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Scriptum

Scriptum

Titel: Scriptum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond Khoury
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kam auf sie zu, eine große Plastikflasche mit Wasser in der Hand.
    «Es tut mir wirklich Leid, Tess», sagte er. «Aber ich hatte keine andere Wahl.»
    Er nahm ein Glas vom Tisch, goss Wasser ein und reichte es ihr. Dann durchsuchte er seine Taschen, bis er einen Blisterstreifen
     mit Tabletten fand. «Hier. Das sind starke Schmerztabletten. Nehmen Sie eine davon und trinken Sie so viel Wasser, wie Sie
     können. Das hilft gegen die Kopfschmerzen.»
    Sie warf einen Blick auf den Folienaufdruck und erkannte die Marke. Der Streifen sah unbenutzt aus.
    «Es ist bloß Voltarol. Nur zu, nehmen Sie eine. Dann werden Sie sich besser fühlen.»
    Nach kurzem Zögern drückte sie eine Tablette aus der Folie und spülte sie mit einem Schluck Wasser hinunter. Als Vance das
     Glas nachfüllte, trank Tess es sofort wieder leer. Noch immer ganz benommen von dem, was ihr widerfahren war, starrte sie
     ihn an. Es fiel ihr schwer, ihre Augen an das trübe Kerzenlicht zu gewöhnen. «Wo sind wir hier? Was ist das für ein Raum?»
    Sein Gesicht nahm einen betrübten, geradezu hilflosen Ausdruck an. «Man könnte wohl sagen, es ist mein Zuhause.»
    «Sie wohnen hier?»
    Er antwortete nicht.
    «Was wollen Sie von mir?»
    Vance musterte sie eingehend. «Sie haben nach mir gesucht.»
    «Ich habe nach Ihnen gesucht, weil ich Sie in einer schwierigen Angelegenheit um Hilfe bitten wollte», fauchte sie erbost.
     «Ich habe nicht damit gerechnet, dass Sie auf mich schießen und mich entführen würden.»
    «Beruhigen Sie sich doch, Tess. Von Entführung kann gar keine Rede sein.»
    «Ach nein? Dann kann ich jetzt wohl gehen.»
    Vance wich ihrem Blick aus. Nach kurzem Schweigen erwiderte er nachdenklich: «Vielleicht möchten Sie gar nicht gehen, wenn
     Sie erst einmal meine Seite der Geschichte gehört haben.»
    «Ich kann es gar nicht erwarten, hier rauszukommen, darauf können Sie Gift nehmen.»
    «Nun   … mag sein, dass Sie Recht haben.» Er wirkte nun unsicher, sogar beschämt. «Vielleicht ist das Ganze doch nicht so einfach.»
    Tess spürte, wie Vorsicht an die Stelle ihrer Wut trat. Was tust du da?, dachte sie. Hör auf, ihn zu provozieren. Siehst du
     nicht, dass er nicht normal ist? Er ist labil. Er ist fähig, einen Menschen zu köpfen. Bleib ganz ruhig. Sie wusste nicht,
     wohin sie schauen oder was sie sagen sollte. Als ihr Blick auf die Chiffriermaschine fiel, bemerkte sie in der Wand hinter
     dem Tisch eine Öffnung, klein, rechteckig und mit Brettern verschlossen. Hoffnung glomm in ihr auf, erstarb jedoch ebenso
     rasch wieder. Vance hatte bestimmt keinen Fluchtweg unversperrt gelassen. Er mochte nicht mehr ganz richtig im Kopf sein,
     aber dumm war er nicht.
    Wieder zog die Chiffriermaschine ihren Blick an. Um dieses Gerät drehte sich alles. Tess hatte das Gefühl, mehr darüber erfahren
     zu müssen. Also fragte sie mit erzwungener Ruhe: «Das da stammt von den Templern, nicht wahr?»
    «Ja   … Man stelle sich vor, ich war mehrmals in der Bibliothek des Vatikans, und die ganze Zeit über stand diese Maschine dort
     in irgendeinem Keller und setzte Staub an. Ich glaube nicht, dass denen überhaupt klar war, welchen Schatz sie da hüteten.»
    «Und nach all den Jahren funktioniert sie noch?»
    «Ich musste sie nur ein wenig reinigen und ölen. Ja, sie funktioniert noch. Tadellos. Die Templer waren akribische Handwerker.»
    Tess betrachtete das Gerät eingehender. Ihr fiel auf, dass daneben auf dem Tisch zahlreiche Papiere lagen, alte Dokumente,
     Seiten eines Manuskripts. Vance, der sie beobachtete, schien ihre Verwirrung beinahe zu genießen.
    «Warum tun Sie das?», fragte sie schließlich. «Wozu brauchen Sie diese Maschine so dringend?»
    «Alles begann in Frankreich, vor etlichen Jahren.» Er warf einen wehmütigen Blick auf die Papiere, und seine Gedanken schweiften
     in die Vergangenheit. «Um genau zu sein, kurz nach Marthas und Annies Tod», fügte er düster hinzu. «Ich hatte meinen Lehrstuhl
     verlassen. Ich war   … aufgebracht, verwirrt. Ich musste raus, weg von allem. So verschlug es mich nach Südfrankreich, ins Languedoc. Ich war schon
     früher dort gewesen, mit Martha auf Wandertouren. Es ist eine herrliche Gegend. Man kann sich leicht vorstellen, wie es damals
     dort gewesen sein muss. Die Region besitzt eine reichhaltige Geschichte, die allerdings zu einem großen Teil ziemlich blutig
     ist   … Jedenfalls stolperte ichwährend meines Aufenthaltes dort über eine Überlieferung, die mich nicht

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