SdG 10 - Die Feuer der Rebellion
Blut und spähte nach oben, musterte den gewaltigen, eisernen, mit Rostflecken übersäten Nagel genauer. »Nein«, murmelte er nach einem Moment, »das ist kein Rost. Das ist Otataral. Sie wurde durch Otataral gebunden. Aber sie war eine Ältere Wesenheit – sie hätte diese gierige Entropie doch überwinden können müssen. Ich verstehe das alles nicht …«
»Alt und neu«, sagte Icarium, und sein Tonfall machte aus den Worten einen Fluch. Plötzlich stand er auf; seine Miene war zerfurcht, sein Blick hart. »Erzähle mir etwas, Mappo. Sag mir, was du über vergossenes Blut weißt.«
Er wandte sich ab. »Icarium –«
»Erzähle es mir, Mappo.«
Der Trell schwieg, den Blick auf den aquamarinblauen Teich gerichtet, während in seinem Innern widerstreitende Gefühle gegeneinander kämpften. Dann seufzte er. »Wer waren die Ersten, die ihre Hände in diesen tödlichen Strom getaucht haben? Wer hat getrunken – viel getrunken – und wurde dadurch verwandelt, und welche Auswirkung hatte dieser Otataralnagel auf die Verwandlung? Icarium, dieses Blut ist verunreinigt –«
»Mappo.«
»Also gut. Jedes Blut, das vergossen wird, besitzt Macht, mein Freund. Tiere, Menschen, der kleinste Vogel, Blut ist ihre Lebenskraft, der Strom der Seele. In ihm ist die Zeit des Lebens eingeschlossen, vom Anfang bis zum Ende. Es ist die heiligste Macht, die es gibt. Mörder, deren Hände vom Blut ihrer Opfer befleckt sind, nähren sich von dieser Macht, ob sie wollen oder nicht. Viele werden krank, andere stellen fest, dass sie einen neuen Hunger verspüren, und werden so Sklaven der Gewalttätigkeit des Tötens. Das Risiko ist Folgendes: Blut und seine Macht werden durch Gefühle wie Furcht und Schmerz befleckt. Der Strom, der sein eigenes Ableben spürt, gerät unter großen Druck, und der Schock ist wie ein Gift.«
»Was ist mit dem Schicksal?«, fragte Icarium mit schwerer Stimme.
Mappo zuckte zusammen, den Blick noch immer auf den Teich gerichtet. »Ja«, flüsterte er, »du dringst direkt zum Kern der Sache vor. Was nimmt jemand auf sich, wenn er solches Blut aufnimmt, wenn es in die eigene Seele aufgesogen wird? Müssen dann auch sie gewaltsam getötet werden? Gibt es ein allumfassendes Gesetz, das immer wieder versucht, das Ungleichgewicht auszugleichen? Wenn Blut uns nährt, was nährt dann wieder das Blut, und ist es an unveränderliche Regeln gebunden oder ist es so launisch wie wir es sind? Sind wir Kreaturen auf dieser Erde die Einzigen, die unseren Besitz missbrauchen können?«
»Die K’Chain Che’Malle haben Sorrit nicht getötet«, sagte Icarium. »Sie haben nichts davon gewusst.«
»Doch diese Kreatur hier war gefroren, also muss sie in das Jaghut-Ritual von Omtose Phellack eingeschlossen gewesen sein – wie können die K’Chain Che’Malle nichts davon gewusst haben? Sie müssen es gewusst haben, selbst wenn sie Sorrit nicht umgebracht haben.«
»Nein, sie sind unschuldig, Mappo. Dessen bin ich mir sicher.«
»Aber … wie dann?«
»Das Kreuz, es ist aus Schwarzholz. Aus der Sphäre der Tiste Edur. Aus der Schattensphäre, Mappo. Wie du weißt, können in jener Sphäre Dinge an zwei Orten zugleich sein, oder sie können an einem Ort beginnen und sich schließlich an einem anderen manifestieren. Schatten wandert und achtet keine Grenzen.«
»Aha, dann … wurde dies … hier gefangen, aus dem Schatten gezogen –«
»Gefangen von der Eismagie der Jaghut. Doch das vergossene Blut – und vielleicht auch das Otataral – haben sich als zu wild für Omtose Phellack erwiesen und so den Zauberbann der Jaghut zerschmettert.«
»Sorrit wurde in der Schattensphäre getötet. Ja. Das Muster wird jetzt viel deutlicher, Icarium.«
Icarium blickte den Trell aus fiebrig glänzenden Augen an. »Wird es das, Mappo? Du würdest also die Tiste Edur dafür verantwortlich machen?«
»Wer sonst beherrscht den Schatten so eindeutig? Ganz sicher nicht der malazanische Angeber, der jetzt auf dem Thron sitzt!«
Der Jhagkrieger sagte nichts. Er wanderte mit gesenktem Kopf am Rande des Teichs entlang, als würde er auf dem mitgenommenen Fußboden nach irgendwelchen Zeichen suchen. »Ich kenne diese Jaghut. Ich erkenne ihre Arbeit. Die Sorglosigkeit, mit der sie Omtose Phellack entfesselt hat. Sie war … außer sich. Ungeduldig, wütend, der endlosen Versuche müde, die die K’Chain Che’Malle bei ihren Anstrengungen, hier einzudringen und auf jedem Kontinent Kolonien zu errichten, unternommen haben. Sie hat sich nicht
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