SdG 08 - Kinder des Schattens
ihr eigenes dickes Fell in dunklen, gesprenkelten Brauntönen und Schwarz. Sie waren überraschend groß, ihre Körper unproportional wuchtig im Vergleich zu den kleinen Schädeln mit den kräftigen Kiefern. Einer trug einen Gürtel aus geflochtenem Schilf, an dem tote Otter hingen, und alle hatten Seile aus geflochtenem Gras dabei.
Sie waren still, doch Udinaas konnte ihr Entsetzen spüren, als sie etwas am nördlichen Himmel anstarrten.
Der Sklave blinzelte und sah dann, was ihre Aufmerksamkeit erregt hatte.
Ein Berg aus schwarzem Stein, der über niedrigen Hängen aus zerschmettertem Eis in der Luft schwebte. Er trieb näher heran, und Udinaas spürte die Böswilligkeit, die die riesige, unmögliche Erscheinung ausströmte – ein Gefühl, das ganz offensichtlich auch die großen, bepelzten Kreaturen wahrnahmen.
Sie starrten das Ding noch einen Augenblick länger an und ergriffen dann die Flucht. Sie flohen an Udinaas vorbei – und die Szene änderte sich.
Zerschmettertes Grundgestein, pulverisierter Stein, brodelnder Nebel. Zwei große Gestalten erschienen, die eine dritte mit sich schleppten – eine Frau, bewusstlos oder tot, deren lange, offene braune Haare über den Boden schleiften. Udinaas zuckte zusammen, als er eine der beiden anderen Gestalten erkannte – in blendender Rüstung, eisenbeschlagenen Stiefeln, silbernem Umhang, das Gesicht hinter dem Helmvisier verborgen. Menandore, Schwester Dämmer. Er wollte fliehen – sie konnte ihn gar nicht übersehen – und stellte fest, dass er sich nicht von der Stelle rühren konnte.
Nun erkannte er auch die andere Frau, das Ebenbild furchtsam geschnitzter Statuen, die halb im Lehmboden vergraben in dem Wald zurückgelassen worden waren, der das Dorf der Hiroth umgab. Scheckige, graue und schwarze Haut, die ihr hartes Gesicht wie eine Kriegsmaske aussehen ließ. Ein Brustharnisch aus mattem, fleckigem Eisen. Bein- und Armschienen aus Kettengeflecht und Leder, ein Umhang aus Robbenfell, der sich hinter ihr blähte. Dippel, die wankelmütige Schwester. Sukul Ankhadu.
Und jetzt wusste er auch, wer die Frau war, die sie mit sich zerrten. Duster, Sheltatha Lore. Scabandaris am meisten geschätzte Tochter, die Beschützerin der Tiste Edur.
Die beiden Frauen blieben stehen und ließen die schlaffen Arme ihrer Schwester los; sie fielen wie tot auf den dreckigen Fels. Zwei Augenpaare schienen Udinaas anzustarren – große, mandelförmige Tiste-Augen.
Menandore sprach als Erste. »Ich hatte nicht erwartet, dich hier zu finden.«
Während Udinaas sich noch bemühte, eine Antwort auf diese Worte zu finden, erklang die Stimme eines Mannes an seiner Seite: »Was habt ihr mit ihr gemacht?«
Der Sklave drehte sich um und sah einen weiteren Tiste, der kaum eine Armlänge von der Stelle entfernt stand, an der Udinaas auf seinem Schemel saß. Er war größer als die Frauen, denen er gegenüberstand, trug eine weiße, emaillierte Rüstung, die blutbespritzt, verschmiert und von Schwerthieben zerkratzt war. Ein zerbrochener Helm hing an seiner rechten Hüfte. Seine Haut war weiß wie Elfenbein. Getrocknetes Blut klebte auf der rechten Seite seines Gesichts, das Muster erinnerte an einen verzweigten Blitz. Ein Feuer hatte den größten Teil seiner Haare weggebrannt, und die Haut seines Schädels war rissig, rot und feucht.
Auf seinen Rücken waren zwei Langschwerter geschlungen; hinter seinen breiten Schultern ragten ihre Griffe und Knäufe empor.
»Nichts, was sie nicht verdient hätte«, beantwortete Menandore die Frage des Tiste.
Die andere Frau bleckte die Zähne. »Unser teurer Onkel hatte ehrgeizige Pläne mit unserer herzallerliebtsten Kusine. Doch ist er gekommen, als sie in ihrer Not nach ihm gerufen hat?«
Der von der Schlacht gezeichnete Mann trat am Standort des Sklaven vorbei; seine Aufmerksamkeit war auf den Körper von Sheltatha Lore gerichtet. »Das ist eine scheußliche Sauerei. Ich möchte meine Hände davon reinwaschen – von allem.«
»Aber das kannst du nicht«, sagte Menandore voll merkwürdiger Schadenfreude. »Schließlich sind wir alle vom Blut der Mutter vergiftet …«
Bei diesen Worten wirbelte Sukul Ankhadu zu ihrer Schwester herum. »Ihre Töchter haben unter viel Schlimmerem als Gift gelitten! In diesen zerbrochenen Ichs ist keinerlei Ausgewogenheit. Schau uns doch an! Gehässige Schlampen – Tiams kreischende Köpfe bäumen sich immer wieder auf, Generation um Generation!« Sie deutete mit einem Finger auf den Tiste. »Und was ist
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