Scriptum
erfuhr, war nicht erfreulich, die Superhirne der NSA tappten bezüglich Fonsalis noch immer im Dunkeln.
Hendricks bereitete Reilly darauf vor, dass die Recherchen von nun an erheblich langsamer vorangehen würden. Anrufe bei hilfsbereiten
Experten in aller Welt hatten keine Erkenntnisse geliefert, auch die elektronische Suche in sämtlichen relevanten Datenbanken
war längst ergebnislos abgeschlossen. Jetzt arbeiteten sich die Analytiker auf die althergebrachte Art durch Berge von Literatur,
indem sie sie lasen und dabei nach irgendeinem Hinweis auf den Ort des Grabes suchten.
Reilly war nicht gerade optimistisch.
Aparo, der am Schreibtisch gegenüber saß, nickte ihm düster zu, ehe er seinerseits ein Telefonat beendete. Reilly sah seinem
Kollegen an, dass es wichtige, aber unerfreuliche Neuigkeiten gab. Buchinski hatte Aparo soeben mitgeteilt, am frühen Morgen
sei in einer Gasse hinter einem Apartmenthaus in Astoria, einem Stadtteil von Queens, eine männliche Leiche gefunden worden.
Das Besondere an dem Fund war, dass bei dem Toten Rückstände von Lidocain nachgewiesen wurden und der Hals Einstichspurenaufwies. Der Name des Opfers lautete Mitch Adeson.
Reilly hatte das unbehagliche Gefühl, dass der Fall ihnen zu entgleiten drohte. «Woran ist er gestorben?»
«Vom Dach gefallen. Gefallen, gesprungen, gestoßen worden – such’s dir aus.»
Reilly lehnte sich zurück und rieb sich erschöpft die Augen. «Drei von vieren. Damit bleibt noch einer übrig. Die Frage ist:
Finden wir den auch früher oder später mit Einstichspuren am Hals … oder ist er schon unterwegs nach Europa?»
Als er sich umblickte, bemerkte er De Angelis, der gerade aus dem Foyer hereinkam. Offenbar gab es keine bahnbrechenden Erkenntnisse,
sonst hätte der Monsignore wohl kaum Zeit damit vergeudet, persönlich herzukommen.
Die düstere Miene, mit der er Reilly gegenüber Platz nahm, verstärkte diesen Eindruck.
«Ich fürchte, meine Kollegen in Rom waren noch nicht erfolgreich. Sie suchen weiter, aber …» Er schien nicht besonders zuversichtlich. «Ich nehme an …?» Der Monsignore brauchte den Satz nicht zu beenden.
«Ja, wir tappen hier auch noch immer im Dunkeln, Pater.»
«Nun denn.» De Angelis rang sich ein hoffnungsvolles Lächeln ab. «Wenn weder unsere Gelehrten noch Ihre Experten das Rätsel
bislang lösen konnten … vielleicht hat er dann auch seine Schwierigkeiten damit.»
Im tiefsten Inneren wusste Reilly, dass das reines Wunschdenken war. Sie hatten Fotos von Vance an alle größeren Bibliotheken
von Washington, D. C., bis Boston geschickt, doch bisher war er nirgendwo gesehen worden. Entweder wusste er bereits, wo sein Ziel lag, oder
er verfügte über eigene Quellen,zu denen das FBI keinen Zugang hatte. Beides verhieß nichts Gutes.
Nach kurzem Schweigen bemerkte der Monsignore: «Miss Chaykin scheint mir sehr …
einfallsreich
zu sein.»
Reilly konnte ein Grinsen nicht unterdrücken. «Oh, ich bin sicher, dass sie sich gerade jetzt, während wir hier miteinander
reden, das Hirn zermartert.»
De Angelis nickte. «Haben Sie etwas von ihr gehört?»
«Noch nicht.»
Der Monsignore schwieg. Reilly hatte den Eindruck, dass der Mann ihm etwas verschwieg, etwas, das ihm Kopfzerbrechen bereitete.
«Was ist, Pater?»
Die Frage schien De Angelis ein wenig peinlich zu sein. «Ich weiß nicht recht. Ich bin einfach ein wenig beunruhigt.»
«Worüber?»
Der Priester blickte ihn skeptisch an. «Sind Sie sicher, dass sie anrufen würde? Ich meine, wenn sie etwas herausfände?»
Es überraschte Reilly, diese Frage ausgerechnet aus dem Mund des Monsignore zu hören. Er vertraute ihr nicht? Der Agent beugte
sich vor. «Warum zweifeln Sie daran?»
«Nun, sie scheint sich sehr zu engagieren, es ist immerhin ihr Fachgebiet. Und eine derartige Entdeckung … andere haben sich schon mit weitaus Geringerem einen Namen gemacht. Ich frage mich, was mir an Miss Chaykins Stelle wichtiger
wäre: Vance das Handwerk zu legen … oder etwas zu entdecken, wofür jeder Archäologe seinen rechten Arm hergeben würde. Ob ich die Behörden informieren und damit
Ruhm und Anerkennung aufs Spiel setzen würde … oder ob ich die Spur lieber selbst verfolgen würde?» Er sprach leise, aber mit einer Eindringlichkeit, der man sich nicht
widersetzenkonnte. «Miss Chaykin macht einen recht ehrgeizigen Eindruck, und Ehrgeiz verleitet Menschen oft dazu, den … sagen wir, den
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