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SdG 09 - Gezeiten der Nacht

SdG 09 - Gezeiten der Nacht

Titel: SdG 09 - Gezeiten der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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der Druck des Geschirrs hatten eines der Tiere in eine unangenehme, sitzende Position gezwungen. Trull zögerte kurz, dann ging er zu ihnen hinüber, zog das Messer aus dem Gürtel. Die anderen blieben stehen und schauten zu, wie er die Pferde losschnitt. Keines der Tiere war in einem Zustand, der eine Flucht ermöglicht hätte, doch auf unsicheren, zitternden Beinen machten sie sich auf den Weg aus der Stadt.
    Trull kehrte an die Seite von Rhulad zurück.
    »Es kommt«, sagte der erste Dämon.
    Ein Stück die Hauptstraße hinunter kam ein Schwarm Stare herangewirbelt, der zwischen den Gebäuden hin und her schoss. Wie eine schwarze Welle schienen die Vögel den Tiste Edur und den Kenryll’ah entgegenzuwogen. Inmitten der Vögel schritt eine große Gestalt dahin, geisterhaft, mit weißer Haut und schlaff herunterhängenden, langen, strähnigen fahlblonden Haaren. Sie trug einen Lederharnisch, der zerknittert und von Fäulnis schwarz verfärbt aussah. Die Gliedmaßen wirkten irgendwie merkwürdig.
    »Er ist unbewaffnet«, sagte Forcht.
    »Und doch ist er derjenige, den wir suchen«, zischte der K’risnan hinter ihnen.
    Die Stare wirbelten höher, ließen sich auf den Dächern beiderseits der Straße nieder, als die Gestalt zehn Schritt vor ihnen stehen blieb.
    »Ist es nicht friedlich hier?«, sagte das Wesen in der Sprache der Letherii.
    »Ich bin der Imperator der Tiste Edur«, sagte Rhulad. »Wer und was bist du, Fremder?«
    »Ich bin ein Forkrul Assail. Mein Name ist Heiterkeit.«
    »Dann bist du ein Dämon?«
    Das Wesen legte den Kopf schräg. »Bin ich das?«
    »Dies ist nicht deine Welt.«
    »Ist sie nicht?«
    Rhulad drehte sich halb um. »K’risnan, banne ihn.«
    »Das kann ich nicht, Imperator.«
    »Das Getöse eurer Anwesenheit lässt einen Missklang ertönen«, sagte Heiterkeit.
    Trull, der die ganze Zeit die Bewegungen des Forkrul Assail beobachtet hatte, wurde plötzlich klar, dass die Arme und Beine des Wesens über ein zusätzliches Gelenk verfügten und eine Art Scharnier quer über sein Brustbein verlief. Alle seine Bewegungen wirkten eigenartig locker.
    »Einen Missklang?«, fragte Rhulad.
    »Ich wünsche mir wieder Frieden.«
    »Wenn du Frieden suchst, Heiterkeit, dann brauchst du dich nur umzudrehen und zu gehen«, sagte Forcht. »Jetzt gleich.«
    »Hier wegzugehen bedeutet, irgendwo anders hinzukommen. Ich kann nicht vor der Unordnung zurückweichen, denn sie wird mir gewiss folgen. Frieden muss dort durchgesetzt werden, wo man sich befindet. Nur wenn der Missklang sich auflöst, wird es Frieden geben.« Der Forkrul Assail trat einen Schritt vor.
    »Achtung!«, knurrte einer der Dämonen.
    Heiterkeit stürmte heran, während die Vögel in einer einzigen Wolke zum Himmel aufstoben.
    Trulls Waffe hatte die größte Reichweite, doch er versuchte gar nicht erst, mit der Spitze nach der Kreatur zu stoßen. Ihre Arme waren erhoben, um den Angriff abzuwehren, und Trull entschloss sich, sie mit einem hoch angesetzten Hieb mit dem Speerschaft beiseite zu schlagen. Heiterkeits rechter Arm wand sich wie eine Schlange um den Speerschaft und hielt die Waffe fest. Ein plötzliches Anspannen der Muskeln und das Schwarzholz brach, splitterte dann, und den ganzen Schaft entlang quoll der rote Kern aus dem Riss. Trull hatte nur wenig Zeit, entsetzt zu sein, denn Heiterkeits linke Hand zuckte vor.
    Zwei Fingerspitzen berührten Trulls Schläfe -
    Er warf sich bereits zur Seite, doch bei der Berührung spürte er, wie sein Genick herumgerissen wurde. Wäre er stehen geblieben und hätte dagegengehalten, wäre sein Genick jetzt gebrochen. Doch da er sich abgeduckt und die Schulter heruntergezogen hatte, wurde er nur zu Boden geschleudert.
    Forcht hatte tief angegriffen, nur einen Herzschlag nach Trulls Attacke, und einen Hieb diagonal nach unten geführt, um den Forkrul Assail am Knie zu treffen.
    Doch das Bein knickte ab, das Knie veränderte seinen Winkel, während Heiterkeit zur gleichen Zeit mit der linken Hand nach unten griff und die Schwertklinge packte. Der Forkrul Assail nahm sie Forcht aus den Händen, packte fest zu, knüllte den Stahl wie Papier zusammen.
    Obwohl ihre Versuche fehlgeschlagen waren, hatten Trull und Forcht getan, was von ihnen verlangt wurde. Ihre von den Flanken vorgetragenen Attacken waren Rhulads Angriff vorausgegangen und hatten Heiterkeit vom Vorstoß des Imperators ablenken sollen. Rhulads fleckiges Schwert war nur schemenhaft zu erkennen, als es durch die Luft pfiff – aber nicht

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