Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
SdG 08 - Kinder des Schattens

SdG 08 - Kinder des Schattens

Titel: SdG 08 - Kinder des Schattens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Ericson
Vom Netzwerk:
gegen Land eingetauscht wurden. Das tödliche Labyrinth aus Händlern, Kaufleuten, Verführern, die falsche Bedürfnisse weckten, Lieferanten, die zerstörerische Gifte mitbrachten. Widerstand wurde mit Auslöschung beantwortet. Stolz, politische und wirtschaftliche Unabhängigkeit wurden verschlungen. Alles in allem ein Krieg, der so kalt und herzlos geführt wurde und so durch und durch zynisch war, dass eine ehrenvolle Seele ihn kaum mit ansehen und dabei überleben konnte. Vor allem, wenn diese Seele dafür verantwortlich war. Für alles, was geschehen war.
    Und bis zum heutigen Tag verehrten die Nerek Hull Beddict. Genauso wie das halbe Dutzend verschuldeter Bettler, die alles waren, was noch von den Faraed übrig war. Die verstreuten Überreste der Tarthenal, die groß und schwankend betrunken durch die Bergwerkssiedlungen außerhalb der Städte im Süden torkelten, trugen immer noch die Tätowierung mit den drei Streifen unter ihrer linken Schulter – ein Ebenbild derjenigen auf Hulls Rücken.
    Jetzt saß er schweigend neben ihr, den Blick auf die ersterbenden Flammen des erlöschenden Feuers gerichtet. Einer seiner Männer war mit dem Pfeil des Königs zur Hauptstadt zurückgekehrt. Der Wächter war kein Wächter mehr. Und er würde auch nicht in die Südlande zurückkehren. Er war in die Berge gegangen.
    Vor acht Jahren war sie ihm zum ersten Mal begegnet, einen Tagesmarsch vom Hochfort entfernt; damals war er kaum mehr als ein Tier gewesen, das sich in der Wildnis herumtrieb.
    Sie hatte ihn zurückgebracht. Zumindest ein Stück des Weges. Oh, aber diese Tat war bei weitem nicht so großmütig, wie es zuerst den Anschein gehabt hatte. Vielleicht wäre es das gewesen. Wirklich großmütig. Wenn ich ihn dann nicht auf üble Weise benutzt hätte.
    Sie hatte ihren eigenen, selbstsüchtigen Bedürfnissen nachgegeben, und daran war gar nichts Glorreiches.
    Seren fragte sich, ob er ihr wohl jemals vergeben würde. Und dann fragte sie sich, ob sie sich wohl selbst jemals vergeben würde.
    »Buruk der Bleiche weiß alles, was ich wissen muss«, sagte Hull Beddict.
    »Möglicherweise.«
    »Er wird es mir sagen.«
    Nicht aus eigenem Entschluss, nein, das würde er nicht tun. »Ungeachtet seiner Anweisungen«, sagte sie, »ist er doch nur ein kleiner Fisch in diesem Spiel, Hull. Oberhaupt eines Handelshauses, das praktischerweise in Trate sitzt und beträchtliche Erfahrung im Umgang mit den Hiroth und den Arapay hat.« Und außerdem durch mich offiziellen Zutritt in die Lande der Edur.
    »Hannan Mosag wird seine Krieger den Schiffen hinterherschicken«, sagte Hull Beddict. »Die Anteile, die die Königin an jenen Handelshäusern hält, werden in Bälde Schaden erleiden.«
    »Ich nehme an, dass sie den Verlust einkalkuliert hat.«
    Der Mann neben ihr war nicht mehr der gutgläubige Junge, der er einst gewesen war. Doch er hatte seit langer Zeit nichts mehr mit den komplizierten Intrigen und tödlichen Taschenspielertricks zu tun, die das Lebenselixier der Letherii bildeten. Sie konnte spüren, wie er sich mit der in mehrfacher Hinsicht vorhandenen Doppelbödigkeit abmühte, die hier am Werk war. »Allmählich kann ich den Pfad erkennen, den sie einschlägt«, sagte er nach einer Weile, und die unverhüllte Verzweiflung in seiner Stimme klang so schrecklich, dass sie blinzelnd den Blick abwandte.
    Er fuhr fort. »Dies ist dann also unser Fluch: dass wir so sehr dazu neigen, nach vorne zu blicken, immer nur nach vorne. Als würde sich der Weg vor uns irgendwie von dem hinter uns unterscheiden.«
    Stimmt, und es zahlt sich aus, dass ich mich daran erinnere, wann immer ich zurückblicke.
    Ich sollte wirklich damit aufhören.
     
    »Mit fünf Flügeln kannst du dir einen Kriecher kaufen«, murmelte Tehol Beddict von seinem Bett aus. »Hast du niemals darüber nachgedacht, wie merkwürdig das ist? Natürlich, jeder Gott sollte einen Thron haben, aber sollte daraus nicht auch folgen, dass jeder Thron, der für einen Gott erbaut wurde, auch besetzt ist? Und wenn er es nicht ist, wie kann dann jemand, der bei vollem Verstand ist, zu dem Entschluss kommen, dass es der Mühe wert sei, einen leeren Thron zu verehren?«
    Bagg, der auf einem niedrigen dreibeinigen Schemel am Fußende des Bettes saß, hörte zu stricken auf. Er hielt das grobe Wollhemd, an dem er arbeitete, von sich weg und musterte es, wobei er prüfend ein Auge zukniff.
    Tehols Blick flackerte zu seinem Diener. »Ich bin mir ziemlich sicher, dass die Länge meines

Weitere Kostenlose Bücher