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SdG 09 - Gezeiten der Nacht

SdG 09 - Gezeiten der Nacht

Titel: SdG 09 - Gezeiten der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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    Forcht stand dicht an den Überresten einer Feuerstelle, deren Rauch in einer niedrigen Fahne um seine Beine herumschwebte. Er wurde von den beiden K’risnan flankiert, die der Imperator seiner Streitmacht zugeteilt hatte. Hanradi Khalag stand ein kleines Stückchen abseits.
    Ein Jheck näherte sich. In Anbetracht seines wilden, grau durchzogenen Haarschopfs und seines flachen, runzligen, von zahllosen Narben gezeichneten Gesichts war er vermutlich derjenige, von dem der Häuptling der Merude gesprochen hatte. Verschiedenfarbige Muscheln baumelten an geknoteten Streifen, die an seinem ärmellosen Hemd aus Robbenfell festgemacht waren. Andere kleine Trophäen hingen von einem schmalen Gürtel unter dem runden Bauch des Mannes – Teile von Edur-Rüstungen, Juwelen. Eine ziemlich dreiste Erinnerung an die Feindschaft, die bislang zwischen den beiden Völkern geherrscht hatte.
    Wie hatte Hanradi Khalag ihn genannt? Den Beherrschenden. B’nagga.
    Die Augen des Jheck waren gelb, das Weiß der Augäpfel stumpfgrau und rudimentär von blauen Äderchen durchzogen. Sie wirkten halb wahnsinnig.
    Spitz zugefeilte Zähne blitzten in einem grimmigen Lächeln auf. »Sieh nur, wer da kommt, Forcht Sengar!« Der Akzent hörte sich in Verbindung mit dem Tonfall der Arapay schlimm an. »Derjenige, den wir nicht besiegen konnten!«
    Sein Bruder drehte sich um und blickte Trull an, der ein finsteres Gesicht machte und zu dem Beherrschenden sagte: »Im Süden wirst du keine Eisfelder finden, Jheck.«
    »Räude und Mauser, Schlächter. Kein anderer Feind ruft bei uns so viel Entsetzen hervor.« Sein breiter werdendes Lächeln unterstrich die ironische Bedeutung seiner Worte. »Forcht Sengar, dein Bruder kann sehr stolz sein. Wieder und wieder haben meine Jäger versucht, diesen Krieger in Einzelkämpfen zu überwinden. Ob verwandelt oder nicht, es spielte keine Rolle. Er hat sie alle besiegt. Niemals zuvor sind wir solchen Fähigkeiten, solch einer Wildheit begegnet.«
    »Von all denen, die ich ausgebildet habe, B’nagga«, sagte Forcht, »war und bleibt Trull der Beste.«
    Trull zuckte überrascht zusammen, dann wurde seine finstere Miene vor Ungläubigkeit noch finsterer. »Das reicht jetzt! Forcht, hat unser Imperator durch die Gespenster mit uns gesprochen? Hat er seine Zufriedenheit darüber bekundet, dass der Angriff der Letherii fehlgeschlagen ist? Speit er vor Wut?«
    Einer der K’risnan meldete sich zu Wort. »Kein einziger Edur hat sein Leben verloren, Trull Sengar. Das haben wir Hull Beddict zu verdanken.«
    »Ach ja, dem Verräter. Und was ist mit den Nerek, die in unserem Dorf gelagert haben?«
    Der Hexer zuckte die Schultern. »Wir konnten ihnen keine Befehle erteilen.«
    »Zügle deine Wut, Bruder«, sagte Forcht. »Ihre Vernichtung ist das Werk der Letherii, nicht das unsere.«
    »Stimmt. Und jetzt sind wir an der Reihe zurückzuschlagen.«
    »Ja. Die Gespenster haben berichtet, dass auf der anderen Seite eine Armee zur Passhöhe aufsteigt.«
    Oh nein. So schnell schon …
    B’nagga lachte. »Überfallen wir sie aus dem Hinterhalt? Soll ich meine Wölfe losschicken?«
    »Sie sind noch nicht an der Brücke«, erwiderte Forcht. »Ich erwarte, dass sie den Übergang besetzen werden, wenn wir es nicht schaffen, ihn vor ihnen zu erreichen. Im Augenblick allerdings bewegen sie sich in einem langsamen Trott, und es scheint, als würden sie nicht viel Gegenwehr erwarten.«
    »Das zumindest ist klar«, sagte Hanradi. »Welch ein Befehlshaber würde schon versuchen, hangaufwärts gegen einen Feind zu kämpfen? Dies ist ein Erkundungstrupp. Beim ersten Kontakt werden sie sich wieder nach Hochfort zurückziehen. Forcht, wir sollten sie auf dem ganzen Weg bluten lassen.«
    »B’nagga, schicke die Hälfte deiner Leute aus. Sie sollen den Feind beobachten, sich aber nicht sehen lassen.«
    Der K’risnan, der zuvor schon gesprochen hatte, sagte: »Forcht, bei der Armee wird auch ein Magier-Kader sein.«
    Forcht nickte. »Zieht die Gespenster zurück, lasst nur noch etwa ein Dutzend dort. Ich will, dass sie glauben, dass diese wenigen in jenem Gebiet zu Hause sind. Der Feind muss arglos bleiben. Hanradi Khalag, unsere Krieger sollen sich marschbereit machen. Du wirst sie anführen.«
    »Wir werden unterwegs sein, bevor der Morgen zur Hälfte verstrichen ist.«
    Trull schaute dem Merude-Häuptling nach, als er davonschritt. »Die Letherii-Magier werden sich als lästig erweisen«, sagte er dann.
    Der K’risnan grunzte. »Wir

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