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SdG 04 - Die eisige Zeit

SdG 04 - Die eisige Zeit

Titel: SdG 04 - Die eisige Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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Grantl mit grollender Stimme. Er war verärgert. »Wenn du irgendwelche Fragen hast, frag ihn und lass mich in Ruhe.«
    »Das werde ich auch tun, verdammt noch mal.«
    »Ich glaube nicht, dass dir das was bringen wird«, warf Harllo ein, was vielleicht nicht besonders klug war. »Selbst wenn du mit den Augen zwinkerst und deine rosigen Lippen – «
    »Die werden das Letzte sein, was du siehst, wenn ich dir mein Messer durch diesen Blechklumpen in deiner Brust stoße. Oh, und ich werde dir außerdem noch eine Kusshand zuwerfen.«
    Harllo zog die buschigen Augenbrauen in die Höhe. »Blechklumpen! Stonny, meine Liebe – habe ich das richtig verstanden?«
    »Ach, halt den Mund. Ich bin jetzt nicht in der richtigen Stimmung.«
    »Aber du bist nie in der richtigen Stimmung, Stonny!« Ihre Antwort bestand aus einem geringschätzigen Lächeln. »Mach dir nicht die Mühe, es auszusprechen, meine Liebe«, seufzte Grantl.
     
    Die Hütte lehnte wie betrunken an der Innenseite der Stadtmauer von Fahl, eine wirre Mischung aus Holzbrettern, aufgespannten Fellen und Weidengeflecht. Der Hof war eine Schwelle aus weißem Staub, den Resten von Flaschenkürbissen, Steingutscherben und Holzspänen. Bruchstücke von lackierten, hölzernen Karten hingen an Bindfäden über der schmalen Tür, drehten sich langsam in der feuchten Hitze.
    Der Schnelle Ben blieb stehen und warf noch einmal prüfende Blicke in alle Richtungen, ehe er das schmutzige Gässchen verließ und in den Hof trat. Aus dem Innern der Hütte war Geschnatter zu hören. Der Magier verdrehte die Augen und streckte die Hand nach der Lederschlaufe aus, die an die Tür genagelt worden war, wobei er unhörbar vor sich hin murmelte.
    »Nicht stoßen!«, kreischte hinter der Tür eine Stimme los. »Zieh, du Wüstenschlange!«
    Schulterzuckend zog der Schnelle Ben die Tür in seine Richtung.
    »Nur Narren stoßen!«, zischte die alte Frau, die direkt hinter der Tür im Schneidersitz auf einer Schilfmatte hockte. »Sie scheuert an meinem Knie! Wenn Narren mich besuchen kommen, plagen mich anschließend blaue Flecken und Schlimmeres. Ah, habe ich da nicht die Raraku gerochen?«
    Der Magier schaute sich im Innern der Hütte um. »Beim Atem des Vermummten! Da drin ist ja nur Platz für dich allein!« Schemenhaft erkennbare Gegenstände waren an den Wänden aufgestapelt, baumelten von der Decke. Alle Ecken wurden von Schatten verschluckt, und in der Luft hing noch immer die Kühle der gerade zu Ende gegangenen Nacht.
    »Nur ich allein!«, krähte die Frau. Ihr Gesicht bestand aus kaum mehr als Haut und Knochen, ihr Schädel war kahl und von Leberflecken übersät. »Sag mir, was du hast, vielköpfige Schlange, denn meine Gabe ist es, Flüche aufzuheben!« Sie zog eine hölzerne Karte aus den Falten ihres zerlumpten Gewands, hob sie mit zitternden Händen in die Höhe. »Schicke deine Worte in mein Gewirr, und sie werden daraufhin neu geformt werden, eingebrannt in – «
    »Es geht nicht um Flüche, alte Frau«, sagte der Schnelle Ben. Er kauerte sich hin, so dass seine Augen sich jetzt auf gleicher Höhe mit den ihren befanden. »Nur um Fragen.«
    Die Karte verschwand wieder irgendwo zwischen den Falten. Mit finsterem Gesicht sagte die Hexe: »Antworten kosten eine Menge. Antworten sind mehr wert als Flüche – aufzuheben. Antworten sind nicht leicht zu finden – «
    »Schon gut, schon gut, wie viel?«
    »Nenn mir die Farbe der Münzen, mit denen du für deine Fragen bezahlen willst, Zwölf-Seelen.«
    »Gold.«
    »Dann also Goldräte, einen für jede Frage – «
    »Vorausgesetzt, dass du mir eine Antwort gibst, die es wert ist.«
    »Einverstanden.«
    »Was ist mit Brands Schlaf?«
    »Was soll damit sein?«
    »Warum schläft sie?«
    Die alte Frau öffnete den Mund zu einem zahnlosen Gähnen.
    »Warum schläft die Göttin, Hexe? Weiß es irgendjemand? Weißt du es?«
    »Du bist ein ziemlich kluger Halunke – «
    »Alles, was ich gelesen habe, waren nur Mutmaßungen. Niemand weiß etwas. Die Gelehrten kennen die Antwort nicht, aber die älteste Tennes-Hexe der Welt könnte sie vielleicht kennen. Also, sag mir, warum schläft Brand?«
    »Um einige Antworten muss man herumtanzen. Stell mir eine andere Frage, Kind der Raraku.«
    Seufzend senkte der Schnelle Ben den Kopf, musterte einen Augenblick lang den Erdboden zu seinen Füßen. »Man erzählt sich«, sagte er dann, »dass die Erde bebt und geschmolzenes Felsgestein wie Blut herausströmt, wenn Brand sich bewegt und kurz davor

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