SdG 10 - Die Feuer der Rebellion
Sinn ergibt … Nun, jedenfalls schaffte Temul es immer noch, Keneb mit Bemerkungen zu verblüffen, die viel besser zu einem kriegserfahrenen Veteranen gepasst hätten. »Also gut, Faust Temul. Was würdet Ihr an Leomans Stelle tun?«
Schweigen, dann ein schneller Blick zu Keneb, und einen kurzen Augenblick zeichnete sich so etwas wie Überraschung in Temuls kantigen Gesichtszügen ab. Gleich darauf kehrte die ausdruckslose Maske zurück, und er zuckte die Schultern.
»Coltaine schreitet in Eurem Schatten, Temul«, sagte Gall und strich sich übers Gesicht, als wollte er die eintätowierten Tränen nachzeichnen. »Ich sehe ihn, wieder und wieder –«
»Nein, Gall. Ich habe es Euch schon zuvor gesagt. Ihr seht nichts anderes als die Vorgehensweisen der Wickaner; alles andere ist nur Einbildung. Coltaine hat mich weggeschickt; er wird ganz gewiss nicht zu mir zurückkehren.«
Es quält dich immer noch, Temul. Coltaine hat dich mit Duiker weggeschickt, damit du am Leben bleibst, nicht, um dich zu beschämen. Warum willst du das nicht endlich akzeptieren?
»Ich habe schon viele Wickaner gesehen«, knurrte Gall.
Das klang nach einem alten Streit. Seufzend ging Keneb zu seinem Pferd. »Habt Ihr noch irgendetwas, das ich der Mandata ausrichten soll? Nein? Niemand? Also gut.« Er schwang sich in den Sattel und griff nach den Zügeln.
Bent, der Hirtenhund, beobachtete ihn mit seinen sandfarbenen toten Augen. Ganz in der Nähe hatte Rotauge einen Knochen gefunden und lag mit gespreizten Beinen auf dem Bauch, während sie mit jener hirnlosen Hingabe an ihm nagte, die nur Hunde aufbringen konnten.
Keneb war schon halb den Abhang unten, als ihm klar wurde, woher der Knochen wahrscheinlich stammte. Ein Tritt, ganz recht, kräftig genug, um die verdammte Ratte durchs Tor des Vermummten zu schicken.
Korporal Totstink, Gurgelschlitzer und Widersinn saßen um ein Trogspiel herum; schwarze Steine hüpften vom Ruder und rollten in die Becher, als Buddl zu ihnen trat.
»Wo ist euer Sergeant?«, fragte er.
Totstink blickte auf – und schaute dann wieder nach unten. »Mischt Farbe.«
»Farbe? Was für Farbe?«
»Dal Honesen tun so was«, sagte Widersinn, »Farbe für eine Totenmaske.«
»Vor einer Belagerung?«
Gurgelschlitzer zischte – Buddl vermutete, dass es wohl ein Lachen sein sollte – und sagte: »Habt ihr das gehört? Vor einer Belagerung. Das ist sehr, sehr schlau, Buddl.« »Es ist eine Totenmaske, du Idiot«, sagte Widersinn zu Buddl. »Er bemalt sich damit, wenn er glaubt, dass er bald sterben wird.«
»Das ist ja ein tolles Verhalten für einen Sergeanten«, sagte Buddl, während er sich umblickte. Die anderen beiden Soldaten des Neunten Trupps, Galt und Läppchen, stritten sich darum, was sie in einen Topf mit kochendem Wasser tun wollten. Beide hatten Kräuter in den Händen, und jedes Mal, wenn der eine seine Kräuter in den Topf werfen wollte, stieß der andere seine Hand beiseite und versuchte, seine Kräuter zum Einsatz zu bringen. Und das Ganze wieder und wieder. Über dem kochenden Wasser. Keiner von beiden sprach dabei ein Wort. »Na schön. Wo findet Balsam denn diese Farbe?«
»Es gibt hier ’nen Friedhof, nördlich der Straße«, sagte Totstink. »Ich vermute, da vielleicht.«
»Nur, falls ich ihn nicht finden sollte«, sagte Buddl, »Hauptmann Sort will eine Besprechung mit allen Sergeanten ihrer Kompanie. Bei Einbruch der Abenddämmerung.«
»Wo?«
»In dem Schafspferch hinter dem Bauernhof südlich der Straße, dem mit dem eingestürzten Dach.«
Drüben bei der Feuerstelle war das Wasser verkocht, und Galt und Läppchen stritten sich um Wasserkrüge.
Buddl ging weiter zum nächsten Lagerplatz. Er fand Sergeant Moak ausgestreckt auf einem Haufen Decken rücklings auf dem Boden liegen. Der rothaarige, bärtige Falari stocherte mit einer Gräte zwischen seinen übergroßen Zähnen herum. Seine Soldaten waren nirgends zu sehen.
»Sergeant. Hauptmann Faradan Sort hat eine Besprechung anberaumt –«
»Ich hab’s gehört. Ich bin nicht taub.«
»Wo ist dein Trupp?«
»Liegt flach.«
»Alle?«
»Ich habe gestern Abend gekocht. Sie haben schwache Mägen, das ist alles.« Er rülpste, und einen Augenblick später stieg Buddl ein Geruch in die Nase, der ihn an die Innereien verfaulender Fische erinnerte.
»Hol mich der Vermummte! Wo hast du unterwegs irgendwas gefunden, wo man Fische fangen konnte?«
»Hab ich nicht. Hab ihn mitgebracht. Er war schon ein bisschen weit, das stimmt,
Weitere Kostenlose Bücher