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SdG 09 - Gezeiten der Nacht

SdG 09 - Gezeiten der Nacht

Titel: SdG 09 - Gezeiten der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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Glück wäre wieder auf dem aufsteigenden Ast, wenn das geschehen würde, von dem Ihr glaubt, dass ich es gemeint habe. Nein.« Er beugte sich vor, winkte sie ebenfalls näher heran.
    Mit einem ironischen Lächeln beugte sie sich über den Tisch, bis ihre Nasen sich beinahe berührten. »Ich kann es kaum erwarten.«
    Er zog sich ein kleines Stückchen zurück. »Schätzchen, Ihr seid ein atmender Weinberg. Also gut, hört zu. Wir haben uns ein Boot beschafft –«
    »Wir?«
    »- und wir werden dieses verdammte Königreich, diese Pocke am Arsch des Vermummten, verlassen.«
    »Und wohin soll’s gehen? Nach Korshenn? Pilott? Truss? Kolanse?«
    »Was hätte das für einen Sinn? Die ersten drei, die Ihr genannt habt, sind Lether tributpflichtig, und Kolanse ist nach allem, was wir gehört haben, der reinste Saustall. Nein, Freisprecherin, die Welt ist viel größer, als Ihr vielleicht glaubt –«
    »Tatsächlich? In Wirklichkeit ist sie kleiner, als ich glaube.«
    »Ein anderes Loch, der gleiche Dreck, was? Vielleicht habt Ihr Recht. Vielleicht aber auch nicht.«
    »Wer seid Ihr?«
    »Einfach jemand, der ziemlich weit weg von zu Hause ist, wie ich schon gesagt habe. Wir haben uns unseren Weg aus Assail freigehauen und sind zufällig hier gelandet, und allein dadurch, dass wir mit unserem durchlöcherten Boot hier angekommen sind, hatten wir schon Schulden. Und als wir einfach nur den Kai betreten haben, hatten wir gleich noch mehr Schulden. Das ist jetzt sieben Monate her, und wir sind so hoch verschuldet, dass noch nicht einmal Fürst K’azz uns freikaufen könnte. Und dabei leben wir von Abfällen und machen irgendwelche Drecksarbeiten, und das alles lässt uns allmählich verfaulen –«
    »Ihr wart Soldat.«
    »Ich bin es immer noch, Schätzchen.«
    »Dann geht zu einer Brigade –«
    Er rieb sich über das Gesicht und schloss einen Moment die Lider. Dann schien er zu einer Entscheidung gekommen zu sein. Er betrachtete sie mit seinen kühlen blauen Augen. »Es schreit zum Abgrund, Schätzchen, aber kein einziger Letherii hört zu. Euer Volk ist in Schwierigkeiten. In ernsten Schwierigkeiten. Fenthing hat kapituliert. Nun, Zwielicht ist eine kluge, fähige Befehlshaberin – was hat sie also dazu gebracht, so zu handeln? Denkt nach, Freisprecherin.«
    »Sie hat gesehen, dass es aussichtslos war. Sie hat gesehen, dass sie die Stadt nicht halten konnte, und es gab keine Möglichkeit zum Rückzug.«
    Er nickte. »Ihr wart nicht hier, als die Ernteschiffe zurückgekommen sind. Ihr habt nicht gesehen, was sie gebracht haben. Wir schon. Schätzchen, wenn die Dhenrabi einen Gott verehren, dann war er das, und er war direkt da draußen im Hafen.«
    »Wer sind die Dhenrabi?«
    Er schüttelte den Kopf. »Wir haben Platz für Leute, die es wert sind. Und Ihr wärt nicht die einzige Frau, also darum geht’s nicht.«
    »Warum kommt Ihr dann überhaupt zu mir?«
    »Weil Ihr noch bei Sinnen seid, Seren Pedac.«
    Lächelnd lehnte sie sich zurück, wandte dann den Blick ab. Und auch nicht betrunken. »Wer seid Ihr?«
    »Das ist jetzt nicht von Bedeutung –«
    »Sagt es mir trotzdem.«
    »Eisenhart, Zweite Klinge, Vierte Kompanie der Karmesingarde. Ich habe unter Kommandant Cal-Brinn gedient, bevor wir alle zwischen hier und dem Tor des Vermummten zerstreut wurden.«
    »Bedeutungslos und lang. Ich bin beeindruckt, Eisenhart.«
    »Schätzchen, Ihr seid bissiger als ein Enkar’al mit einem Maul voller Rhizan. Vermutlich mag ich Euch deswegen so sehr.«
    In Ordnung. »Ich bin an Eurem Angebot nicht interessiert, Eisenhart.«
    »Überlegt es Euch noch einmal. Noch ist Zeit genug – vorausgesetzt, Ihr verschwindet so bald wie möglich von hier.«
    Sie blickte ihn an. »Das ergibt ja nun gar keinen Sinn.«
    »Ihr hättet Recht, wenn unser Boot hier im Hafen läge. Aber das tut es nicht. Es ist in Letheras. Wir haben als Mannschaft angeheuert, durch einen Agenten.« Er zuckte die Schultern. »Sobald wir auf hoher See sind …«
    »Werdet Ihr den Kapitän und die Maate umbringen und zu Piraten werden.«
    »Wir werden niemanden töten, wenn es sich vermeiden lässt, und wir sind keine Piraten. Wir wollen einfach nur nach Hause. Wir müssen nach Hause.« Er musterte sie noch einen Augenblick und stand dann auf. »Wenn alles gut geht, werden wir Euch in Letheras aufsuchen.«
    In Ordnung. »Ihr werdet nur Eure Zeit vergeuden.«
    Er zuckte die Schultern. »Zwischen hier und dann wird sich eine Menge ändern, Freisprecherin. Verlasst die

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