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SdG 09 - Gezeiten der Nacht

SdG 09 - Gezeiten der Nacht

Titel: SdG 09 - Gezeiten der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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Hand an. »Mayen will dich.«
    »Sie schlägt mich inzwischen.«
    »Ich weiß. Du hast es nicht geschafft, die blauen Flecken zu verstecken.«
    »Sie reißt mir die Kleider vom Leib. Benutzt mich. Auf eine Art und Weise, die wehtut. Ich habe die ganze Zeit Schmerzen.«
    »Nun«, sagte Udinaas, »das tut er nicht mit ihr. Nicht, dass es dabei viel … Zärtlichkeit gäbe. Er ist zu jung dafür, nehme ich an. Und sie hat auch nicht die Kraft, die Führung zu übernehmen. Ihn zu lehren. Sie ist … enttäuscht und mutlos.«
    »Das reicht! Ich habe genug von deinem ›ich verstehe dies, ich verstehe das‹. Mir reicht’s, Schuldner! Ihr Blickwinkel ist mir egal, ich bin nicht daran interessiert, in ihren Schatten zu treten und zu versuchen, die Welt so zu sehen, wie sie sie sieht. Das alles spielt keine Rolle, wenn sie an mir herumzerrt, wenn sie mich beißt, wenn sie mich antreibt … Hör einfach auf zu reden, Udinaas. Hör auf. Es reicht.«
    »Nimm meine Hand, Federhexe. Es ist Zeit.«
    »Lieber würde ich sie abbeißen.«
    Ich weiß. Er sagte nichts.
    »Dann tut er ihr also nicht weh?«
    »Körperlich nicht«, antwortete er.
    »Ja. Was er mit ihr macht …«, sie blickte auf, suchte seinen Blick, »mache ich mit dir.«
    »Und du würdest lieber beißen.«
    Sie antwortete nicht. Etwas flackerte in ihrem Blick auf, dann wandte sie sich ab, noch während sie seine Hand nahm.
    Er zog sie auf die Beine.
    Sie blickte ihn nicht an. »Ich werde zuerst runtergehen. Warte danach noch ein bisschen.«
    »In Ordnung.«
    Eine Armee, die aufgeweckt worden war, schwärmte über den Waldboden aus. Im Norden die Asche der Heimat. Im Süden Trate. Es würde … Rache geben.
    Kleinigkeiten.
     
    Der Hauch einer Bewegung hangabwärts, und dann … nichts.
    Trull Sengar spähte noch einen Augenblick länger, dann ließ er sich wieder hinter den umgestürzten Baumstamm sinken. »Wir sind entdeckt worden«, sagte er.
    Ahlrada Ahn grunzte. »Und was jetzt?«
    Trull blickte nach links und nach rechts. Er konnte kaum die nächsten Krieger ausmachen, die reglos in ihrer Deckung lagen. »Das hängt davon ab«, murmelte er, »ob sie jetzt mit einer Übermacht kommen.«
    Sie warteten, während der Nachmittag verstrich.
    Irgendwo in dem Wald unterhalb von ihnen war eine Brigade der Letherii, und zu ihr gehörte auch ein Magier-Kader, der entdeckt hatte, dass hier Edur Stellung bezogen hatten, um die Brücke zu verteidigen. Die Offiziere waren bestimmt überrascht gewesen, vielleicht sogar bestürzt. Die Magier würden sich inzwischen schon daran gemacht haben, ihre genaue Anzahl herauszubekommen, doch das würde sich als schwierig erweisen. Etwas im Blut der Edur widersetzte sich ihnen, blieb ihren zauberischen Bemühungen verschlossen. Eine Entscheidung würde getroffen werden müssen, und viel hing von der Persönlichkeit des Kommandeurs ab. Sollte er vorsichtig und langsam weitermarschieren, bis es zum direkten Kontakt kam, oder sollte er eine Folge von Sondierungen durchführen, die ihn die Stärke des Feindes erkennen lassen würden? Allerdings gab es dabei Risiken. Sich nahe genug heranzuwagen, um die Schärfe der feindlichen Fänge abschätzen zu können, forderte zum Zupacken heraus – und dann wurde man vielleicht nicht mehr losgelassen, was zu einer offenen Schlacht führen könnte, in der alle Vorteile auf Seiten der Edur lagen. Kämpfe den Hügel hinauf forderten immer einen hohen Blutzoll. Und oft genug erwies sich selbst ein Rückzug als blutig und schwierig. Schlimmer noch, es bestand durchaus die Möglichkeit, dass er zu einer heillosen Flucht ausartete – was dann wiederum zu einem Gemetzel führen würde.
    Oder der Kommandeur könnte dem Magier-Kader befehlen, mit Magie einen Angriff zu entfesseln und so die Ausläufer des Waldes über ihnen zu verwüsten. Doch solch ein Angriff würde die Position des Kaders verraten – und zwar nicht nur den Edur-Hexern, die möglicherweise vor Ort waren, sondern auch den Gespenstern und Dämonen, die sie begleiteten. Würde der Angriff abgewehrt, geriete der Kader in Schwierigkeiten.
    Schließlich könnte der Kommandeur sich auch zum Rückzug entschließen. Er könnte ihnen die Brücke überlassen, hinter die festen Mauern von Hochfort zurückkehren und sie zu einer traditionelleren Schlacht ermuntern – einer Schlacht, wie die Letherii sie jahrhundertelang gegen Feinde aller Art und fast immer unausweichlich mit dem größten Erfolg geschlagen hatten.
    War der Kommandeur übertrieben

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