Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Scriptum

Scriptum

Titel: Scriptum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond Khoury
Vom Netzwerk:
Klarheit der Sonnenuntergänge. Schwierig
     waren lediglich die langen Stunden dazwischen.
    Nur mit Glück hatten sie die
Savarona
überhaupt so kurzfristig chartern können. In den letzten Jahren war die Nachfrage nach Schiffen für Unterwasserexpeditionen
     von der Karibik bis nach China sprunghaft gestiegen, was die Verfügbarkeit einschränkte und die Charterpreise in die Höhe
     trieb. Neben den traditionellen Kunden wie Meeresbiologen, Ozeanographen, Ölgesellschaften und Dokumentarfilmer drängten nun
     zwei neue Gruppen auf den Markt. Einerseits gab es die wachsende Zahl der Abenteuertaucher, die bereit waren, viele tausend
     Dollar zu bezahlen, um einmal in die Nähe der
Titanic
zu kommen oder bei den Azoren in zweieinhalbtausend Metern Tiefe heiße Unterwasserschlote zu besichtigen. Zum anderen gab
     es die Schatzsucher oder «kommerziellen Archäologen», wie sie sich gerne nannten.
    Mit Hilfe des Internets hatten sie das Forschungsschiff gefunden. Einige Anrufe und einen Kurzstreckenflug später waren Vance
     und Tess in Piräus an Bord der
Savarona
gegangen.Der Kapitän, ein großer, braun gebrannter und gut aussehender Grieche namens Georgios Rassoulis, hatte Vance’ Vorschlag zunächst
     aus Termingründen abgelehnt. Er bereitete gerade eine Exkursion in die nördliche Ägäis vor, wo Historiker und ein Filmteam
     nach einer verschollenen Flotte persischer Triremen suchen wollten. Daher könne er seine Dienste nur für drei Wochen anbieten,
     was bei weitem nicht ausreichend sei. Selbst die zwei Monate, die sein Ausflug in die Ägäis dauern würde, seien relativ knapp
     bemessen, da das Aufspüren antiker Schiffswracks der Suche nach der Nadel im Heuhaufen gleiche. Andererseits besaß Vance etwas,
     das den meisten Expeditionen fehlte: das Astrolabium, mit dem er hoffte, seine Beute in einem Radius von zehn Quadratmeilen
     einzukreisen.
    Vance hatte dem Kapitän erzählt, sie seien auf der Suche nach einem Kreuzfahrerschiff, und andeutungsweise von Gold und anderen
     Wertgegenständen gesprochen, die man nach dem Fall von Akkon heimlich aus dem Heiligen Land geschafft habe. Rassoulis biss
     an. Der enthusiastische Glaube des Professors an sein altes Instrument, mit dem man die
Faucon du Temple
innerhalb des engen Zeitlimits orten könne, wirkte überaus ansteckend. Auch konnte er eine gewisse Gier nicht verhehlen und
     kam Vance’ Forderung nach absoluter Diskretion nur zu gern entgegen. Er war das von den kommerziellen Archäologen gewöhnt.
     Und da er einen Anteil am Schatz für sich ausgehandelt hatte, konnte es ihm nur nutzen, wenn Außenstehende nichts von ihrem
     Plan erfuhren. Er hatte Vance erklärt, dass das Schiff immer nur für wenige Stunden die fragliche Stelle absuchen und sich
     danach an andere Orte begeben würde, um von ihrem Zielgebiet abzulenken, ein Plan, dem Vance sofort zustimmte.
    Wieder einmal stellte Tess fest, dass die Suche viel Geduld erforderte, die sie momentan nur schwer aufbringen konnte. Um
     jeden Preis wollte sie wissen, welche Geheimnisse die sanfte Dünung unter ihren Füßen verbarg. Sie spürte, dass sie ganz nahe
     dran waren; das machte die langen Phasen der Untätigkeit nur noch unerträglicher.
    Die Stunden schleppten sich dahin, und sie versank oft in Gedanken, den Blick unbewusst auf die beiden Kabel gerichtet, die
     das alte Schiff im schaumigen Kielwasser hinter sich herzog. An einem Kabel war ein Side-Scan-Sonar mit niedriger Frequenz
     befestigt, das alle auffälligen Vorsprünge unter Wasser ortete; am anderen hing ein Magnetometer, das auf Eisenreste im Wrack
     reagieren würde. In den vergangenen Tagen hatte es aufregende Momente gegeben. Zweimal hatte das Sonar etwas geortet, worauf
     das ferngesteuerte Tauchboot – nach dem zerstreuten Fisch aus
Findet Nemo
liebevoll
Dori
getauft – zu Wasser gelassen wurde. Tess und Vance waren hoffnungsfroh und mit klopfendem Herzen in den Kontrollraum der
Savarona
geeilt. Dort hatten sie gesessen, die Augen auf den Bildschirm geheftet, auf dem die verschwommenen Bilder aus
Doris
Kamera erschienen. Ihre Phantasie lief auf Hochtouren, und die Enttäuschung war beide Male groß, weil das Sonar nicht fand,
     was sie erhofft hatten: Einmal handelte es sich um einen wrackgroßen Felsvorsprung, ein anderes Mal um die Überreste eines
     Fischerboots aus dem zwanzigsten Jahrhundert.
    Den Rest der Zeit verbrachten sie mit Warten und Hoffen an der Reling. Tess blieb genügend Muße, um die Ereignisse der letzten
    

Weitere Kostenlose Bücher