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SdG 08 - Kinder des Schattens

SdG 08 - Kinder des Schattens

Titel: SdG 08 - Kinder des Schattens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Ericson
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er auf dem weichen Lehmboden, während er von irgendwo etwas weiter weg ihre tierischen, rhythmischen Schreie der Lust hören konnte.
    Und Verlangen stieg in ihm auf. Nicht nach Mayen, sondern nach dem, was sie in ihrem wilden Loslassen fand, in dem sie sich ohne Ziel dem Augenblick hingab, der Gegenwart, der Zukunft und der Vergangenheit. Einem Augenblick, in dem nicht an irgendwelche Folgen gedacht wurde. Sein Hunger wurde zu einem Schmerz in seinem Innern, wühlte wie eine abgebrochene Messerspitze in seiner Brust, verletzte ihn mit jedem mühsam eingesogenen Atemzug, und in seinem Traum schrie er auf, als antwortete er Mayen, und er hörte, wie sie lachte, als sie ihn wiedererkannte. Ein Lachen, das ihn einlud, sich ihrer Welt anzuschließen.
    Mayen, die Verlobte seines Bruders. Ein losgelöster Teil seines Verstands blieb kühl und ungerührt, betrachtete sich selbst fast schon sarkastisch. Er durchschaute die Natur dieses Netzes, diese Seitenblicke voller Neid und seinen eigenen knospenden Appetit.
    Männliche Edur waren langsam in diesen Dingen. Das war der Grund, warum sie sich frühestens ein, oft auch erst zwei Jahrzehnte, nachdem sie erwachsen waren, verlobten und schließlich heirateten. Bei den Frauen der Edur erwachte der weibliche Hunger deutlich früher. Unter den Männern gingen verstohlen geflüsterte Gerüchte um, dass die jungen Frauen oft Gebrauch von den Letherii-Sklaven machten, doch Trull bezweifelte, dass diese Gerüchte der Wahrheit entsprachen. Es schien ihm … unvorstellbar.
    Den losgelösten Teil seines Selbsts erheiterte dieser Gedanke, als verspottete er Trulls Naivität.
    Er wachte fröstelnd auf, schwach vor Zweifeln und Verwirrung, und lag einige Zeit im bleichen Halblicht, das der Dämmerung vorausging und betrachtete seine Atemwölkchen in der dumpfen Luft des Zelts.
    Irgendetwas nagte an ihm, doch es dauerte lange, bis ihm klar wurde, was es war. Er hörte keine Schritte.
    Trull kroch aus dem Zelt, stolperte über Schnee und Eis, und richtete sich auf.
    Es war Rhulads Wache. Am erloschenen Feuer hockte die zusammengekauerte, vermummte Gestalt seines Bruders mit hochgeschlagener Kapuze und gesenktem Kopf.
    Trull ging zu Rhulad hinüber und baute sich hinter ihm auf. Plötzlich packte ihn die Wut, als ihm klar wurde, dass sein Bruder schlief. Er nahm seinen Speer in beide Hände, schwang dann das stumpfe Ende in einer raschen Bewegung herum, die seitlich an Rhulads Kopf endete.
    Ein gedämpfter Schlag, der seinen Bruder zur Seite kippen ließ. Rhulad stieß einen durchdringenden Schrei aus, als er auf dem festgetrampelten Schnee landete, dann rollte er sich auf den Rücken, suchte nach seinem Schwert.
    Trulls Speerspitze war am Hals seines Bruders. »Du bist während deiner Wache eingeschlafen!«, zischte er.
    »Bin ich nicht!«
    »Ich habe gesehen, dass du geschlafen hast! Ich bin direkt an dich herangetreten!«
    »Ich habe nicht geschlafen!« Rhulad mühte sich auf die Beine, eine Hand seitlich an den Kopf gelegt.
    Jetzt kamen auch die anderen aus ihren Zelten. Forcht starrte Trull und Rhulad einen Augenblick lang an, dann wandte er sich den Vorräten zu.
    Trull zitterte, sog tief die eisige Luft ein. Einen Moment lang kam ihm in den Sinn, wie unverhältnismäßig wütend er war, doch dieser Gedanke wurde hinweggefegt, als ihm wieder bewusst wurde, in welch große Gefahr Rhulad sie alle mit seinem Verhalten gebracht hatte.
    »Wir hatten Besuch«, verkündete Forcht, während er sich aufrichtete und den gefrorenen Boden betrachtete. »Sie haben keine Spuren hinterlassen …«
    »Und woher weißt du dann, dass sie überhaupt da waren?«, wollte Rhulad wissen.
    »Weil alle unsere Lebensmittel weg sind, Rhulad. Sieht so aus, als müssten wir einige Zeit hungern.«
    Theradas fluchte und machte sich daran, das Lager in etwas größerem Abstand zu umkreisen. Er suchte eine Spur.
    Sie waren hier. Sie hätten uns alle im Schlaf töten können. Und alles nur, weil Rhulad nicht begreift, was es bedeutet, ein Krieger zu sein. Es gab nichts mehr zu sagen, und alle wussten es.
    Alle außer Rhulad. »Ich habe nicht geschlafen! Ich schwöre es! Forcht, du musst mir glauben! Ich habe mich einfach nur einen Moment lang hingesetzt, um meine Beine auszuruhen. Ich habe niemanden gesehen!«
    »Das ist nicht überraschend«, knurrte Theradas, »mit geschlossenen Lidern.«
    »Ihr glaubt, dass ich lüge, aber das tue ich nicht! Ich sage die Wahrheit, das schwöre ich!«
    »Lass es gut sein«, sagte

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