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Scudders Spiel

Scudders Spiel

Titel: Scudders Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D.G. Compton
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seither nicht gesehen. Aber er war genauso schlimm – was hatte er ihr bei diesen Gelegenheiten von seinem wahren Selbst geboten? Ausgenutzte Mutter, herzloser Sohn, so hatten sie ihre beiderseitigen Vorstellungen vor Jahren inszeniert, und dabei war es dann geblieben … Neben der Munterkeit glaubte er jetzt sogar eine Fähigkeit zur Selbstparodie auszumachen.
    Das gefiel ihm an ihr. Vorwärtsstrebend mochte sie nicht sein, aber von irgendwo war ihr mit dem Nahen des Alters ein Sinn für Humor zugeflogen. Aber nicht, das hoffte er, dank dem Kopfdoktor Besserman.
    Trotzdem, er hätte sich gern vergewissert. Er ging um das Ende des Sofas und setzte sich zu ihr. »Hoffentlich durchwühlt er deinen Kopf nicht mit Laserstrahlen.«
    »Wir sprachen einmal darüber. Er traut den Gehirnkarten nicht; sagt, die Lasertechniker verließen sich noch immer auf bloße Vermutungen.«
    Pete stimmte dem zu. Er hatte schreckliche Geschichten gehört.
    »Pillen, dann? Stimmungsmacher?«
    »Das Dumme war, wir konnten uns nicht auf die Stimmung einigen, die wir wollten.«
    Pete lachte. »Was macht er dann?«
    »Er hört zu. Sagt, es sei das Neueste.« Sie warf ihm einen schnellen Seitenblick zu. »Soweit ich mich erinnere, war es schon in den achtziger Jahren das Neueste. Aber das sage ich ihm nicht. Es wäre unhöflich … Wie dem auch sei, es schadete damals nicht, also wird es auch jetzt nicht schaden.«
    »Aber wenn er immer wiederkommt, muß er glauben, daß etwas los ist. Hat er dir gesagt, was?«
    »Alles mögliche. Alles und nichts. Was mich angeht, ich glaube, er kommt wegen der Abwechslung. Aber der Mann macht mir Spaß – also, warum sich beklagen?«
    Es hörte sich harmlos an. »Solange es dir nichts ausmacht, ihm einen bezahlten Tag auf dem Land zu bieten.«
    »Er macht es billig, Junge. Hatte mal einen Prediger zu Besuch, ganz umsonst, aber der war geschwätzig. Wollte nicht zuhören. Ich mag Leute, die zuhören.«
    Pete nickte gedankenvoll in den Fernseher. Huppeltagsfeiern im Londoner Hyde Park. Er war überrascht, daß seine Mutter so bereitwillig einem Kopfdoktor den Vorzug vor einem Geistlichen gab. Er hätte erwartet, daß sie sich andersherum entscheiden würde – traurige alte Leute wendeten sich Gott zu, nicht wahr? Aber vielleicht war seine Mutter gar nicht so traurig gewesen, schon vor dem Kopfdoktor nicht.
    »Wie bist du an diesen Dr. Besserman gekommen?«
    »Durch die gelben Seiten, wo sonst? Man läßt die Finger Spazierengehen.«
    Das leuchtete ein. »Was brachte dich auf den Gedanken, du könntest einen Kopfdoktor brauchen?«
    »Es ist komisch, wie diese Dinge sich entwickeln. Er war überhaupt nicht für mich, verstehst du.«
    »Für Scudder?«
    Seine Mutter nickte. »Vielleicht auch für mich, ein bißchen. Weil ich es war, die mit ihm leben mußte.«
    Scudder und Dr. Besserman. Pete versuchte es sich vorzustellen. »Du dachtest also, Scudder sei verrückt?«
    »Denkt das nicht jeder?«
    Nein. Nein, wirklich nicht … Aber er scheute eine Meinungsverschiedenheit; sie wäre zu enthüllend gewesen. »Was war der Anlaß?« fragte er statt dessen.
    Maudie lächelte und bewegte den Kopf ruckartig zur Seite und zurück. »Bring ihn dazu, daß er selbst es dir erzählt!« sagte sie.
    Pete wandte den Kopf und sah seinen Vater mit verschränkten Armen hinter ihnen in der Türöffnung stehen. Fünfunddreißig Jahre Ehe hatten Maudie irgendwie sensibilisiert, so daß sie seine Ankunft gespürt hatte.
    »Ist das nicht nett?« sagte Scudder boshaft. »Der Junge und seine Mutter einträchtig vor dem Fernseher. Wie in den Werbespots.«
    Er kam herein. »Was soll ich dir sagen, Pete? Was muß ich dir sagen?«
    Pete war verwirrt.
    Nicht so seine Mutter. »Erzähl ihm«, sagte sie ruhig, »wie es war, als du Dr. Bessermans Bekanntschaft machtest!«
    Scudder lachte mitteilsam. »Dieser blöde Besserman. Ich hab’s ihm gezeigt.«
    Er trat zum Fernseher und schaltete ihn aus. »Der Kerl ist ein offenes Buch, sag ich dir. Nahm ihm auf Anhieb hundert Dollar ab.«
    Maudie runzelte die Stirn. »Wo sind deine Manieren? Es hätte sein können, daß wir fernsehen wollten.«
    »Und gleichzeitig schnattern? Könnte gut sein.«
    Er lachte wieder und lehnte sich gegen den dunklen Bildschirm. »Pete ist vierunddreißig, Maudie«, sagte er plötzlich. »Wußtest du das?«
    »Es kommt hin. Nullfünf geboren, nicht?«
    »Keine Ahnung. Bin nur sein Vater, nehme ich an.«
    Eine lange Pause folgte. Pete schlug die Beine übereinander und

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