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SdG 09 - Gezeiten der Nacht

SdG 09 - Gezeiten der Nacht

Titel: SdG 09 - Gezeiten der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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ein paar Tage entfernt. Nördlich von hier ist die Lage schon ziemlich undurchsichtig. Das war’s, mehr Fragen beantworte ich nicht.« Ormly nahm Rucket die Flasche aus der Hand und trank einen großen Schluck.
    Bagg schaute sich um. Die Straße war ruhig. »Es liegt etwas in der Luft …«
    »Das wissen wir«, sagte Rucket.
    Die Stille dehnte sich, dann rieb sich Bagg den Nacken. Ohne ein weiteres Wort zu verlieren, ging er davon.
    Kurze Zeit später näherte er sich dem Azath-Turm. Als er die Straße überqueren wollte, um zum vorderen Tor hinüberzugehen, tauchte eine Gestalt aus der Mündung einer nahe gelegenen Gasse auf. Bagg blieb stehen.
    »Ich bin überrascht, dich hier zu sehen«, sagte der Mann, während er sich näher an den Diener heranschob. »Aber die Überraschung währt nur kurz. Wo solltest du denn auch sonst sein, wenn man es genauer bedenkt?«
    Bagg grunzte. »Ich habe mich schon gefragt, wann du endlich wach werden würdest. Wenn überhaupt jemals.«
    »Lieber spät als nie.«
    »Du bist hier, um den Dingen einen kleinen Stups zu geben, stimmt’s?«
    »In gewisser Weise. Und du?«
    »Nun«, sagte Bagg, »das hängt davon ab.«
    »Wovon?«
    »Von dir, nehme ich an.«
    »Oh, ich bin nur zufällig hier vorbeigekommen«, sagte der Mann.
    Bagg musterte ihn mehrere Herzschläge lang, dann legte er den Kopf schief und fragte: »Tja, ich frage mich, wie viel du selbst mit dieser Sauerei zu tun hast? Du hast die Gier der Königin genährt, die Entfremdung des Prinzen von seinem Vater gefördert. Hat die Idee der Siebten Schließung dich einfach nur erheitert?«
    »Ich habe nichts anderes getan, als zuzusehen«, sagte der Mann und zuckte die Schultern. »Die menschliche Natur ist für alles verantwortlich, wie immer. Nein, diese Bürde nehme ich nicht auf mich, dazu bin ich nicht bereit. Und schon gar nicht, wenn du sie mir auferlegen willst.«
    »Na schön. Aber hier bist du nun, stehst kurz davor, eine wesentlich tatkräftigere Rolle zu übernehmen …«
    »Diese Sache reicht weit zurück, alter Mann. Ob Edur oder Menschen, ich möchte nicht noch einmal einen Besuch der T’lan Imass erleben.«
    Nach einem kurzen Augenblick nickte Bagg. »Die Meute. Ich verstehe. Ich habe dich nie sonderlich gemocht, aber ich fürchte, dieses Mal muss ich dir zustimmen.«
    »Mir wird ganz warm ums Herz.«
    »Weil du so gütig beurteilt wirst? Das kann ich mir vorstellen.«
    Er lachte und ging dann mit einem unbekümmerten Winken an Bagg vorbei.
    Das Problem mit Göttern, entschied Bagg, war die Tatsache, dass sie immer irgendwie mitgeschleppt wurden. Dorthin, wo ihre Gläubigen hingingen. Dieser hier war überall sonst aus der Erinnerung verschwunden, existierte einfach nicht mehr. Genau wie die Festen.
    Also. T’lan Imass, die Meute und das Herannahen der Jheck. Wechselgänger und Gläubige ihres alten Herrn. Und durch die mögliche Wiederbelebung eines alten Kults möglicherweise die Rückkehr der T’lan Imass, um dem Wahnsinn ein Ende zu machen.
    Was hatte ihn dann veranlasst, jetzt zu handeln? In dieser besonderen Angelegenheit? Schließlich fiel Bagg die Antwort ein, und er lächelte freudlos. Man nennt es Schuldgefühl.
     
    Tehol Beddict wurde von einem metallischen Klacken geweckt. Er setzte sich auf, schaute sich um. Es war später Nachmittag. Das Klacken wiederholte sich, und er sah zu seinem Leibwächter hinüber, der auf der Seite zur Gasse hin mit gezogener Waffe am Rand des Dachs stand. Der Mann winkte ihn zu sich.
    Tehol kletterte vorsichtig aus dem wackligen Bett und schlich auf Zehenspitzen zu dem Leibwächter.
    Unten in dem Gässchen kroch eine Gestalt, die sich unter einer fleckigen Plane verbarg, langsam, aber gleichmäßig auf die Ecke zu.
    »Ich muss zugeben, das ist ein seltsames Ding«, sagte Tehol. »Aber rechtfertigt das, mich aufzuwecken? Ach, in diesem Punkt habe ich so meine Zweifel. Die Stadt ist schließlich voll von kriechenden Dingen. Nun, an normalen Tagen, heißt das. Aber da wir nun schon einmal hier sind, könnte es vielleicht ganz amüsant sein, seine mühsame Reise zu verfolgen.«
    Die Gestalt kam bei der Ecke an, schob sich darum herum.
    Tehol und der Leibwächter folgten ihr mit den Blicken. An der Mauer entlang, dann in den Durchgang, der zum Eingang von Tehols Haus führte.
    »Oh, es stattet uns einen Besuch ab. Was auch immer es verkauft, ich weiß nicht, ob ich etwas davon will. Wir sehen uns einem Rätsel gegenüber, mein Freund. Ihr wisst, wie sehr ich es hasse,

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