Scriptum
ließ sich zurückfallen, trat erneut das Gaspedal durch und rammte ihn ein drittes Mal.
Diesmal hatte er Erfolg. Das Taxi geriet heillos ins Schlingern, rumpelte den Bordstein hoch, kippte auf die Seite und schlitterte
krachend in ein Schaufenster. Reilly stoppte den Chrysler mit quietschenden Bremsen und warf einen Blick hinüber. Das Heck
des auf der Seite liegenden Taxis ragte aus dem Schaufenster. Es handelte sich um ein Musikgeschäft.
Endlich kam der Chrysler zum Stehen, und Reilly und Aparo sprangen heraus. Aparo hielt seine Waffe bereits im Anschlag, und
auch Reilly wollte seine gerade ziehen, als ihm klar wurde, dass er sie nicht benötigen würde.
Der Fahrer war durch die Frontscheibe geschleudert worden und lag mit dem Gesicht nach unten in einem Haufen Glasscherben,
inmitten von verbogenen und beschädigten Musikinstrumenten. Einzelne Notenblätter segelten still durch die Luft und landeten
auf seinem reglosen Körper.
Behutsam schob Reilly eine Schuhspitze unter den Körper des Fahrers und drehte ihn auf den Rücken. Er war zwar bewusstlos,
sein Gesicht über und über mit blutenden Schnittwunden bedeckt, aber er atmete. Beim Umdrehen kippten die Arme des Mannes
zur Seite, und eine Pistole glitt ihm aus der Hand. Als Reilly sie mit dem Fuß beiseite stieß, fiel ihm etwas anderes in die
Augen.
Unter dem Mantel des Mannes ragte ein mit Edelsteinen besetztes Kreuz aus Gold hervor.
KAPITEL 17
Nur wenige Nachrichten erwarteten Tess, als sie ihr Büro im Manoukian Archaeological Institute an der Lexington und 79th Street
betrat. Die Hälfte stammte, wie konnte es anders sein, von ihrem Exmann; die anderen waren, ebenso wenig überraschend, von
Leo Guiragossian, dem Leiter des Manoukian Institute. Guiragossian machte kein Geheimnis daraus, dass er Tess nur duldete,
weil es sich bei der Beschaffung von Sponsorengeldern auszahlte, die Tochter des berühmten Oliver Chaykin am Institut zu beschäftigen.
Sowenig sie den kahlköpfigen Widerling ausstehen konnte, sie war auf den Job angewiesen, und da angesichts der angespannten
Haushaltslage des Instituts Gerüchte von bevorstehenden Entlassungen die Runde machten, musste sie wohl oder übel nett zu
ihm sein.
Sie beförderte die Zettel mit den Gesprächsnotizen kurzerhand in den Papierkorb, ohne auf Lizzie Harding zu achten, die nur
stumm die Augen verdrehte. Lizzie war die herzensgute, mütterliche Sekretärin, die sie sich mit drei anderen Forschern teilte.
Was Leo und Doug von ihr wollten, konnte sie sich mühelos vorstellen: einen detaillierten Augenzeugenbericht von den Ereignissen
am Samstagabend. Doch während ihr Chef vermutlich nur auf Sensationen aus war, verfolgte Doug ausschließlich eigennützige
Ziele, und das wurmte sie mächtig.
Tess hatte auf ihrem Schreibtisch Computer und Telefon so aufgestellt, dass sie mit einer leichten Kopfdrehung in den gepflasterten
Garten im Innenhof des schönen alten Backsteingebäudes blicken konnte. Der Begründer des Instituts, ein armenischer Reedereimagnat,
hatte das Haus, Jahre vor ihrer Zeit, liebevoll restaurieren lassen. Den Mittelpunkt des Gartens bildete eine riesige Trauerweide,
deren elegant herabhängende Zweige eine Bank beschirmten. Im Augenblick tummelten sich dort allerdings Tauben und Spatzen.
Tess wandte sich wieder ihrem Schreibtisch zu und suchte die Telefonnummern heraus, die Clive Edmondson ihr gegeben hatte.
Unter der ersten Nummer erreichte sie nur Jeb Simmons’ Anrufbeantworter. Sie legte auf und versuchte die andere Nummer. Simmons’
Sekretärin an der historischen Fakultät der Brown University teilte ihr mit, er sei für drei Monate bei Ausgrabungen in der
Negev-Wüste, könne aber in wichtigen Ausnahmefällen erreicht werden. Tess antwortete, sie würde sich wieder melden, und legte
auf.
Tess dachte an ihr Gespräch mit Edmondson zurück und beschloss, etwas anderes zu versuchen. Sie suchte eine Nummer aus der
Online-Ausgabe der Gelben Seiten heraus, klickte auf das Symbol für «Wählen» und landete in der Telefonzentrale der Columbia
University.
«Professor William Vance, bitte», sagte sie zu der piepsigen Stimme, die sich meldete.
«Augenblick bitte.» Nach einer kurzen Pause erklärte die Frau: «Tut mir Leid, jemanden dieses Namens finde ich nicht auf meiner
Liste.»
Damit hatte Tess schon gerechnet. «Könnten Sie mich dann mit der historischen Fakultät verbinden?» Es klickteund summte kurz, dann meldete sich
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