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SdG 07 - Das Haus der Ketten

SdG 07 - Das Haus der Ketten

Titel: SdG 07 - Das Haus der Ketten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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nein, ein Säugling, der noch an der Mutterbrust saugte –, als eine Bande von T’lan. Imass die beiden aufstöberte. Es folgte das Übliche. Die Mutter wurde niedergemacht, und auch mit Phyrlis wurde in der üblichen Weise umgesprungen – sie wurde auf einen Speer gespießt und der Speer in die Erde gerammt. Was dann geschah, hätte niemand vorhersagen können, weder ein Jaghut noch ein T’lan Imass, denn so etwas war noch nie zuvor passiert. Jener Speer – aus einheimischem Holz geschaffen – nahm sich so viel wie möglich von Phyrlis’ Lebensgeist und wurde so wiedergeboren. Wurzeln streckten sich nach unten, um sich im Grundgestein zu verankern, Zweige und Blätter sprossen von neuem, und im Gegenzug belohnte der Lebensgeist des wiedergeborenen Baums das Kind. Und so wuchsen sie dann zusammen und entrannen ihrem Schicksal. Phyrlis erneuert den Baum, der Baum erneuert Phyrlis.«
    Karsa ließ die Schwertspitze zu Boden sinken und lehnte sich darauf. »Aber sie war doch diejenige, die die Jhag-Pferde erschaffen hat.«
    »Ich habe dabei nur eine kleine Rolle gespielt, Karsa Orlong. Meinem Blut verdanken sie ihre Langlebigkeit. Die Jhag-Pferde werfen so unregelmäßig, dass es, wären sie nicht so langlebig, nicht ausreichen würde, ihre Zahl zu erhöhen oder auch nur zu halten.«
    »Ich weiß, denn die Teblor – mein eigenes Volk, das in den Bergen von Nordgenabackis lebt – hält Herden von Tieren, die Jhag-Pferde sein müssen.«
    »Wenn dem so ist, dann bin ich erfreut. Hier in der Jhag-Odhan werden sie bis zur Ausrottung gejagt.«
    »Gejagt? Von wem?«
    »Von entfernten Verwandten von dir, Thelomen Toblakai. Von den Trell.«
    Karsa schwieg einen Moment, dann machte er ein finsteres Gesicht. »Sind das solche wie derjenige, der Mappo genannt wird?«
    »Ja, in der Tat. Mappo Runt, der mit Icarium umherzieht. Icarium, der Pfeile bei sich trägt, die aus meinen Zweigen gemacht sind. Der jedes Mal, wenn er mich besucht, nichts mehr von unserer vorangegangenen Begegnung weiß. Der mich wieder und wieder um mein Herzholz bittet, so dass er daraus eine Maschine bauen kann, um die Zeit zu messen, denn nur mein Herzholz kann alle anderen Konstrukte überleben.«
    »Und – tust du ihm den Gefallen?«, fragte Karsa.
    »Nein, denn das würde mich töten. Stattdessen feilsche ich mit ihm. Gebe ihm einen starken Stamm für einen Bogen. Zweige für Pfeile.«
    »Hast du denn keine Möglichkeit, dich zu verteidigen?«
    »Gegen Icarium kann sich niemand verteidigen, Karsa Orlong.«
    Der Teblor-Krieger grunzte. »Ich hatte einen Streit mit Icarium, den keiner von uns gewonnen hat.« Er tätschelte sein Steinschwert. »Damals war meine Waffe aus Holz, aber jetzt schwinge ich diese hier. Wenn wir uns das nächste Mal begegnen, wird nicht einmal die Heimtücke von Mappo, dem Trell, Icarium retten.«
    Beide Jaghut schwiegen längere Zeit, und Karsa wurde klar, dass Phyrlis zu Cynnigig sprach, denn er sah, wie der alte Jaghut beunruhigt das Gesicht verzog. Ein Blick aus ockergelben Augen flackerte kurz zu dem Teblor hoch und wandte sich dann wieder ab.
    Schließlich stieß Cynnigig einen langen Seufzer aus. »Karsa Orlong, sie ruft nun nach der nächsten Herde«, begann er, »der einzigen Herde, die – wie sie weiß – auf ihre ersten Rufe hin nahe an dieses Gebiet herangekommen ist. Sie hatte mit mehr gerechnet; vielleicht ist das ein Hinweis darauf, wie wenig Jhag-Pferde es noch gibt.«
    »Wie viele Köpfe zählt diese Herde?«
    »Das kann ich nicht sagen, Karsa Orlong. Normalerweise sind es nicht mehr als ein Dutzend. Die sich jetzt nähern, sind vielleicht die Letzten, die es in der Jhag-Odhan noch gibt.«
    Karsa hob den Blick, als plötzlich Hufgetrappel erklang und grollend durch den Boden unter seinen Füßen rollte. »Ich glaube, das sind mehr als ein Dutzend«, murmelte er.
    Cynnigig erhob sich mühsam und vor Anstrengung ächzend.
    Im Tal unter ihnen war Bewegung. Karsa drehte sich um.
    Der Boden bebte, das donnernde Stampfen der Hufe erklang jetzt von allen Seiten. Der Baum hinter ihm schüttelte sich, als hätte ihn eine überraschende Böe ergriffen. In seinem Geist hörte der Teblor Phyrlis aufschreien.
    Die Pferde kamen zu Hunderten. Grau wie Eisen, größer selbst als die, die Karsas Stamm züchtete. Im Wind flatternde schwarze Mähnen. Hengste, die den Kopf zurückwarfen und auskeilten, um sich Platz zu verschaffen. Breitrückige Stuten mit Fohlen bei Fuß.
    Aus Hunderten wurden Tausende.
    Staubwolken stiegen

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