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SdG 07 - Das Haus der Ketten

SdG 07 - Das Haus der Ketten

Titel: SdG 07 - Das Haus der Ketten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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können. Der Untergrund würde tückisch sein und Formationen zu bilden schier unmöglich. Die Koralleninseln erstreckten sich in einem großen Bogen quer über den südlichen Zugang. Im Osten gab es einen Steilabbruch – eine Verwerfung, von der das Gelände achtzig oder mehr Armlängen in eine Salzpfanne abfiel, die einst der tiefste Punkt des Binnenmeers gewesen war. Die Verwerfung war ein Schlitz, der sich an seinem südwestlichen Ende – genau auf der anderen Seite der Koralleninseln – zu dem scheinbar endlosen Becken hin verbreiterte, das den südlichen Teil der Raraku bildete. Im Westen lagen Dünen aus tiefem, weichem Sand, vom Wind geformt und von Gruben gesprenkelt.
    Sie würde ihre Streitkräfte genau an dieser Kante aufstellen, so, dass sie die sieben Hauptrampen halten konnten. Mathoks berittene Bogenschützen an den Flanken, Korbolo Doms neue schwere Infanterie – die Elite-Kerntruppe seiner Hundeschlächter – am Ursprung einer jeden Rampe. Weitere berittene Truppen würden als taktische Abschirmung für den Augenblick zurückgehalten werden, da die Malazaner von den steilen Anstiegen zurückwichen und der Befehl zum Vorrücken gegeben wurde.
    So oder so ähnlich hatte Korbolo Dom es ihr erklärt – sie war sich hinsichtlich der Reihenfolge nicht ganz sicher. Doch es schien, als hätte der Napanese sich trotz ihrer Übermacht für eine anfängliche Verteidigungsstellung entschieden. Er war ganz versessen darauf, dass seine schwere Infanterie und seine Sturmtruppen sich gegenüber ihrem malazanischen Gegenstück bewiesen. Da Tavore unterwegs war, um sie zu treffen, war es ratsam, die Einladung so auszuweiten, dass ihr bitterer Abschluss auf diesen Rampen stattfinden würde. Der Vorteil lag dabei voll und ganz auf Seiten der Armee der Apokalypse.
    Wieder befand Tavore sich in der Rolle von Herzog Kenussen D’Avore in der Ibilarschlucht.
    Sha’ik fröstelte plötzlich trotz der Hitze und zog ihren Schaffell-Umhang enger um sich. Sie warf einen Blick dorthin, wo Mathok und das Dutzend Leibwächter warteten – in taktvollem Abstand, doch nah genug, um binnen zwei, drei Herzschlägen an ihrer Seite zu sein. Sie hatte keine Ahnung, warum der schweigsame Kriegshäuptling so große Befürchtungen hegte, sie könnte einem Attentat zum Opfer fallen, doch es lag keine Gefahr darin, ihm seinen Willen zu lassen. Da Toblakai fort war und Leoman sich irgendwo im Süden herumtrieb, hatte Mathok die Rolle ihres Beschützers übernommen. Das war gewiss nicht schlecht, obwohl sie es nicht für besonders wahrscheinlich hielt, dass Tavore Attentäter aussenden würde – der Wall, den die Göttin des Wirbelwinds errichtet hatte, konnte nicht unbemerkt durchbrochen werden. Nicht einmal eine Hand der Klaue konnte unbemerkt durch ihre vielschichtigen Barrieren schlüpfen, welches Gewirr sie auch zu benutzen versuchte.
    Weil die Barriere selbst ein Gewirr umfasst. Das Gewirr, das wie eine unsichtbare Haut über der Heiligen Wüste liegt. Das Fragment, das die Göttin an sich gerissen hat, ist kein Fragment mehr, sondern wieder heil. Und seine Macht wächst. Eines Tages – schon bald – wird es einen eigenen Platz in den Drachenkarten fordern. Genau wie das Haus der Ketten. Und dann wird es ein weiteres neues Haus geben – das Haus des Wirbelwinds.
    Genährt vom Blut einer niedergemetzelten Armee.
    Und wenn sie schließlich vor mir kniet … was dann? Meine teure Schwester, gebrochen und gebeugt, mit Staub und anderen, dunkleren Streifen verschmiert, die Legionen hinter ihr vernichtet, ein Festmahl für Kapmotten und Geier – soll ich dann meinen Helm abnehmen? Ihr in diesem Augenblick mein Gesicht enthüllen?
    Wir haben diesen Krieg zu unserem eigenen gemacht. Haben ihn den Rebellen, der Imperatrix und dem malazanischen Imperium weggenommen. Sogar der Göttin des Wirbelwinds. Tavore, du und ich, wir haben Dryjhna und das Buch der Apokalypse verdrängt – um unserer eigenen, persönlichen Apokalypse willen. Das Blut der Familie, nichts weiter. Und dann, Tavore – wenn ich mich dir zeige und das Erkennen in deinen Augen sehe –, dann wird die Welt, deine Welt, unter dir ins Wanken geraten.
    Und genau in diesem Augenblick, liebe Schwester, wirst du verstehen, was geschehen ist. Was ich getan habe. Und warum ich es getan habe.
    Und was dann? Sie wusste es nicht. Eine einfache Hinrichtung war zu wenig, fast schon Betrug. Schließlich war Strafe etwas, das nur Lebende ereilte. Die Strafe bestand darin, weiterzuleben,

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