SdG 10 - Die Feuer der Rebellion
Dann schien er zusammenzuzucken und sagte: »Ich habe ein bisschen Tee aufgebrüht.«
»Das wäre nett, danke.«
Er ging hinüber zu dem bescheidenen Küchenbereich und begann nach Bechern zu suchen. »Es ist nicht so, dass ich keine Besucher wollen würde … Doch, so ist es. Sie bedeuten immer Ärger. Hat Tanzer sonst noch irgendetwas gesagt?«
»Nein. Und er nennt sich mittlerweile Cotillion.«
»Das wusste ich. Ich bin nicht überrascht, dass er der Schutzpatron der Assassinen geworden ist. Niemand im Imperium war so gefürchtet wie er, denn er hat die Kunst des Tötens beherrscht wie kein Zweiter. Mehr als Hadra, die einfach nur hinterhältig war. Oder Topper, der einfach nur grausam war. Ich nehme an, die beiden glauben immer noch, sie hätten gewonnen. Diese Narren. Wer schreitet denn jetzt inmitten der Götter, na?« Er brachte ihr einen Tonbecher. »Einheimische Kräuter, leicht giftig, aber nicht tödlich. Ein Mittel gegen Butherschlangenbisse, was eine feine Sache ist, denn dieser Ort ist verseucht von den Scheißviechern. Wie’s aussieht, habe ich meinen Turm ausgerechnet neben einer Schlangengrube gebaut.«
Eines der kleinen Skelette auf der Tischplatte fiel um, stand dann ruckartig wieder auf, den Schwanz nach hinten gereckt, den Oberkörper in beinahe waagrechter Haltung.
»Einer meiner geisterhaften Begleiter hat gerade von dieser Kreatur Besitz ergriffen«, sagte Apsalar.
Ein zweites Skelett setzte sich langsam und unbeholfen in Bewegung.
»Bei den Göttern hienieden«, flüsterte Urko. »Sieh nur, wie sie stehen! Natürlich! So muss es sein. Natürlich!« Er starrte zu dem gewaltigen versteinerten Skelett hoch. »Das ist ganz falsch! Sie beugen sich nach vorn – um das Gleichgewicht zu halten!«
Telorast und Rinnsel lernten schnell, mit ihren neuen Körpern umzugehen; sie schnappten mit den Kiefern und hüpften auf der Tischplatte herum.
»Ich fürchte, sie werden die Skelette nicht wieder hergeben wollen«, sagte Apsalar.
»Sie können sie haben – als Belohnung für diese Offenbarung!« Er machte eine Pause, schaute sich um und murmelte: »Ich werde eine Wand einreißen müssen …«
Apsalar seufzte. »Ich schätze, wir sollten erleichtert darüber sein, dass sich keine der beiden für den Großen da entschieden hat.«
Urko starrte sie aus leicht geweiteten Augen an und gab ein undefinierbares Geräusch von sich. »Trink deinen Tee – er wird giftiger, wenn er abkühlt.«
Sie schlürfte. Und spürte, wie ihre Lippen und ihre Zunge schlagartig taub wurden.
Urko lächelte. »Perfekt. Auf diese Weise bleibt die Unterhaltung kurz, und du kannst dich umso schneller wieder auf den Weg machen.«
»Bafdad.«
»Es hört wieder auf.« Er entdeckte einen Hocker und setzte sich ihr gegenüber. »Du bist Tanzers Tochter. Du musst seine Tochter sein, auch wenn ich in deinem Gesicht keine Ähnlichkeit erkennen kann – deine Mutter muss sehr schön gewesen sein. Die Ähnlichkeit liegt in deinem Gang, und wie du dastehst. Du bist seine Tochter, und er war so selbstsüchtig, seinem eigenen Kind die Kunst des Tötens beizubringen. Ich kann sehen, wie dich das quält. Man kann es in deinen Augen lesen. Dein Erbe verfolgt dich – du fühlst dich gefangen, in der Falle. Und an deinen Händen klebt bereits Blut, nicht wahr? Ist er stolz darauf?« Er verzog das Gesicht, spuckte aus. »Ich hätte ihn damals wirklich ertränken sollen. Und wenn ich betrunken gewesen wäre, hätte ich es auch getan.«
»Du haft unwecht.«
»Unwecht? Unrecht meinst du? Habe ich tatsächlich unrecht?«
Sie nickte, kämpfte gegen ihre Wut darüber an, dass er sie hereingelegt hatte. Sie war hergekommen, um mit ihm zu sprechen, und er hatte ihr die Fähigkeit genommen, Worte zu bilden. »Nnichd Dochda. Beweffen.«
Er runzelte die Stirn.
Apsalar deutete auf die beiden Reptilienskelette, die jetzt auf dem von Steinen und Steinchen übersäten Fußboden herumhuschten. »Fie find beweffen.«
»Besessen. Du warst besessen? Von ihm? Der Gott hat von dir Besitz ergriffen? Der Vermummte soll ihm die Eier abreißen und sie ganz langsam kauen!« Urko stand auf, die Hände zu Fäusten geballt. »Halte durch, Mädchen. Ich habe ein Gegenmittel gegen das Gegenmittel.« Er fand einen staubigen Becher, rieb so lange an ihm, bis ein Stückchen des glasierten rötlichen Tons sichtbar wurde. »Der hier ist es, ja.« Er fand einen weiteren Becher und goss ihn voll. »Trink.«
Es war widerlich süß, und im Nachgeschmack bitter und
Weitere Kostenlose Bücher