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SdG 05 - Der Tag des Sehers

SdG 05 - Der Tag des Sehers

Titel: SdG 05 - Der Tag des Sehers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steve Erikson
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seinen langen, strähnigen Haaren geklaubt und sie in den Mund gesteckt.
    Coll, den die Erinnerung ein wenig aus der Fassung brachte, seufzte und ging vorsichtig auf die beiden Pferde zu.
    Die beiden Füchse hätten Zwillinge sein können; sie hatten beide lange, ungestutzte Mähnen und dicke Schweife voller Kletten und Grassamen. Die Sättel waren malazanisch – zweifellos alte Kriegsbeute –, die dicken Decken darunter stammten von den Rhivi. Die Tiere beäugten ihn.
    Eines drehte dem Daru beiläufig die Hinterhand zu. Coll blieb stehen und murmelte einen leisen Fluch.
    »Süßwurzel«, sagte Murillio, der neben dem Wagen stand. »Du musst sie bestechen. Hier, wir haben ein paar bei unseren Vorräten.«
    »Ich soll ihre schlechten Manieren also auch noch belohnen? Nein.« Coll umkreiste die Tiere in einiger Entfernung. Die Pferde waren an einem Zeltpfosten angebunden, was es ihnen ermöglichte, seinen Bewegungen zu folgen. Drei Schritte näher, und der Daru lief Gefahr, dass ihm ein Huf den Schädel eintrat. Er fluchte ein bisschen lauter. »Murillio, führ die Ochsen neben den Pfosten – benutz den Wagen, um ihre Bewegungsfreiheit einzuschränken. Und wenn das nicht funktioniert, such mir einen Hammer.«
    Grinsend kletterte Murillio auf den Kutschbock und nahm die Zügel. Fünfzehn Herzschläge später brachte er die Zugtiere ein kurzes Stück hinter dem Pfosten zum Halten, so dass der Wagen die Pferde wirksam blockierte und sie daran hinderte, weiter zu kreisen.
    Coll eilte heran, bis der Wagen zwischen ihm und den Tieren war.
    »Dann wirst du also gebissen statt getreten«, meinte Murillio, während er zusah, wie sein Freund auf den Wagen kletterte, über die bewusstlos daliegende Mhybe hinwegtrat und eine Armlänge von den Pferden entfernt stehen blieb.
    Sie hatten ihre Haltestricke so straff gespannt, wie es nur ging, waren so weit zurückgewichen, wie sie konnten, und zerrten an dem Zeltpfosten. Doch das war ein Keil, wie die Rhivi ihn benutzten, so gearbeitet, dass er auch dem stärksten Präriewind Paroli bieten konnte. Tief in die trockene Erde getrieben, rührte er sich nicht von der Stelle.
    Coll ließ eine seiner in Lederhandschuhen steckenden Hände vorzucken, packte einen der Haltestricke. Er zerrte scharf nach unten, als er vom Wagen sprang.
    Das Tier kam schnaubend auf ihn zugestolpert; sein Gefährte schlitterte erschrocken zurück.
    Der Daru nahm die Zügel vom Sattelhorn, wobei er weiterhin den Haltestrick mit der anderen Hand umklammerte und den Kopf des Pferdes tief hielt, und trat zur Schulter des Tieres. Er pflanzte einen Stiefel in den Steigbügel und schwang sich in einer einzigen Bewegung in den Sattel.
    Das Pferd versuchte, sich unter dem Gewicht wegzuducken, schwenkte seitwärts, so dass es gegen seinen Kameraden prallte – mit Colls Bein zwischen den beiden Tieren.
    Er ächzte, hielt aber die Zügel fest.
    »Das gibt einen netten blauen Fleck«, bemerkte Murillio.
    »Erzähl ruhig weiter so freundliche Sachen«, sagte Coll mit zusammengebissenen Zähnen. »Jetzt komm her und mach den Haltestrick los. Aber denk dran, vorsichtig. Da oben über unseren Köpfen kreist ein einsamer Geier, der sieht ziemlich erwartungsvoll aus.«
    Sein Kamerad warf einen Blick zum Himmel hinauf, blickte genauer hin und stieß dann zischend die Luft aus. »In Ordnung, ich bin einen Augenblick lang darauf reingefallen – hör schon mit dem schadenfrohen Grinsen auf.« Er kletterte über die Rückseite des Kutschbocks.
    Coll sah zu, wie er leichtfüßig zu Boden sprang und sich vorsichtig dem Zeltpflock näherte.
    »Wenn ich so recht darüber nachdenke, hättest du mir vielleicht doch einen Hammer besorgen sollen.«
    »Dazu ist es nun zu spät, mein Freund«, sagte Murillio und löste den Knoten.
    Das Pferd ging ein halbes Dutzend Schritte rückwärts, stemmte dann die Hinterhand fest in den Boden und bäumte sich auf.
    In Murillios Augen war Colls Salto rückwärts von beinahe poetischer Anmut und wurde auch noch kunstvoll abgeschlossen, da der große Daru genau auf den Füßen landete – nur um sich augenblicklich nach hinten zu werfen, um einem zweihufigen Tritt des Pferdes zu entgehen, der ihm glatt die Brust zerschmettert hätte, wenn er denn getroffen hätte. Er landete vier Schritt entfernt mit einem dumpfen Geräusch auf dem Boden.
    Das Pferd rannte davon und bockte dabei immer wieder ausgelassen.
    Coll lag einen Augenblick reglos da und blinzelte zum Himmel hinauf.
    »Alles in Ordnung?«, fragte

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