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SdG 05 - Der Tag des Sehers

SdG 05 - Der Tag des Sehers

Titel: SdG 05 - Der Tag des Sehers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steve Erikson
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wie überall. Haufen von Toten. Wie Brukhalian versprochen hatte, war kein einziger Pflasterstein freiwillig preisgegeben worden. Diese kleine Stadt hatte alles getan, was sie konnte. Der Sieg der Pannionier mochte unvermeidlich gewesen sein, aber dennoch gab es bestimmte Schwellen, die einen unerbittlichen Impuls in einen Fluch verwandelten.
    Und jetzt hatten die Weißgesicht-Clans der Barghast ihrerseits ihre Unaufhaltsamkeit verkündet. Was die Pannionier getan hatten, war nunmehr ihnen angetan worden. Wir werden alle in eine Welt des Wahnsinns gestoßen, doch es fällt jetzt jedem Einzelnen von uns zu, von diesem Abgrund zurückzutreten und sich aus der Abwärtsspirale zu lösen. Aus Entsetzen muss Kummer werden, und aus Kummer Mitleid.
    Als die Kompanie eine verstopfte Straße am Rande des Daru-Viertels betrat, tauchten knapp zwanzig Barghast in der Mündung einer Seitengasse ein Stück vor ihnen auf. Blutige Hakenschwerter in den Händen, die weiß bemalten Gesichter rot bespritzt. Der Vorderste grinste den Schild-Amboss an.
    »Verteidiger!«, bellte er auf Capanisch mit rauem Akzent. »Wie gefällt euch das Geschenk der Befreiung?«
    Itkovian ging nicht auf die Frage ein. »Ein paar Eurer Verwandten befinden sich noch im Knecht, mein Herr. Und in eben diesem Augenblick sehe ich, dass der Schutzzauber verblasst.«
    »Ja, wir werden die Gebeine unserer Götter sehen«, sagte der Krieger und nickte. Er ließ den Blick seiner kleinen, dunklen Augen über die Grauen Schwerter schweifen. »Du führst einen Stamm von Frauen an.«
    »Capanische Frauen«, sagte Itkovian. »Der unverwüstlichste Reichtum dieser Stadt, auch wenn es an uns war, das zu entdecken. Sie sind jetzt Graue Schwerter, mein Herr, und dadurch sind wir gestärkt.«
    »Wir haben überall eure Brüder und Schwestern gesehen«, grollte der Barghast. »Wären sie unsere Feinde, dann wären wir froh, dass sie tot sind.«
    »Und wenn sie Eure Verbündeten wären?«, fragte der Schild-Amboss.
    Die Barghast-Krieger berührten alle gleichzeitig mit dem Rücken der Schwerthand kurz und kaum wahrnehmbar die Stirn, dann fuhr der Sprecher fort: »Der Verlust erfüllt die Schatten, die wir werfen. Hör zu, Soldat – der Feind, den ihr uns gelassen habt, war … brüchig.«
    Itkovian zuckte die Schultern. »Der Glaube der Pannionier kennt keine Anbetung, nur Notwendigkeit. Ihre Stärke ist hohl, mein Herr. Werdet Ihr uns zum Knecht begleiten?«
    »An eurer Seite, Soldaten. In eurem Schatten liegt Ehre.«
    Die meisten Gebäude im Daru-Viertel hatten gebrannt, waren hier und dort zusammengebrochen und hatten die Straßen mit geschwärzten Trümmern gefüllt. Als die Grauen Schwerter und die Barghast sich durch die am wenigsten von Trümmern versperrten Straßen wanden, wurden Itkovians Blicke von einem Gebäude zu ihrer Rechten angezogen, das immer noch stand. Eine Mietskaserne, deren Wände merkwürdig ausgebeult waren. Rings herum waren Feuer gelegt worden, die die Steine geschwärzt hatten, doch aus irgendwelchen Gründen war der Angriff der Flammen erfolglos gewesen. Sämtliche bogenförmigen Fenster, die Itkovian sehen konnte, sahen aus, als wären sie verbarrikadiert worden.
    »Euresgleichen stopfen ihre Gräber ziemlich voll«, meinte der Barghast neben ihm mit grollender Stimme
    Der Schild-Amboss warf ihm einen Blick zu. »Mein Herr?«
    Der Krieger deutete mit dem Kopf auf das in einen Rauchschleier gehüllte Gebäude. »Klar, das ist leichter, als außerhalb der Stadt eine Grube auszuheben und auszukleiden, und die Erde eimerweise wegzuschaffen. Es scheint, als ob ihr einen freien Blick von den Wällen wünscht. Aber wir leben nicht so inmitten unserer Toten, wie euer Volk das tut …«
    Itkovian drehte sich um, um noch einmal die Mietskaserne zu betrachten, die jetzt schon ein Stückchen hinter ihnen lag. Seine Augen wurden schmal. Die Barrikaden, die die Fenster blockieren – auch sie bestehen aus Fleisch und Knochen. Bei den Zwillingshauern, wer würde solch ein Totenhaus bauen? Das kann doch unmöglich das Ergebnis einer Verteidigungsschlacht sein?
    »Wir sind ganz nah herangegangen«, sagte der Krieger an seiner Seite. »Die Wände strahlen Wärme ab. Und aus den Rissen quillt eingedickte Flüssigkeit.« Er machte eine andere Geste, diesmal mit einem Schaudern, klopfte mit dem Heft seines Hakenschwerts gegen die aus Münzen bestehende Rüstung, die seinen Oberkörper bedeckte. »Bei den Knochen, Soldat, wir sind geflohen.«
    »Ist das Gebäude da

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