und wirst die Ermittlungen vom Krankenhausbett aus leiten müssen. Willst du das?
Nein. Natürlich nicht. Er musste scharf nachdenken, was ihm kaum gelang, wenn er wütend war.
Löse das Problem.
Richtig. Darum ging es jetzt. Und er hatte das Zeug dazu. Es war ihm bislang immer gelungen, seine Ziele zu verfolgen und Hindernisse zu überwinden.
Alan schritt auf dem Balkon hin und her und versuchte, kontrolliert zu atmen. Er konzentrierte seine Wahrnehmung auf das Geräusch der Brandung im Hintergrund. Wenig später hatte er sich beruhigt; er war wieder bei sich und überdachte das Problem.
Das Behavioral Modification Program war seine Erfindung. Er hatte es entwickelt, als die kleine Einheit mit dem Namen »Behavioral Sciences«, die Verhaltensforschung, eingerichtet worden und er mit seinen vier Mitarbeitern durch das ganze Land gereist war, um inhaftierte Serienmörder zu befragen.
Alle kamen sie aus zerrütteten Familien, wie er festgestellt hatte. Die Väter spielten kaum eine Rolle, abgesehen von der des zufälligen Samenspenders, und falls sie doch zugegen waren, drückte sich ihre Liebe zum Sohn für gewöhnlich in Form von Prügeln, Psychoterror und nicht selten auch sexuellem Missbrauch aus. Die Mütter ließen ihre Männer gewähren, waren wie diese meist außer Haus, tranken oder prostituierten sich oder arbeiteten, wenn überhaupt, in niederer Anstellung. Die Mahlzeiten bestanden aus Fastfood und Dosengetränken.
Jahre seelischer Torturen beförderten komplexe Phantasien, in denen Blut und das Schreien eines Opfers, meist einer Frau, Linderung versprachen. Der verstümmelte Leichnam würde anschließend wie ein leerer Hamburgerkarton weggeworfen.
Danach führte der Killer wieder ein halbwegs normales Leben, fühlte sich gestärkt und blickte zuversichtlich in die Zukunft. Doch schon bald geriet er wieder in Depression und Verzweiflung, auf die er nur mit Gewalt antworten konnte.
Sobald das Morden anfing, waren alle Rehabilitationsversuche zwecklos. FBI-Profiler, die an solchen Fällen arbeiteten, hatten lediglich aufklärende Funktion, konnten nur reagieren, nicht aber präventiv wirken.
Das Behavioral Modification Program sollte dies ändern.
Es kümmerte sich um gewalttätig gewordene Kinder, die ihm von angeschlossenen Psychiatrien zugeführt wurden, befreite sie aus ihrem prekären Umfeld und bot ihnen ein neues Leben an der Seite fürsorglicher Pflegeeltern, schulische und psychotherapeutische Betreuung sowie die Versorgung mit Medikamenten. Später half man ihnen, einen Job zu finden, einen Haushalt zu gründen und ein produktives Mitglied der Gesellschaft zu werden. All diese Maßnahmen wurden ermöglicht durch die Zusammenarbeit von FBI und Landesregierung.
Gab es auch Probleme? Gewiss. Die Rehabilitierung mancher Kinder gestaltete sich denkbar schwierig. Aufenthalte in Vollzugsanstalten für Jugendliche oder Psychiatrien und Missbräuche ungeahnten Ausmaßes hatten nicht selten dermaßen schwerwiegende seelische Verletzungen zur Folge, dass den Betroffenen selbst durch intensivste Therapien kaum geholfen werden konnte. Und dann waren da solche, die allem Anschein nach eine genetische Disposition zur Gewalt in sich trugen und weder durch emotionale Zuwendung noch therapeutische Betreuung von ihren dunklen Bedürfnissen geheilt werden konnten.
Ja, es gab Probleme, und das war nicht anders zu erwarten gewesen. Es gab allerdings auch Erfolge. Das Programm hatte heilende Wirkung und schützte darum nicht zuletzt das Leben potenzieller Opfer.
Doch die Öffentlichkeit hat kein Interesse an Erfolgsmeldungen. Sie reagiert gelangweilt auf Statistiken und Fallstudien, die die Wirksamkeit günstiger Einflussnahme bezeugen. Die Öffentlichkeit delektiert sich vielmehr an Fehlschlägen, und je größer diese sind, desto besser. Und es gab weiß Gott große Fehlschläge. Gleich zu Beginn seiner Tätigkeit hatte das Programm geradezu desaströse Rückschläge hinnehmen müssen, die aber inzwischen
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