SdG 10 - Die Feuer der Rebellion
»Da dies die einzige Richtung ist, in die ich nicht gereist bin, kann ich zur Genauigkeit der Karte nichts sagen. Wohlgemerkt, sie wurde vor einem Jahrhundert von Othun Dela Farat gezeichnet. Und der hatte den Ruf, verlässlich zu sein.«
»Was ist mit diesem Seen-Gebiet?«, fragte er und deutete auf die nördliche Ausbuchtung an der Küste, westlich von Yath Alban.
Sie setzte ihre Ausrüstung ab und hockte sich seufzend neben ihn. »Schwierig zu durchqueren. Das Grundgestein tritt dort zutage, schwer zerklüftet, gesprenkelt mit Seen und nur wenigen, größtenteils unpassierbaren Flüssen. Der Wald besteht aus Fichten, Tannen und Kiefern, mit niedrigem Dickicht in den Senken.«
»Wie kannst du das alles wissen, wenn du niemals dort gewesen bist?«
Sie deutete auf die Karte. »Ich lese Delas Anmerkungen, da, am Rand. Er sagt auch, dass er Hinweise darauf gefunden hat, dass dort Leute leben, aber es ist nie zu einem Kontakt gekommen. Dahinter liegt das Inselkönigreich Sepik, das mittlerweile zum malazanischen Imperium gehört – auch wenn es mich überraschen würde zu erfahren, dass die Malazaner diesen abgelegenen Winkel ihres Reichs jemals besucht hätten. Der König war klug genug, Gesandte zu schicken, die Bedingungen für die Unterwerfung vorgeschlagen haben, und der Imperator hat sie einfach angenommen.«
»So viel hat der Kartenmacher aber nicht geschrieben.«
»Nein, ein paar von den Informationen stammen von mir. Ich habe dann und wann merkwürdige Geschichten über Sepik gehört. Wie es scheint, gibt es dort zwei unterschiedliche Bevölkerungsgruppen, und die einen sind Untertanen der anderen.« Sie zuckte die Schultern, als sie sein ausdrucksloses Gesicht sah. »Solche Sachen interessieren mich.« Und dann runzelte sie die Stirn, als offensichtlich wurde, dass der kühle Ausdruck auf dem tätowierten Gesicht des Riesen einen anderen Grund als Gleichgültigkeit hatte. »Stimmt etwas nicht?«
Karsa bleckte die Zähne. »Erzähl mir mehr von diesem Sepik.« »Ich fürchte, ich habe dir alles gesagt, was ich weiß.«
Ihre Antwort bescherte ihr einen düsteren Blick, und dann beugte Karsa sich wieder über die Karte. »Ich werde Vorräte brauchen. Sag mir, ist das Wetter dort so wie hier?«
»Du gehst nach Sepik?«
»Ja. Sag dem Falah’d, dass ich eine Ausrüstung fordere, zwei zusätzliche Pferde und fünfhundert Halbmonde in Silber. Getrocknete Nahrung, mehr Wasserschläuche. Drei Wurfspeere und einen Jagdbogen mit dreißig Pfeilen, zehn davon mit einer Spitze zum Vögel jagen. Sechs zusätzliche Bogensehnen und einen Vorrat an Befiederungen, einen Wachsziegel –«
»Warte! Warte, Karsa Orlong. Warum sollte der Falah’d dir alle diese Dinge einfach so geben?«
»Sag ihm, dass ich in der Stadt bleiben werde, wenn er es nicht tut.«
»Oh, ich verstehe.« Sie dachte einige Zeit nach. »Warum gehst du nach Sepik?«, fragte sie dann.
Er machte sich daran, die Karte zusammenzurollen. »Ich will die hier –«
»Nein, tut mir leid. Die ist ein Vermögen wert –«
»Ich werde sie dir zurückgeben.«
»Nein, Karsa Orlong.« Sie richtete sich auf. »Wenn du bereit bist zu warten, werde ich sie abzeichnen – auf Leder, das ist widerstandsfähiger –«
»Wie lange wird das dauern?«
»Ich weiß es nicht. Ein paar Tage …«
»Also gut. Aber ich werde unruhig, Hexe.« Er reichte ihr die zusammengerollte Karte und ging ins andere Zimmer. »Und hungrig.«
Sie bückte sich erneut, um die anderen Karten einzusammeln. Die Kerzen ließ sie, wo sie waren. Jede war einem unbedeutenden, örtlichen Gott geweiht, und die Flammen hatten die Aufmerksamkeit dieser Geisterscharen erregt. In diesem Vorzimmer wimmelte es von geisterhaften Präsenzen, die für eine angespannte Atmosphäre sorgten, denn viele von ihnen waren miteinander verfeindet. Doch sie vermutete, dass da noch mehr als nur die flackernden Flammen gewesen war, das die Geister der Beachtung wert gefunden hatten. Etwas, das mit Toblakai selbst zu tun hatte …
Es gab Geheimnisse in Karsa Orlongs Geschichte, dessen war sie sich ziemlich sicher. Und nun wurden die Geister angezogen, dichter und immer dichter … und … ängstlich. »Oh«, flüsterte sie, »ich sehe, dass ich in dieser Angelegenheit keine Wahl habe. Ganz und gar keine …« Sie zog ein Gürtelmesser, spuckte auf die Klinge, und begann dann die Klinge durch die Flamme jeder einzelnen Kerze zu ziehen.
Die Geister heulten in ihrem Kopf auf; sie waren außer sich über diese
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