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SdG 09 - Gezeiten der Nacht

SdG 09 - Gezeiten der Nacht

Titel: SdG 09 - Gezeiten der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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gegenseitig in einem Blitz auf; der Donner der Detonation schickte Risse durch den Fußboden, und Fliesen wölbten sich nach oben – überall, außer dort, wo die beiden Zauberer standen.
    Staubige Stille.
    Die Marmorsäulen an den Seiten brannten stellenweise und schmolzen von oben her ab wie gewaltige Talgkerzen. Über ihren Köpfen ächzte die Decke, als wäre sie kurz davor einzustürzen.
    »Und jetzt«, flüsterte Turudal Brizad heiser, »werden wir das Ausmaß von Hannan Mosags Verzweiflung zu sehen bekommen …«
    Die zauberischen Gewalten erwachten brüllend zu neuem Leben, und Brys sah, wie der Hexenkönig taumelte.
    Kuru Qan, der Ceda, der kleine, alte Mann stand völlig unversehrt da, und die magischen Energien, die in immer neuen Wogen von ihm ausgingen, erschienen Brys fast wie die eines Gottes.
    Der Hexenkönig würde die Konfrontation nicht überleben. Und wenn er fiel, würde diese uralte, ursprüngliche Zauberei ausschwärmen. Sie würde den Imperator und seine Verwandten niedermachen, sie samt und sonders verschlingen. Und dann würde sie nach draußen wogen, in die Stadt. Ein ganzes Volk  – die Tiste Edur – würde ausgelöscht werden – Brys konnte den Hunger der Zauberei spüren, ihren Zorn, ihre kalte Lust an der Rache – dies war die Macht der Letherii, das Cedarium, die Stimme der Bestimmung, etwas, das so schrecklich war, dass es über jegliches Begriffsvermögen hinausging -
     
    Trull sah, wie der Hexenkönig sich stützte, wie seine Hände nach den Säcken griffen, aus denen Macht zu strömen begann, seine Arme hinauf, während er sich langsam daranmachte, den Angriff des Ceda zurückzuschlagen.
    Seine Arme verdrehten sich, wurden zu entsetzlich missgestalteten Anhängseln. Hannan Mosags Oberkörper begann sich zu beugen, das Rückgrat krümmte sich, wand sich wie eine Schlange auf heißen Steinen, neue Muskeln bildeten sich, Knochenhöcker drückten gegen die Haut. Er kreischte auf, als die Macht durch ihn hindurchströmte.
    Eine graue Woge stieg in die Höhe, schlug auf das weiße Feuer ein, zerriss seine Ränder, drückte stärker, erfüllte die Hälfte der langen, von Säulengängen flankierten Eingangshalle, schob sich auf den Ceda zu, der unbeweglich dastand, den Kopf in den Nacken gelegt, und vor seinen Augen blitzten die seltsamen Linsen. Er stand da, als beobachtete er einen Sturm, der sich seiner bemächtigen wollte.
     
    Brys schaute voller Entsetzen zu, wie die üble Zauberei des Edur sich immer näher an den Ceda heranschob und drohend über dem kleinen Mann aufragte. Er sah, wie eine nahe stehende Säule brüchig wurde und in einer Staubwolke in sich zusammenfiel. Der Teil des Dachs, den die Säule gestützt hatte, stürzte in die Tiefe, nur um in einem wolkigen Schleier zu verschwinden und mit lautem Krachen in einer aufwallenden Staubwolke zu landen.
    Kuru Qan blickte zu der rasenden Wand hoch, die über ihm aufragte.
    Brys sah, wie er den Kopf etwas schräg legte, das war alles.
    Ein erneuter Ausbruch weißen Feuers, der sich von dort, wo er stand, ausdehnte, hoch und nach außen brandete und gegen die graue Wand hämmerte.
    In der sich Sprünge auftaten und aus der gewaltige Stücke herausgerissen wurden, die wie zerfetzte Segel zum verformten Dach hinaufwirbelten.
    Brys hörte, wie der Hexenkönig aufschrie, als die weißen Flammen fauchend auf ihn zustürzten.
     
    Trull spürte, wie er auf die Beine gezogen wurde. Er drehte sich um, starrte in Forchts Gesicht. Sein Bruder rief irgendetwas –
    - doch der Hexenkönig wurde schwächer. Er brach unter dem Ansturm langsam zusammen. Was auch immer für Energien er aus dem gezogen hatte, was in den Säcken verborgen war – sie ließen nach. Sie reichten nicht aus, um sich dem Ceda zu widersetzen. Der Hexenkönig würde sterben – und mit ihm – werden wir alle sterben …
    »Trull!« Forcht schüttelte ihn. »An der Wand entlang.« Er deutete in die Richtung, die er meinte. »Da drüben, schieb dich da entlang. Für einen Speerwurf –«
    Einen Speerwurf? Er starrte auf den Speer in seiner Hand hinunter; rote Schweißperlen glitzerten auf dem Schwarzholzschaft.
    »Aus den Schatten, Trull, hinter der Säule da! Aus den Schatten, Trull!«
    Es war sinnlos. Schlimmer noch, er wollte es noch nicht einmal versuchen. Was, wenn er Erfolg hatte? Was würden sie gewinnen?
    »Trull! Tu es, oder wir werden alle sterben! Mutter, Vater -Mayen – ihr Kind! Alle Kinder der Edur!«
    Trull starrte in die Augen seines Bruders und

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