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SdG 09 - Gezeiten der Nacht

SdG 09 - Gezeiten der Nacht

Titel: SdG 09 - Gezeiten der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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was noch an die zahllosen Gebäude erinnerte, die sich um Unterstützung heischend an die mächtigen Wälle gelehnt hatten.
    Auf den letzten zehn, zwölf Meilen war die Zahl der Flüchtlinge geringer geworden, nachdem Moroch die vordersten deutlich hinter sich gelassen hatte. Er hatte Deserteure unter ihnen gesehen und gegen den Drang angekämpft, den Feiglingen rasch ihren gerechten Lohn zu erteilen. Dafür würde später irgendwann einmal Zeit sein. Das Tor ein Stück vor ihm stand offen, und ein Trupp Soldaten des Kaufmanns-Bataillons hielt Wache.
    Moroch zügelte sein Pferd, als er bei ihnen ankam. »Bei Sonnenuntergang wird es auf dieser Straße von Menschen wimmeln. Ihr werdet noch mindestens vier Trupps mehr benötigen, um mit dem Flüchtlingsstrom fertig zu werden.«
    Ein Sergeant blickte finster zu ihm auf. »Und wer im Namen des Abtrünnigen bist du?«
    »Noch ein Deserteur«, murmelte ein anderer Soldat.
    Morochs Uniform war staubig und mit alten Blutflecken übersät. Er hatte einen Bart, und seine Haare waren verfilzt und nicht zusammengebunden. Trotzdem starrte er den Sergeanten schockiert an, weil er nicht erkannt worden war. Er bleckte die Zähne. »Ja, es werden auch Deserteure kommen. Zieht sie aus der Menge, und schafft sie beiseite; alle Flüchtlinge, die vom Alter und ihrer körperlichen Verfassung geeignet sind, müssen eingezogen werden. Sergeant, ich bin Finadd Moroch Nevath. Ich habe die Überlebenden von Hochfort nach Brans Feste geführt, wo wir dem Kunsthandwerker-Bataillon zugeteilt wurden. Und jetzt werde ich der Preda Bericht erstatten.«
    Er war erfreut über die plötzliche Ehrerbietung, die ihm entgegengebracht wurde, nachdem er sich zu erkennen gegeben hatte.
    Der Sergeant salutierte und fragte dann: »Ist es tatsächlich wahr, Finadd? Der Prinz und die Königin sind Gefangene der Edur?«
    »Es ist ein Wunder, dass sie überhaupt überlebt haben, Sergeant.«
    Ein merkwürdiger Ausdruck huschte über das Gesicht des Sergeanten; er verbarg ihn schnell wieder, doch Moroch hatte verstanden. Warum seid Ihr nicht gefallen, als Ihr sie verteidigt habt, Finadd? Weil Ihr gerannt seid, genau wie alle anderen …
    »Wir werden sie zurückbekommen, Finadd«, sagte der Sergeant nach einem Augenblick.
    »Lass Verstärkung kommen«, sagte Moroch und gab seinem Pferd die Fersen. Du hast Recht. Ich hätte sterben sollen. Aber du warst nicht dabei, oder?
    Er ritt in die Stadt.
     
    Meisterfänger Ormly und die Oberste Untersuchungsbeamtin Rucket saßen auf den Stufen zum Haus der Rattenfängergilde und teilten sich eine Flasche Wein. Beide machten ein finsteres Gesicht, als sie Bagg erblickten, der sich rasch näherte und vor ihnen stehen blieb.
    »Wir wissen jetzt alles über dich«, verkündete Rucket. Sie grinste höhnisch, sprach aber nicht weiter.
    »Nun«, sagte Bagg, »das ist eine Erleichterung. Was habt Ihr sonst noch von Euren Agenten in den besetzten Städten gehört?«
    »Oh«, meinte Ormly, »wir sollen dir also alles sagen, was unsere Leute herausgefunden haben, und zwar einfach nur, weil du danach fragst?«
    »Ich kann keinen Grund erkennen, warum Ihr das nicht tun solltet.«
    »Da hat er nicht Unrecht, der elende Kerl«, sagte Rucket zu dem Meisterfänger.
    Ormly schaute sie ungläubig an. »Nein, er hat nicht Recht! Ihr seid verknallt, stimmt’s? In beide – in Tehol und in seinen Diener!«
    »Macht Euch nicht lächerlich, Ormly Es steht im Kontrakt. Wir tauschen Informationen aus –«
    »Schön. Aber was hat dieser Mann ausgetauscht? Nichts. Der Wartende Mann. Worauf wartet er? Das würde ich gerne wissen.«
    »Ihr seid betrunken.«
    »Ihr habt ja noch gar nichts gehört«, mischte Bagg sich ein.
    »Natürlich haben wir etwas gehört!«, schnappte Ormly »Es herrscht Friede. Die Läden haben wieder geöffnet. Die Münzen rollen, und die Schifffahrtswege sind frei.«
    »Was ist mit den Garnisonen?«
    »Die sind entwaffnet. Genau wie die örtliche Polizei. Alle Schutz- und Ordnungsaufgaben liegen in den Händen der Edur. Leer stehende Anwesen sind von Edur-Familien in Besitz genommen worden – selbst bei diesen Stämmen gibt es eine gewisse Art von Adel. Sind letztlich doch nicht so anders als wir.«
    »Seltsam«, sagte Bagg. »Gibt es denn gar keinen Widerstand?«
    »Ihre verdammten Schatten sind überall. Nicht einmal die Ratten trauen sich, Ärger zu machen.«
    »Und wie nahe sind die Armeen der Edur an Letheras herangerückt?«
    »Das wissen wir nicht. Sie sind vielleicht noch

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