SdG 07 - Das Haus der Ketten
Beinen in der Dunkelheit, thronte an seinem üblichen Platz auf der am weitesten östlich gelegenen Kuppe, die Augen geschlossen, ein schwaches Lächeln auf dem runzligen Gesicht. Er hatte sein Gewirr in einem höchst subtilen Muster enthüllt, ein unsichtbares Netz, das sich über die ganze Oase erstreckte. Wie er nur zu gut wusste, würde es schon bald zerrissen werden, doch im Augenblick konnte er jeden Schritt, jedes Zittern spüren. Die Mächte strebten in der Tat einer Konvergenz zu, und das Versprechen von Blut und Zerstörung verbreitete sich flüsternd durch die Nacht.
Febryl war hoch zufrieden. Sha’ik war vollkommen isoliert. Korbolo Doms Heerschar aus Mördern strömte in eben diesem Augenblick aus ihren Verstecken, während Panik ihre Hand um die Kehle des Napanesen schloss. Kamist Reloe kehrte von seinem geheimen Aufenthaltsort in den Gewirren zurück. Und auf der anderen Seite der Senke grub sich die malazanische Armee ein, während die Mandata im Vorgefühl der morgendlichen Schlacht ihr Schwert wetzte. Es gab da nur ein einziges beunruhigendes Detail. Ein merkwürdiges Lied, leise nur, doch es wurde lauter. Die Stimme der Raraku selbst. Er fragte sich, was diese Stimme dieser schicksalhaften Nacht wohl bringen mochte. Der Vermummte war nah – oh, ja, der Gott höchstpersönlich –, und das machte es einfacher, andere … Präsenzen zu verschleiern. Doch der Sand bewegte sich unruhig; vielleicht war er von der Ankunft des Lords des Todes geweckt worden. Zweifellos waren diese Geister und Gespenster gekommen, um Zeugen des mannigfaltigen Sterbens zu werden, das für die folgenden Stunden versprochen war. Merkwürdig, doch er sorgte sich deswegen nicht übermäßig.
Es wird ein Gemetzel gehen. Eine weitere Apokalypse im ruhelosen Sand der Raraku. Alles ist, wie es sein sollte.
Allem äußeren Anschein nach war L’oric tot. Er war brutal an eine der Wände des Kommandozelts gezerrt und dort liegen gelassen worden. Das Messer war aus seinem Rücken gezogen worden, und jetzt lag er mit dem Gesicht zum rauen Zeltstoff, die Augen weit geöffnet und scheinbar blind da.
Hinter ihm sprach der Oberste Befehlshaber der Apokalypse.
»Lass sie alle von der Leine, Henaras – alle außer meinen Leibwächtern. Ich will, dass Bidithals niedliche kleine Spioninnen allesamt aufgespürt und getötet werden – und sucht Scillara. Das Miststück hat ihr letztes Spiel gespielt.
Du, Duryl, nimmst einen Begleiter mit und reitest zur Mandata. Übergebt ihr mein Sendschreiben – und vergewissert euch, dass niemand euch sieht. Mathoks Krieger sind draußen. Fayelle wird euch mit ihren magischen Fähigkeiten helfen. Und macht Tavore klar, dass sie ihre Meuchelmörder zurückziehen muss, wenn sie nicht will, dass sie der Göttin des Wirbelwinds die Arbeit abnehmen.«
»Oberster Befehlshaber«, meldete sich eine Stimme, »was ist mit Leoman von den Dreschflegeln?«
»Fayelle und die Vierte Kompanie werden beim nächsten Glockenschlag unauffällig aufbrechen. Leoman wird nicht in unsere Nähe – oder in die Nähe der Armee – kommen. Korporal Ethume, ich will, dass du dich bis in Schussweite an Febryl heranschleichst – der elende Bastard versteckt sich am üblichen Ort. Nun – habe ich etwas vergessen?«
»Meine Furcht wächst«, murmelte Henaras. »In der Heiligen Wüste … geschieht etwas. Und was noch schlimmer ist … ich spüre, wie schreckliche Mächte sich nähern – «
»Und genau aus diesem Grund brauchen wir die Mandata und ihr verdammtes Schwert. Sind wir sicher hier drinnen, Henaras?«
»Ich glaube schon – die Schutzzauber, die Kamist, Fayelle und ich um dieses Zelt gewoben haben, würden einen Gott aufhalten.«
»Diese Behauptung könnte sehr wohl auf die Probe gestellt werden«, knurrte Korbolo Dom.
Er fügte noch etwas hinzu, doch ein seltsames, gurgelndes Geräusch, das von der anderen Seite der Zeltwand an L’orics Ohr drang, übertönte die Stimme des Napanesen. Etwas Feuchtes spritzte von außen gegen das Zelt, dann ein Seufzen – das L’oric nur hören konnte, weil er so dicht daran war. Plötzlich fuhren Krallen knapp über dem Boden durch den Zeltstoff und zerschnitten das Gewebe in einzelne Streifen. Ein vieräugiges, unermesslich hässliches Gesicht spähte durch die Öffnung.
»Bruder, du siehst unpässlich aus.«
Äußerlichkeiten können täuschen, Graufrosch. Du zum Beispiel hast noch nie hübscher ausgesehen.
Der Dämon griff ins Zeltinnere und packte L’oric an
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