SdG 07 - Das Haus der Ketten
Langbogen lehnte ganz in seiner Nähe an einem Felsen, dazu ein Köcher und ein Harnisch aus Lederstreifen, an dem eine Schwertscheide mit Schwert befestigt war. Das waren die ersten Waffen, die Karsa bisher bei den beiden gesehen hatte – denn der andere schien, abgesehen von einem breiten Jagdmesser an seinem Gürtel, vollkommen unbewaffnet zu sein.
Die gegenseitige Musterung dauerte noch eine Weile, dann machte sich der Krieger mit den Hauern wieder an seine Ausgrabungen und verschwand aus Karsas Blickfeld, als er in die Höhlung trat, die er in der Steinlawine freigelegt hatte.
Karsa warf einen Blick auf den anderen Mann.
Der erneut mit der Ziegenkeule gestikulierte.
Der Teblor trat zu ihm. Er stellte seinen Packsack in der Nähe der Feuerstelle ab und zog sein Messer, schnitt sich ein großes Stück Fleisch ab und kehrte dorthin zurück, wo der andere saß. »Du sprichst die Sprache der Stämme«, sagte Karsa, »aber ich habe noch nie zuvor einen von deiner Art gesehen. Und auch keinen wie deinen Kameraden.«
»Nun, du bist ein ebenso seltener Anblick, Thelomen Toblakai. Ich heiße Mappo und bin von dem Volk, das als Trell bekannt ist und aus der Gegend westlich der Jhag-Odhan stammt. Mein zielstrebiger Kamerad ist Icarium, ein Jhag – «
»Icarium? Ist das ein gebräuchlicher Name, Mappo? Auch in den Legenden meines Stammes gibt es jemanden, der so genannt wurde.«
Die ockerfarbenen Augen des Trell verengten sich kurz. »Gebräuchlich? Nicht in dem Sinne, wie du es meinst. Aber der Name taucht sicherlich in den Geschichten und Legenden zahlloser Völker auf.«
Karsa runzelte angesichts der merkwürdigen Pedanterie die Stirn – wenn es sich wirklich darum handelte. Dann hockte er sich Mappo gegenüber hin und nahm einen großen Bissen von dem zarten Fleisch.
»Mir kommt da plötzlich der Gedanke«, sagte Mappo, und die Andeutung eines breiten Grinsens flackerte über sein tierisches Gesicht, »dass diese zufällige Begegnung etwas ganz Besonderes ist … in so mannigfaltiger Hinsicht, dass man gar nicht alle einzelnen Aspekte aufzählen kann. Ein Trell, ein Jhag und ein Thelomen Toblakai … und jeder von uns ist wahrscheinlich der Einzige seiner Art im ganzen Reich der Sieben Städte. Und was noch außergewöhnlicher ist – ich glaube, ich kenne dich –, ich meine natürlich, ich habe von dir gehört. Sha’ik hat einen Leibwächter … einen Thelomen Toblakai mit einer gepanzerten Weste aus versteinerten Muscheln und einem hölzernen Schwert …«
Karsa nickte und schluckte den letzten Bissen Fleisch hinunter, den er noch im Mund hatte, ehe er antwortete. »Stimmt, ich stehe in den Diensten von Sha’ik. Macht mich dies zu deinem Feind?«
»Nicht, solange du dich nicht entscheidest, einer zu sein«, antwortete Mappo, »und davon würde ich dir abraten.«
»Das tut jeder«, murmelte Karsa und wandte sich wieder seinem Essen zu.
»Oh, dann weißt du doch nicht so wenig über uns, wie du eben gesagt hast.«
»Mehr als ein Dutzend Wölfe haben mit mir gesprochen«, erklärte Karsa. »Sie haben nicht viel gesagt, aber sie haben mich gewarnt. Ich weiß nicht, was euch beide so gefährlich macht, und es kümmert mich auch nicht besonders. Wenn ihr versucht, meine Reise zu behindern, werde ich euch töten. So einfach ist das.«
Mappo nickte langsam. »Und haben wir einen Grund, deine Reise zu behindern?«
»Nicht, solange ihr euch nicht entscheidet, einen zu haben«, erwiderte Karsa.
Der Trell lächelte. »Dann ist es wohl am besten, wenn wir nichts voneinander erfahren.«
»Stimmt, das wäre am besten.«
»Leider«, fuhr Mappo mit einem Seufzen fort, »weiß Icarium bereits alles von dir, was er wissen will, und was er vorhat, weiß nur er allein, auch wenn es bereits entschieden ist.«
»Wenn er glaubt, dass er mich kennt«, brummte Karsa, »dann täuscht er sich.«
»Nun, lass uns darüber nachdenken. Um deine Schultern liegt der Pelz eines Wechselgängers. Einen, den wir zufällig beide kennen – du hast da ein schreckliches Tier getötet. Glücklicherweise war es kein Freund von uns, doch natürlich können wir daran sehr gut das Ausmaß deiner kämpferischen Fähigkeiten ablesen. Dann wirst du von Geistern verfolgt; nicht nur von deinen beiden Verwandten, die auch jetzt hinter dir kauern. Nein, auch von den Geistern all derjenigen, die du in deinem kurzen, aber eindeutig grausamen Leben getötet hast. Sie sind erschreckend zahlreich, und ihr Hass auf dich ist wie ein spürbarer Hunger.
Weitere Kostenlose Bücher