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Scriptum

Scriptum

Titel: Scriptum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond Khoury
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Zustand sich ihre Tochter befand, sprang sie entgeistert auf. «O mein Gott, Tess, was ist denn
     mit dir passiert?»
    «Geht es Ihnen gut?» Vance stand ebenfalls auf. Er klang ehrlich überrascht.
    Er besitzt den Nerv, mich das zu fragen. Tess funkelte ihn an. Es fiel ihr schwer, sich ihren Zorn, der in diesem Moment mächtiger
     war als jede Furcht, nicht anmerken zu lassen.
    «Alles in Ordnung.» Sie brachte ein Lächeln zustande. «Auf der Straße vor dem Institut war ein Gully verstopft, und ausgerechnet
     als ich da stand, fuhr ein Lastwagen mitten durch die Überschwemmung und – ach, ich will gar nicht davon reden.»
    Eileen fasste ihre Tochter am Arm. «Du musst dich umziehen, Liebes, sonst erkältest du dich noch.» An Vance gewandt, setzte
     sie hinzu: «Sie entschuldigen uns doch kurz, nicht wahr, Bill?»
    Tess starrte Vance an. Wie er da stand, strahlte er nichts als Wärme und Fürsorge aus.
    «Ich fürchte, ich sollte mich wirklich besser auf den Weg machen.» Seine Augen bohrten sich in ihre. «Wenn Sie mir die Dokumente
     vielleicht doch lieber gleich geben möchten,ich lasse Sie dann sofort allein. Ein Gast im Haus ist im Augenblick sicherlich das Letzte, was Sie sich wünschen.»
    Tess schwieg. Eine unbehagliche Stimmung lag im Raum. Eileen blickte erst Vance, dann Tess an – offensichtlich spürte sie
     etwas. Tess beeilte sich, die peinliche Situation zu überspielen, indem sie sich lächelnd an Vance wandte.
    «Natürlich. Ich habe sie hier bei mir.» Sie zog die Manuskripte aus ihrer Tasche und reichte sie ihm. Er griff danach, und
     einen Augenblick lang hielten sie beide den Stapel fest.
    «Danke. Ich werde mich damit beschäftigen, sobald ich Zeit finde.»
    Tess ließ die Papiere los und entgegnete mit einem verkrampften Lächeln: «Das wäre großartig.»
    Vance wandte sich an Eileen, umfasste ihre Hand mit seinen beiden und versicherte herzlich: «Es war mir wirklich ein großes
     Vergnügen.»
    Eileen errötete und strahlte über das Kompliment. Tess atmete stumm auf. Es blieb Eileen also tatsächlich erspart, zu erfahren,
     wer Vance in Wirklichkeit war. Wenigstens vorerst. Als sie ihre Aufmerksamkeit wieder auf Vance richtete, musterte er sie
     mit einem Blick, den sie nicht zu deuten vermochte.
    «Nun wird es aber wirklich Zeit für mich.» Er nickte Tess zu. «Nochmals vielen Dank.»
    «Nichts zu danken.»
    Im Hauseingang blieb er noch einmal stehen und drehte sich zu ihr um.
    «Bis bald.» Damit ging er hinaus.
    Tess lief zur Tür und sah zu, wie er in sein Auto stieg und davonfuhr. Eileen trat neben sie.
    «Was für ein netter Mann. Warum hast du nie erwähnt, dass du ihn kennst? Er erwähnte, dass er mit Oliver zusammengearbeitet
     hat.»
    «Komm schon, Mum», versetzte Tess leise, während sie die Tür schloss. Ihre Hände zitterten noch immer.

KAPITEL 41
    Tess betrachtete sich in dem hohen Badezimmerspiegel. Sie war noch nie so schmutzig, durchnässt oder bleich gewesen. Obwohl
     ihre Beine noch immer vor Anspannung zitterten, widerstand sie dem Drang, sich zu setzen. Nach allem, was sie durchgemacht
     hatte, war ihr klar: Wenn sie sich jetzt hinsetzte, würde sie für einige Zeit nicht wieder auf die Beine kommen. Doch der
     Tag war noch nicht zu Ende. Reilly war unterwegs. Er hatte angerufen, kurz nachdem Vance gegangen war, und kam jetzt auf dem
     schnellsten Weg zu ihr. Am Telefon hatte er zwar einigermaßen ruhig geklungen, aber sie konnte sich trotzdem denken, dass
     er rasend wütend auf sie war. Sie würde ihm einiges erklären müssen.
    Wieder einmal.
    Nur dass es diesmal wohl etwas schwieriger würde. Sie musste Reilly begreiflich machen, warum sie sich nicht an ihn um Hilfe
     gewandt hatte – warum sie ihm nicht genügend vertraute.
    Tess starrte die Fremde im Spiegel an. Die selbstbewusste, lebhafte Blonde war verschwunden; zurückgeblieben war ein geistiges
     und körperliches Wrack, von Selbstzweifeln gequält. Sie ließ die Ereignisse des Tages noch einmal Revue passieren, stellte
     jede ihrer Handlungen in Frage und hättesich selbst dafür ohrfeigen mögen, dass sie ihre Mutter und ihre Tochter derart in Gefahr gebracht hatte.
    Das ist kein Spiel, Tess. Du musst die Finger davon lassen. Du musst ab sofort die Finger davon lassen.
    Während sie sich auszog, kamen ihr die Tränen. Die ganze Zeit über hatte sie sich zusammengerissen. Sie hatte sich die Tränen
     verbissen, als sie zu Kim ging und sie umarmte, nachdem Vance gegangen war. Sie hatte die nervösen

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