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Scriptum

Scriptum

Titel: Scriptum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond Khoury
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gefördert.

KAPITEL 9
    Gus Waldron kam aus der U-Bahn -Station an der West 23rd Street und wandte sich nach Süden.
    Dieser Stadtteil war ihm verhasst. Er war kein Freund der Yuppies. Im Gegenteil. In seinem Viertel genügte seine massige,
     hünenhafte Gestalt, damit ihm nichts passierte. Hier, zwischen all den hochnäsigen Arschgeigen, die in teuren Designerklamotten
     und mit Zweihundert-Dollar-Haarschnitten über die Gehwege trippelten, fiel er nur auf.
    Um etwas kleiner zu wirken, ging er leicht gebeugt. Was aber bei seiner Statur nicht viel nützte. Nicht gerade unauffällig
     war auch der unförmige, lange schwarze Mantel, den er trug. Aber da war nichts zu machen; den Mantel benötigte er, um das,
     was er bei sich trug, zu verbergen.
    Er bog in die 22nd Street nach Westen ab. Sein Ziel befand sich einen Block vom Empire Diner entfernt, in einer Straße mit
     lauter kleinen Kunstgalerien.
    Im Vorbeigehen fiel ihm auf, dass die Galerien meist nur ein Bild oder höchstens zwei im Fenster stehen hatten. Manche der
     Bilder hatten ja nicht mal Rahmen, verdammte Scheiße, und ein Preisschild konnte er bei keinem einzigen entdecken.
    Woher zum Teufel sollte man wissen, ob der blöde Schinken was taugte, wenn man nicht mal wusste, was er kostete?
    Sein Ziel war jetzt nur noch zwei Türen entfernt. Nach außen wirkte Lucien Boussards Laden wie ein Antiquitätengeschäft für
     gehobene Ansprüche. Genau darum handelte es sich auch, aber das war noch nicht alles. Fälschungen und Stücke von zweifelhafter
     Herkunft waren bei weitem zahlreicher als die paar absolut lupenreinen Antiquitäten. Was aber keiner seiner Nachbarn je vermutet
     hätte. Dank seines Stils, seines Akzents und seiner Umgangsformen war Lucien über jeden Verdacht erhaben.
    Gus erfasste alles in der Umgebung äußerst wachsam, während er an dem Antiquitätengeschäft vorbeiging, zählte, bis er fünfundzwanzig
     Schritt weiter war, blieb dann stehen und machte wieder kehrt. Er tat so, als wolle er die Straße überqueren, konnte immer
     noch nichts Verdächtiges entdecken, kehrte um und huschte, für einen Mann seiner Statur bemerkenswert flink, in den Laden.
     Aber er war Boxer, da musste man flink sein. In dreißig Kämpfen war er kein einziges Mal hart genug getroffen worden, um auf
     die Bretter zu müssen. Außer, wenn er vorher entsprechend instruiert worden war.
    In dem Laden behielt er eine Hand, um den Griff einer Beretta 92FS gelegt, in der Manteltasche. Nicht unbedingt seine bevorzugte
     Schusswaffe, aber seine Heckler & Koch .45   ACP hatte einige Male versagt, und nach der Sache im Museum war es kaum ratsam, die Cobray bei sich zu haben. Rasch sah er
     sich in dem Geschäft um. Keine Touristen und auch sonst keine Kunden. Nur der Inhaber des Ladens.
    Gus hegte für sehr wenige Leute freundschaftliche Gefühle, aber Lucien Boussard war ihm besonders zuwider. Er war ein unterwürfiger
     kleiner Pisser mit schmalem Gesicht und ebenso schmalen Schultern, der sein langes Haar in einem Pferdeschwanz trug.
    Miese französische Schwuchtel.
    Als Gus hereinkam, hob Lucien, der an einem kleinen Tisch mit dünnen Beinchen saß und irgendetwas schrieb, den Blick und setzte
     ein gekünsteltes Lächeln auf. Es war der klägliche Versuch, davon abzulenken, dass ihm sofort der Schweiß ausgebrochen war
     und die Hände zitterten. Das war womöglich das Einzige, was Gus an Lucien gefiel.
    «Gus!» Bei ihm klang es eher wie «Göss», ein Grund mehr, weshalb er Lucien hasste, jedes verdammte Mal, wenn er das hörte.
    Gus wandte ihm kurz den Rücken zu, um die Tür zu verschließen, und ging dann auf den Tisch zu. «Ist hinten jemand?», knurrte
     er.
    Lucien schüttelte heftig den Kopf. «
Mais non, mais non, voyons,
außer mir ist niemand hier.» Er hatte die nervtötende Angewohnheit, seine tuckigen französischen Ausdrücke immer mehrmals
     hintereinander zu quäken. Vielleicht war das bei denen ja üblich.
    «Ich habe Sie gar nicht erwartet, Sie haben mir nicht gesagt   …»
    «Halten Sie den Rand», blaffte Gus. «Ich hab was für Sie.» Er grinste. «Was ganz Besonderes.»
    Gus zog eine Papiertüte unter seinem Mantel hervor und legte sie auf den Tisch. Mit einem raschen Blick zur Tür vergewisserte
     er sich, dass niemand sie von der Straße aus sehen konnte, und holte dann ein in Zeitungspapier eingewickeltes Päckchen aus
     der Tüte. Den Blick auf Lucien gerichtet, entfernte er das Papier.
    Lucien klappte der Mund auf, ihm gingen schier

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