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SdG 09 - Gezeiten der Nacht

SdG 09 - Gezeiten der Nacht

Titel: SdG 09 - Gezeiten der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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Moroch Nevath sich dem alten Palast schnell nähern konnte. Sein Pferd würde sich von dieser Reise aus Hochfort hierher vermutlich niemals wieder ganz erholen. Im Palast gab es einen Abrichter aus Blaurose, den er selbst zwar noch nie gesehen hatte, von dem man sich aber erzählte, dass er Pferde heilte. Wenn er Zeit dafür fand, würde er vielleicht versuchen, den Mann ausfindig zu machen.
    Ein paar Schritt voraus trat eine Gestalt auf die Straße.
    Als Moroch erkannte, wen er da vor sich hatte, zügelte er sein Pferd. »Turudal Brizad.«
    »Finadd. Ich habe Euch kaum erkannt.«
    »Das geht nicht nur Euch so, Erster Galan. Und jetzt muss ich weiter, um der Preda Bericht zu erstatten.«
    »Ihr findet sie im Thronsaal. Finadd, es könnte sein, dass ich Euch in Kürze brauche.«
    Moroch machte ein finsteres Gesicht. »Wofür?«
    Brizad lächelte. »Genauer gesagt, brauche ich Eure Fähigkeiten im Umgang mit dem Schwert.«
    »Wen soll ich töten, Brizad? Irgendeinen wütenden Ehemann, eine aufgebrachte Ehefrau? Ich glaube, Gerun Eberict wäre für Euer Anliegen besser geeignet.«
    »Ich wünschte, es wäre so einfach, Finadd. Am liebsten würde ich Brys Beddict fragen, doch auf den warten andere Aufgaben –«
    »Genau wie auf mich.«
    »Die Preda wird Euch mit der Aufgabe betrauen, den Königlichen Haushalt zu beschützen – das heißt das, was ihn zur Zeit ausmacht –«
    »Das ist die Aufgabe des Kämpen des Königs.«
    »Ja. Was bedeutet, dass Ihr ein bisschen Zeit übrig haben werdet.«
    Morochs Gesichtsausdruck wurde noch finsterer. »Ich habe vor, die Preda zu begleiten, wenn sie aufbricht, Erster Galan.«
    Turudal seufzte. »Man traut Euch nicht mehr, Finadd. Ihr habt sowohl den Prinzen als auch die Königin im Stich gelassen. Es wäre besser gewesen, Ihr wäret in der Schlacht bei Hochfort getötet worden.«
    »Ich war verletzt. Von meinen Schutzbefohlenen getrennt. Ich konnte sie nicht einmal mehr finden, als die Schlacht begonnen hatte –«
    »Das ist tragisch, Finadd, aber solche Steine erzeugen keine Wellen auf einem gefrorenen See. Was ich Euch anbiete, ist eine Gelegenheit zur Wiedergutmachung, so dass Euer Name voller Stolz in der Geschichtsschreibung erwähnt werden wird. Ich bin mir sicher, dass Euch sonst niemand ein vergleichbares Angebot machen wird, Moroch Nevath.«
    Der Finadd musterte den Mann, der da vor ihm stand. Er hatte Moroch immer schon eine Gänsehaut eingejagt. Zu glatt, zu parfümiert. Zu selbstgefällig. Jetzt mehr als zuvor. »Ihr könnt mir nichts anbieten –«
    »Finadd, ich will, dass Ihr einen Gott tötet.«
    Moroch grinste höhnisch, sagte aber nichts.
    Turudal Brizad lächelte. »Den Gott der Jheck. Und wo könntet Ihr diesen Gott finden? Na, hier in dieser Stadt. Wo er auf die Ankunft seiner wilden Gläubigen wartet.«
    »Woher wisst Ihr das alles?«
    »Tötet den Gott, Moroch Nevath, und die Tiste Edur werden ihre Verbündeten verlieren.«
    »Wir werden später noch einmal darüber sprechen«, sagte der Finadd brummig. »Aber jetzt muss ich gehen.«
    »Natürlich. Ihr habt mein Mitgefühl, nebenbei bemerkt. Ich weiß, dass Ihr nichts hättet tun können, um Quillas oder Janall zu retten –«
    »Spart Euch Eure Worte, Erster Galan.« Moroch packte die Zügel und trieb sein Pferd vorwärts, so rasch, dass Turudal Brizad gezwungen war, hastig beiseite zu treten, um nicht niedergeritten zu werden.
     
    Bagg fand Kessel an die Tür des Turms gekauert. Sie zitterte; ihre Knie waren hochgezogen, ihr Kopf gesenkt. »Kind?«
    Eine gedämpfte Antwort. »Geh weg.« Er hockte sich neben sie. »Wie schlimm ist es?« »Ich habe Hunger. Mein Bauch tut weh. Die Stiche jucken.« »Dann bist du lebendig.« Er sah, dass sie nickte. »Und du wärst lieber tot.« Ein weiteres Nicken. »Wir müssen dir ein paar neue Kleider besorgen. Und etwas zu essen. Und Wasser. Wir müssen einen Zufluchtsort für dich finden – du kannst nicht länger hier bleiben.«
    »Aber ich muss! Er braucht meine Hilfe!«
    Bagg stand auf. »Ich glaube, ich werde mal eine Runde drehen.«
    »Tu es nicht. Es ist zu gefährlich.«
    »Mir wird nichts passieren, Schätzchen. Um Großvater Bagg brauchst du dir keine Sorgen zu machen. Und dann komme ich wieder hierher, und wir beide – du und ich – werden zum Unteren Markt gehen.«
    Sie blickte zu ihm auf, schaute ihn aus rot geränderten Augen an, die viel älter aussahen als der Rest ihres Gesichts. »Ich habe kein Geld.«
    »Ich auch nicht«, sagte Bagg lächelnd.

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