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SdG 07 - Das Haus der Ketten

SdG 07 - Das Haus der Ketten

Titel: SdG 07 - Das Haus der Ketten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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beiden Kriegern Haran Epal und Olar Shayn. Der Clanführer blickte Onrack an und sagte: »Bleibe dicht bei deinem Gefährten, wenn du willst, dass er überlebt. Halte dich daran, Onrack. Ganz egal, was du siehst.«
    »Das werde ich«, erwiderte Onrack. In vielen grundsätzlichen Dingen war es – wie der Krieger jetzt bemerkte – gar nicht notwendig, seine Seele mit denen seiner Verwandten zu verbinden … um zu wissen, was sie planten. Er ging zu Trull Sengar. »Folge mir«, wies er ihn an. »Wir müssen nun in den Kreis treten.«
    Der Tiste Edur machte ein finsteres Gesicht, nickte jedoch schließlich. »Dann nimm du die Kiste mit der Munition. Ich habe die Hände voll.«
    Trull hatte Lederriemen an der Kiste befestigt. Onrack nahm sie auf und führte seinen Gefährten in den Kreis.
    Die drei Liosan waren mittlerweile fertig damit, ihr Lager abzuschlagen, und sattelten jetzt ihre weißen Pferde.
    Auch jetzt noch flackerten entlang der Peripherie des Kreises immer wieder Feuer auf und erloschen wieder, doch keines von ihnen war groß genug, um bedrohlich zu sein. Aber Onrack konnte spüren, dass der Gott der Liosan näher kam. Oder zumindest die äußersten Schichten seiner Verkleidung. Er war vorsichtig, misstrauisch – nicht im Hinblick auf den Seneschall, natürlich –, aber damit das Vorhaben gelingen konnte, musste der verborgene Geist an den äußersten Rand dieser Sphäre kommen.
    Und wenn Jorrude sein eigenes Blut darbot, würde die Brücke der Macht zwischen ihm und seinem Gott vollkommen sein.
    Hufgetrappel kündete von der Ankunft der anderen drei Liosan, die das vierte Pferd am Zügel führten.
    Onrack zog von irgendwo unter verrotteten Fellen ein kleines Obsidianmesser mit einer sichelförmigen, nur an der Innenseite geschliffenen Klinge hervor und streckte es Trull entgegen. »Wenn ich es dir sage, schneide dich selbst, Trull Sengar. Ein paar Tropfen werden genügen.«
    Der Tiste Edur runzelte die Stirn. »Ich habe gedacht, du wolltest – «
    »Ich möchte im Augenblick des Übergangs nicht abgelenkt sein.«
    »Abgelenkt?«
    »Sag nichts. Gib auf dich Acht.«
    Trulls Stirnrunzeln vertiefte sich, als er sich hinkauerte, um die beiden Knaller wieder in die Kiste zu packen; danach verschloss er den Deckel wieder, schlang sich den Tragriemen um eine Schulter, richtete sich wieder auf und nahm das Steinmesser entgegen.
    Die Flammen wuchsen jetzt, bildeten gleich jenseits des in den Boden geritzten Kreises eine durchgehende Linie. Kurald Thyrllan – aber der Aufgestiegene, der diese Flammen erschuf, blieb unsichtbar. Onrack fragte sich, was er wohl für ein Wesen sein mochte. Wenn man diese Liosan als Maßstab nahm, nährte er sich von Reinheit – als ob so etwas überhaupt möglich wäre. Unnachgiebigkeit. Schlichtheit.
    Die Schlichtheit von Blut, eine Einzelheit, die von uralten Zeiten flüsterte, von urzeitlichen Ursprüngen. Dann also ein Geist, vor dem sich einst eine Hand voll Wilde verbeugt hatten. Es hatte viele solcher Wesen gegeben, einst, vor langer Zeit, und sie waren dadurch entstanden, dass einem Gegenstand auf primitive Weise Bedeutung zugeschrieben worden war – eine Bedeutung, die durch Symbole und Omen entstand, durch Kritzeleien auf Felswänden und in tiefen Höhlen.
    An solchen Wesen hatte wahrlich kein Mangel geherrscht … doch Stämme starben aus, gingen unter, wurden von mächtigeren Nachbarn geschluckt. Die geheime Sprache der Kritzeleien, die Höhlen mit ihren Wandmalereien, die beim Dröhnen der Trommeln lebendig wurden – jene höchst geheimnisvollen Kathedralen des Donners … alles dahin, alles vergessen. Und als jene Geheimnisse verblassten, verblassten auch die Geister selbst – normalerweise bis zur Vergessenheit.
    Dass einige noch immer existierten, fand Onrack nicht überraschend. Auch wenn sie sich dazu des Glaubens eines neuen Stammes bemächtigen mussten. Was für den Krieger neu war, was ihm die vertrocknete Kehle zuschnürte, war das Gefühl von … Mitleid.
    Die Liosan beten ihren Gott um der Reinheit willen an. Der Gott betet um einer … Sehnsucht nach etwas Vergangenem willen etwas an, das einst war und niemals zurückkehren wird.
    Blutvergießen war das tödlichste aller Spiele.
    Wie sich schon bald zeigen wird.
    Ein rauer Schrei des Seneschalls, und die Flammen wuchsen an allen Seiten zu Mauern, wüteten mit zügelloser Macht. Jorrude hatte seine linke Handfläche entblößt. Innerhalb des Kreises erhob sich ein wirbelnder Wind, der den Geruch von

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