Scream
würde er das FBI hierher locken, seine Agenten töten und den ganzen Laden auffliegen lassen.
Die Ereignisse von Marblehead hatten noch nicht genügend Staub aufgewirbelt. Der Anschlag auf die Roths war kaum mehr als eine Randnotiz in der Regionalpresse gewesen, und die Bombe bei den Dolans hatte nicht funktioniert. Umso wichtiger war es nun für ihn, eine wirklich denkwürdige Aktion zu starten, die die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit von San Diego ablenkte. Er hatte auch schon etwas Besonderes für die dritte Familie im Sinn.
Er packte den Laptop und das angeschlossene Handy in seine lederne Aktentasche. Was ist mit Casey?, fragte die warnende Stimme, die ihn hierher an die Ostküste geführt hatte. Du musst dir etwas einfallen lassen und verhindern, dass er dir gefährlich wird.
Ihn zu töten wäre zu einfach. Außerdem wollte er ihn leiden sehen.
Dazu kommt es vielleicht, aber er ist gerissen. Er ist gefährlich. Bring ihn lieber um.
Nein. Einstweilen nicht. Er sollte sich noch eine Weile abstrampeln.
Der Sandmann dachte an den gestohlenen Karton mit Jacks Erinnerungen – und seinem Tagebuch, das Einblicke in Jacks dunkelste Gehirnwindungen bot. Er hatte, was Jack betraf, auch schon eine Idee, die er sich jetzt wieder durch den Kopf gehen ließ … ja, sie war perfekt.
Der Sandmann lächelte voller Vorfreude darauf, Casey untergehen zu sehen.
Die Klimaanlage im Porsche lief auf vollen Touren. Seit fünf Minuten saß Jack hinterm Steuer und schwitzte aus allen Poren.
Der schwarze Wecker von Sony, den er in der Hand hielt, war ein beliebtes Modell; Jack hatte ihn vor mehreren Monaten gekauft – allerdings ohne Minikamera und Mikrophon. Agent Simpson hatte die Uhr gefunden. Das Kabel hätte in die Stromdose gehört, führte aber stattdessen zum Telefonanschluss eines Laptops, der unter dem Bett versteckt lag und über ein zweites Kabel mit der Telefondose in der Wand verbunden war. Der Sandmann hatte die Verbindung getrennt, ehe sie zurückverfolgt werden konnte.
Wir müssen Taylors Haus durchsuchen, müssen sie und Rachel verdammt nochmal in Sicherheit bringen.
Er legte den Wecker auf den Sitz und griff nach seinem Handy, um Tedesco anzurufen. Er hatte gerade die Kurzwahltaste für Ronnie gedrückt, als er einen Hauch von Parfüm wahrnahm. Amandas Parfüm. Sie hatte sich immer etwas hinter die Ohren und auf die Handgelenke getupft. Wenn er früher in Virginia ins Bett gegangen war, hatte er Spuren davon auf den Kissen und in den Laken riechen können, vermischt mit dem Duft nach Babypuder.
Du musst sie unbedingt sprechen, dachte er, während die Nummer gewählt wurde und er tief einatmete. Wieder nahm er in der kühlen Luft den Duft war, nur ein flüchtiges Aroma, das er im Augenblick nicht weiter hinterfragte. Stattdessen ließ er seinen Gedanken freien Lauf und erinnerte sich an einen perfekten Tag auf Cape Cod. In der kleinen Ortschaft Pocasset, direkt an Barlow’s Landing Beach, besaßen Amandas Eltern ein Sommerhaus, wo sie in den Jahren nach der Hochzeit häufig Urlaub gemacht hatten, gemeinsam mit den Eltern. Er hatte an einem Klapptisch gesessen, ein Budweiser getrunken und mit dem Schwiegervater Backgammon gespielt, während Amanda auf dem Gartentisch unter dem hohen Ahorn frischgeschnittene Blumen in einer Kristallvase anordnete. Er liebte es, wie sie sich bewegte, wie ihr die Haare ins Gesicht fielen, das immer lächelte. Er konnte sich an ihr nicht sattsehen.
Später in der Nacht waren sie aus dem Haus geschlichen und an den Strand gegangen. Sie hatten sich ausgezogen und sich geliebt. Er lag im feuchten Sand auf dem Rücken, Amanda hockte rittlings auf ihm. Ihre Haut schimmerte silbern im Mondlicht. Der Wind spielte in ihren Haaren, als sie die Hüfte langsam vor und zurück bewegte, während sie ihm zwei Finger in den Mund gesteckt hielt. Er schmeckte den Koriander und die roten Zwiebeln, die sie für die Mangosalsa klein geschnitten hatte, und als sie sich nach vorn lehnte und sich an ihn schmiegte, spülte eine Welle kühles Wasser über sie hinweg. Den Blick auf den von Sternen übersäten Nachthimmel gerichtet, empfand er ein so tiefes Gefühl von Glück und Geborgenheit, als wäre die Frau, die zitternd in seinen Armen lag und Liebesschwüre stammelte, eigens dazu geschaffen, für sein Seelenheil zu sorgen.
»Hallo?«
Jack schreckte auf. Die Erinnerung verflog, aber die Gefühle waren noch da, warm und klar.
»Jack? Sind Sie’s?«
»Ja. Ja, Ronnie, ich bin’s. War nur
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