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SdG 09 - Gezeiten der Nacht

SdG 09 - Gezeiten der Nacht

Titel: SdG 09 - Gezeiten der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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auf die Beine und wirbelte herum. Und dann machte er seinem Namen alle Ehre, richtete sich trotz des stechenden Schmerzes in seiner Hüfte erneut auf. Stellte sich noch einmal den Seregahl entgegen.
    Gegen die, wie es schien, nun ein Wesen ihrer eigenen Art kämpfte – ein sterblicher Tarthenal, der seine gewaltigen Arme von hinten um einen der Götter geschlungen hatte, ihm die eigenen Arme an den Leib presste – und zudrückte. Die restlichen drei Götter waren ein paar Schritte rückwärts gestolpert, als könnten sie ganz und gar nicht begreifen, was da geschah, und dem Bekenner kam es vor, als stünde plötzlich die Zeit still.
    Zwei, drei Herzschläge lang.
    Der Blick des Bekenners klärte sich. Ein Flackern neuer Energie kehrte in seine erschöpften Arme und Beine zurück. Der Schmerz verblasste.
    Der sterbliche Tarthenal hatte nur noch wenige Augenblicke zu leben, als die anderen drei Götter ihre Erstarrung abschüttelten und sich auf ihn zubewegten.
    Eisenhart stürmte los, um ihnen den Weg abzuschneiden. Die Aussichten wurden allmählich besser.
     
    Zwei verkrümmte Bündel auf der Straße. Tiste Edur standen um sie herum, traten noch immer zu, brachen noch immer Knochen. Einer stampfte nach unten, und Hirnmasse spritzte über die Pflastersteine.
    Bagg kam stolpernd zum Stehen. Sein Gesicht verzog sich  – erst vor Kummer, dann vor Wut.
    Er brüllte auf.
    Gesichter wandten sich ihm zu.
    Und dann entfesselte der Diener das, was so lange in ihm verborgen und ruhig geschlummert hatte.
    Vierzehn Tiste Edur, die mitten auf der Straße standen, hoben alle gleichzeitig die Arme, um sich die Ohren zuzuhalten – doch diese Bewegung wurde niemals zu Ende geführt, da dreizehn von ihnen implodierten, als wären sie einem gewaltigen Druck ausgesetzt; ihre Körper zogen sich auf entsetzliche Weise zusammen, während Blut und andere Körperflüssigkeiten spritzten, Schädel nach innen barsten.
    Sie implodierten – nur, um einen Augenblick später nach außen zu bersten und sich in blutige Fleischfetzen zu verwandeln, die die Mauer des Lagerhauses und die Straße sprenkelten.
    Der vierzehnte Tiste Edur – derjenige, der gerade einen Schädel unter seinem Fuß zermalmt hatte – wurde in die Luft gehoben. Er wand sich, und die Augen quollen ihm grässlich weit aus dem Kopf, Exkremente liefen ihm die Beine hinunter.
    Während Bagg vorwärts schritt.
    Bis er schließlich vor Theradas Buhn von den Hiroth stand. Er starrte den Krieger an, sein aufgeblähtes Gesicht, die Augen, in denen sich unendliche Schmerzen spiegelten.
    Zitternd sagte Bagg: »Dich … dich schicke ich nach Hause … aber nicht zu dir nach Hause. Zu mir nach Hause.« Eine Geste, und der Tiste Edur war verschwunden.
    War in Baggs Gewirr verschwunden, war weg, und dann ging es nach unten, immer, immer weiter nach unten.
    In unergründliche Dunkelheit, wo sich das Portal erneut öffnete und Theradas Buhn in eisig kaltes, schwarzes Wasser schleuderte.
    Wo der Druck, der ungeheuerliche und unerträgliche Druck ihn umarmte.
    Eine Umarmung, die tödlich war.
    Bagg hörte auf zu zittern. Sein Aufbrüllen war gehört worden, das wusste er, war auf der anderen Seite der Welt gehört worden. Und Köpfe hatten sich umgewandt. Unsterbliche Herzen hatten begonnen, schneller zu schlagen.
    »Es spielt keine Rolle«, flüsterte er.
    Dann trat er vor und kniete sich neben die reglosen Körper.
    Hob einen davon auf, nahm ihn in die Arme.
    Stand wieder auf und schritt davon.
     
    Das Ewige Domizil. Eine Bezeichnung von solchem Dünkel, als wäre sie genauso gründlich in die Arroganz der Letherii eingebunden wie der Glaube an ihr eigenes unveränderliches vorherbestimmtes Schicksal. Offenkundige Rechte auf alles Mögliche  – auf Eigentum oder auch darauf, alles für sich zu beanspruchen, was sie erblickten, diese enorme, schamlose Arroganz, als stünden tausend Götter hinter ihnen, beladen mit Geschenken für die Auserwählten.
    Trull Sengar konnte sich nur verwundert fragen, worauf sich so eine Art von Gewissheit gründete. Wie kam ein Volk dazu, so voller Rechtschaffenheit und Unnachgiebigkeit zu sein? Vielleicht bedarf es dazu nur einer Sache … Macht. Ein Schleier aus Gift, der die Luft erfüllte und in die Poren jedes Mannes, jeder Frau, jedes Kindes drang. Ein Gift, das die Vergangenheit verzerrte, damit sie zu den Sitten der Gegenwart passte, die ihrerseits eine unvermeidliche, rechtschaffene Zukunft ausmalte. Ein Gift, das intelligente Leute vergnügt die

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