SdG 10 - Die Feuer der Rebellion
bei Belagerungen die vielleicht größte Rolle – zusammen mit Gerissenheit. Auf seiner langen Flucht von der Raraku hierher hatte Leoman gezeigt, dass er sowohl willensstark als auch gerissen war. Kalam wusste noch nicht so recht, was Tavore in der Raraku gezeigt hatte – schließlich hatte jemand anderes den größten Teil des Tötens für sie übernommen; für die ganze Vierzehnte, genauer gesagt.
Geister. Brückenverbrenner … die aufgestiegen sind. Bei den Göttern, ein Gedanke, der einem kalte Schauer über den Rücken jagt. Sie waren alle schon halb verrückt, als sie noch am Leben waren, und jetzt … »Ben«, sagte Kalam, »die Geister, die in der Raraku so plötzlich aufgetaucht sind – wo sind sie jetzt?«
»Keine Ahnung. Allerdings nicht bei uns.«
»Geister«, sagte Gesler. »Dann stimmen die Gerüchte also – dass die Hundeschlächter nicht durch irgendeine Zauberei erledigt wurden. Wir hatten unsichtbare Verbündete – wer waren sie?« Er machte eine Pause, spuckte aus. »Ihr beide wisst es, na klar, und ihr sagt es nicht. Auch Fiedler weiß es, stimmt’s? Ist auch egal. Jeder hat seine Geheimnisse, und macht euch bloß nicht die Mühe, mich nach meinen zu fragen. Damit wäre das geklärt.« Er gab die Flasche zurück. »Danke für die Eselspisse, Kalam.«
Sie hörten, wie er zurück zu seinem Trupp kroch.
»Eselspisse?«, fragte der Schnelle Ben.
»Wein von Kriechreben, und er hat recht, er schmeckt furchtbar. Ich habe ihn im Lager der Hundeschlächter gefunden. Willst du welchen?«
»Warum nicht? Wie auch immer, als ich gesagt habe, dass die Geister nicht bei uns sind, habe ich vermutlich die Wahrheit gesagt. Aber irgendetwas folgt der Armee tatsächlich.«
»Na, das ist doch einfach großartig.«
»Ich bin mir nicht –«
»Pscht! Ich höre –«
Gestalten tauchten plötzlich auf, kamen über den Kamm. Schimmernde, alte Rüstungen, Äxte und Krummsäbel, barbarische, bemalte Gesichter – die Verbrannten Tränen der Khundryl. Fluchend hockte Kalam sich wieder hin, schob seine Langmesser zurück in die Scheiden. »Das war eine ziemlich dumme Idee, ihr verdammten Barbaren –«
»Kommt mit«, sagte einer der Khundryl.
Dreihundert Schritt die Straße hinauf warteten einige Reiter, unter ihnen Mandata Tavore. Flankiert von einer Schwadron Verbrannter Tränen näherten sich Kalam, der Schnelle Ben, Gesler und sein Trupp den Wartenden.
Der missgestaltete Mond tauchte die Landschaft in ein silbriges Licht, in dem alle Umrisse zerklüfteter wirkten, wie Kalam bemerkte, als würde die umgebende Dunkelheit an ihnen nagen, und er wunderte sich, dass ihm das zuvor nicht aufgefallen war. War das schon immer so gewesen?
»Guten Abend, Mandata«, sagte der Schnelle Ben, als sie ankamen.
»Warum seid Ihr zurückgekehrt?«, wollte sie wissen. »Und warum seid Ihr nicht im Imperialen Gewirr?«
Tavore wurde von den Fäusten begleitet – Temul, der Wickaner, Blistig, Keneb und Tene Baralta, sowie Nil und Neder. Sie sahen allesamt so aus, als wären sie erst vor kurzem aus dem Schlaf gerissen worden; das hieß alle außer der Mandata.
Der Schnelle Ben trat unbehaglich von einem Bein aufs andere. »Das Gewirr wurde von … etwas anderem benutzt. Wir hielten es für unsicher und dachten, dass Ihr so schnell wie möglich davon erfahren solltet. Leoman ist jetzt in Y’Ghatan.«
»Und Ihr glaubt, er wird dort auf uns warten?«
»Die meisten Malazaner«, sagte Kalam, »haben Y’Ghatan in bitterer Erinnerung – das gilt zumindest für die, die sich überhaupt erinnern. Dort ist das Erste –«
»Ich weiß, Kalam Mekhar. Du brauchst mich nicht daran zu erinnern. Also gut, ich werde davon ausgehen, dass Eure Einschätzung richtig ist. Sergeant Gesler, begib dich bitte zu den Vorposten der Khundryl.«
Der Gruß des Seesoldaten war planlos, sein Gesichtsausdruck spöttisch.
Kalam beobachtete, wie Tavore dem davonziehenden Sergeanten und seinem Trupp nachschaute. Dann wandte sie sich wieder dem Schnellen Ben zu.
»Hohemagier.«
Er nickte. »Es waren … Himmelsfestungen wie Mondbrut im Imperialen Gewirr. Zehn, zwölf haben wir zu Gesicht bekommen, ehe wir uns zurückgezogen haben.«
»Hol uns der Vermummte«, murmelte Blistig. »Fliegende Festungen? Hat der weißhaarige Bastard noch mehr von ihnen gefunden?«
»Das glaube ich nicht, Faust«, sagte der Schnelle Ben. »Anomander Rake hat sich in Schwarz-Korall niedergelassen und hat Mondbrut aufgegeben, weil die Festung in Stücke gegangen
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