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SdG 09 - Gezeiten der Nacht

SdG 09 - Gezeiten der Nacht

Titel: SdG 09 - Gezeiten der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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Säcke. Macht sie auf. Zeigt dem König, was darin ist.« Ein weiteres abgehacktes Husten; in Hannan Mosags Mundwinkeln bildeten sich rosafarbene Schaumbläschen.
    Die beiden Krieger hantierten an den zugeknoteten Schnüren herum; der linke hatte sie einen Augenblick eher gelöst als der rechte. Er zog die lederne Öffnung auf. Als der Edur sah, was sich in dem Sack befand, wich er plötzlich zurück, und Brys sah das Entsetzen im Gesicht des Kriegers.
    Einen Augenblick später stieß der zweite einen Aufschrei aus und machte einen Schritt von dem Sack zurück.
    »Zeigt sie ihm!«, kreischte der Hexenkönig.
    Jetzt wirkte selbst der Imperator überrascht, denn er drehte sich um.
    Der Krieger zur Linken holte tief und ruckartig Luft, dann trat er vor, bis er die Enden des Sacks anfassen konnte. Mit merkwürdig sanften Bewegungen zog er das Leder nach unten.
    Ein Letherii, eng verschnürt. Von Blasen bedeckte, eiternde Haut, Finger, die nur noch Stummel waren, ein nackter Körper, der von Geschwüren und Wucherungen überzogen war. Er hatte fast alle Haare verloren, auch wenn ihm einige wenige lange Strähnen geblieben waren. Jetzt blinzelte er ins Licht und versuchte, den Kopf zu heben, doch die missgebildeten Sehnen und Bänder an seinem Hals zwangen die Bewegung zu einer Seite. Der Unterkiefer sank herab, und ein Speichelfaden rann aus dem offen stehenden Mund.
    Und dann erkannte Brys den Mann.
    Prinz Quillas -
    Der König stieß einen Schrei aus, ein schreckliches, tierisches Wimmern.
    Auch der andere Sack wurde heruntergezogen. In ihm befand sich die Königin, deren Körper genauso zerstört war wie der ihres Sohnes. Von ihr kam allerdings ein feuchtes Schnattern, als wollte sie auf den Schrei ihres Mannes antworten, dann ein paar sich überschlagende, sinnlose Worte, ein Schwall aus Wahnsinn, der hinter ihren geschwollenen, zerrissenen Lippen hervorbrach. In ihren Augen stand jedoch glühende Wachheit.
    Hannan Mosag lachte. »Ich habe sie benutzt. Gegen den Ceda. Ich habe sie benutzt. Letherii. Ihr Fleisch und ihr Blut. Schaut uns drei nur an. Schaut, teurer König, die Herrlichkeit dessen, was kommen wird.«
    Der Imperator kreischte auf. »Schafft sie weg! Forcht! Trull! Schafft sie weg! «
    Die beiden Krieger traten an die kauernden Gestalten heran, zogen die Säcke bis zu einer Stelle hoch, die man vielleicht noch Schultern hätte nennen können, und schleiften die Königin und ihren Sohn wieder zurück in den Korridor.
    Zitternd wandte der Imperator sich wieder dem König zu. Er öffnete den Mund, um etwas zu sagen, zuckte zusammen und schloss ihn wieder. Dann richtete er sich langsam auf und sagte schließlich mit krächzender Stimme: »Wir sind Rhulad Sengar, der Imperator der Tiste Edur. Und jetzt auch der Imperator von Lether. Gebt den Thron frei, Diskanar. Gebt ihn … uns.«
    Zu Brys’ Linker trat der Erste Eunuch vor, einen Weinkrug und zwei Kelche in der Hand. Er stieg das Podest hinauf, reichte Ezgara einen der Kelche. Füllte ihn mit Wein.
    Verwirrt machte der Kämpe einen Schritt nach rechts und drehte sich halb um, so dass er seinen König sehen konnte.
    Der in drei schnellen Schlucken ruhig den Wein trank. Irgendwann war ihm seine Krone wieder aufs Haupt gesetzt worden. Nisall stand hinter dem Thron, starrte aus zusammengekniffenen Augen Nifadas an, der ebenfalls seinen Wein ausgetrunken hatte und nun das Podest wieder verließ und sich zurück an die Wand begab, wo er sich neben den Kanzler stellte.
    Ezgara Diskanar blickte Brys aus matten Augen an. »Tretet beiseite, Kämpe. Sterbt nicht an diesem Tag.«
    »Ich kann das, worum Ihr mich bittet, nicht tun, mein König«, antwortete Brys. »Wie Ihr sehr wohl wisst.«
    Ein erschöpftes Nicken, dann wandte Ezgara den Blick ab. »Nun gut.«
    Nifadas meldete sich zu Wort. »Kämpe. Zeigt diesen Wilden, wozu ein Schwertkämpfer der Letherii fähig ist. Die letzte Tat unseres Königreichs an diesem dunklen Tag.«
    Brys runzelte die Stirn, wandte sich dann Rhulad Sengar zu. »Ihr müsst gegen mich kämpfen, Imperator. Oder mehr Krieger rufen, um uns niederzuhauen.« Ein kurzer Blick galt dem knienden Hannan Mosag. »Ich habe den Eindruck, mit Eurer Zauberei ist es im Moment nicht weit her.«
    Rhulad lachte höhnisch. »Zauberei? Wir würden diese Gelegenheit niemals verstreichen lassen, Kämpe. Nein, wir werden kämpfen – nur wir beide.« Er trat einen Schritt zurück und hob das fleckige Schwert. »Kommt. Wir haben uns gegenseitig eine Lektion zu

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