SdG 05 - Der Tag des Sehers
zwischen Nacken und Schulter fühlte sich über dem unvollständig geheilten Gewebe gespannt und heiß an. Ein paar Riemen waren angebracht worden, die seinen Arm im Winkel halten würden, wenn er den Schild trug.
»Graue Schwerter«, wandte der Schild-Amboss sich an die Männer und Frauen vor ihm. »Wir haben Arbeit vor uns. Unser Hauptmann und seine Sergeanten haben euch in Trupps eingeteilt. Wir marschieren zum Palast des Fürsten. Der Weg ist nicht sehr weit. Es scheint, als ob der Feind sich hauptsächlich um den Knecht herum sammelt. Sollten wir trotzdem auf umherstreifende Banden treffen, werden sie wahrscheinlich nur klein sein und aus Tenescowri bestehen – das heißt, sie werden schlecht bewaffnet und ungeübt sein. Marschiert also in Kampfbereitschaft.« Itkovian blickte seinen einzigen Hauptmann an, eine Frau namens Norul, die noch vor wenigen Tagen Hauptsergeant und für die Ausbildung der capanischen Rekruten verantwortlich gewesen war. »Hauptmann, stellt die Trupps in Marschformation auf.«
Die Angesprochene nickte.
Itkovian schritt zu seinem Pferd. Ein behelfsmäßiges Gestell war zusammengezimmert worden, um es ihm leichter zu machen, in den Sattel zu steigen. Der Schild-Amboss blickte zu der Botin hinab, die ihm die Zügel reichte. »Hauptmann Norul wird mit den Soldaten marschieren«, sagte er. »Das Pferd des Todbringenden Schwerts sollte geritten werden. Es gehört Euch, Soldatin. Es wird Eure Fähigkeiten daran erkennen, wie Ihr im Sattel sitzt, und entsprechend reagieren, um Eure Sicherheit zu gewährleisten. Es wird Euch nichts nützen, sich ihm in dieser Hinsicht zu widersetzen.«
Die junge Frau blinzelte und nickte dann langsam.
»Dann steigt auf, Soldatin, und reitet an meiner Seite.«
Die Rampe, die zu dem engen, von einem Bogen überwölbten Torweg von Jelarkans Palast führte, war nicht besetzt und auch frei von Leichen oder Trümmern. Die Tore selbst waren zerschmettert worden. Schwaches Fackellicht schimmerte aus dem Vorzimmer direkt dahinter. Nicht ein einziger Soldat stand auf den Wällen oder Brustwehren. Von dem trommelnden Regen abgesehen, wurden Itkovian und seine Grauen Schwerter von nichts anderem als Stille begrüßt.
Voraustrupps hatten bis zur Schwelle des Tores alles ausgekundschaftet und bestätigt, dass der Feind nirgends zu sehen war. Außerdem gab es anscheinend auch keine überlebenden Verteidiger. Oder Leichen.
Rauch und zischelnder Nebel hing überall zwischen den Gebäuden, Regenschleier verbargen den Nachthimmel über ihren Köpfen. Alle Kampfgeräusche aus den anderen Teilen der Stadt waren verstummt.
Brukhalian hatte um sechs Wochen gebeten. Itkovian hatte ihm weniger als drei Tage gegeben. Diese Tatsache nagte an ihm, als trüge er noch immer eine abgebrochene Klinge oder eine Pfeilspitze in seinem Körper, die die Feldschere übersehen hatten – tief in seinem Bauch vergraben, ein ständiger Schmerz in seinem Herzen.
Aber ich bin noch nicht am Ende.
Er hielt sich an diese Worte. Den Rücken gerade, die Zähne zusammengebissen. Eine Geste seiner gepanzerten Hand schickte die ersten Kundschafter durch den Torweg. Sie blieben einige Zeit verschwunden, dann kehrte ein einzelner Läufer zurück, kam die Rampe heruntergetrottet, trat zu Itkovian.
»Herr«, erstattete die junge Frau Bericht, »im Innern des Palasts sind Tenescowri. Wir glauben im Großen Saal. Es hört sich an, als ob sie ein Fest feiern.«
»Und? Werden die Zugänge bewacht?«, fragte der Schild-Amboss.
»Die drei, die wir gefunden haben, nicht, Herr.«
Es gab vier Eingänge zu Jelarkans Großem Saal. Eine Doppeltür gegenüber dem Tor auf der anderen Seite des Vorzimmers, zwei Seitentüren im Saal selbst, die zu Gästezimmern und den Räumen für die Wachen führten, und ein schmaler, hinter einem Vorhang verborgener Durchgang direkt hinter dem Thron des Fürsten. »Sehr gut. Hauptmann, bringt jeweils einen Trupp an den beiden Seiteneingängen in Stellung. Leise. Sechs Trupps bleiben hier am Tor. Die übrigen fünf begleiten mich.«
Der Schild-Amboss stieg vorsichtig ab, verlagerte sein Gewicht zum größten Teil auf sein gesundes Bein. Dennoch zuckte er bei dem stechenden Schmerz zusammen, der sein Rückgrat hinaufschoss. Die Botin war immer in der Nähe geblieben und trat jetzt an seine Seite. Während er sich bemühte, langsamer zu atmen, blickte er sie an. »Gebt mir meinen Schild«, knirschte er.
Ein anderer Soldat half ihr, den Bronzeschild an Itkovians Arm
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