SdG 11 - Die Kochenjäger
Ziel, die Nacht so weit wie möglich von sich wegzuschieben – gut geölt natürlich, was wiederum zu einer überlangen und hoffentlich ganz und gar glückseligen Zeitspanne der Bewusstlosigkeit in einer der läuseverseuchten Rattenfallen über der Schenke führen würde.
Es würde leicht sein, dachte er, als er sich duckend durch den Eingang trat, gleich dahinter stehen blieb und in die Düsternis blinzelte, sich Geschrei als ein einziges Wesen vorzustellen, eines, das zahllose Münder besaß, und den Lärm als so bedeutungslos wie das Dahinrauschen des braunen Wassers in einem Abflussrohr zu betrachten. Doch Banaschar war zu einer neuen Einschätzung der Phantastereien der Laute gekommen, die aus menschlichen Kehlen drangen. Die meisten sprachen, um sich vom Denken abzuhalten, doch andere sprachen, als würfen sie Rettungsleinen aus, noch während sie in einer wie auch immer gearteten verzweifelten Erkenntnis ertranken, zu der sie gekommen waren – vielleicht während einer unwillkommenen Pause, erfüllt vom Entsetzen der Stille. Ein paar andere passten in keine der beiden Gruppen. Das waren diejenigen, die das Geschrei, das sie umgab, als Barriere benutzten, in deren Mitte sie sich einen Platz schufen, an dem sie sich verstecken konnten, wo sie stumm und gleichgültig die äußere Welt abwehrten.
Öfter als nicht pickte sich Banaschar – der einst ein Priester gewesen war, der sich in den Singsang Gebete herunterleiernder Stimmen versenkt hatte – genau solche Stammgäste heraus, um das zweifelhafte Vergnügen ihrer Gesellschaft zu genießen.
Durch den Schleier aus Durhang- und Rostlaubrauch, die beißenden schwarzen Schwaden, die von den Lampendochten aufstiegen, und etwas, das vielleicht Nebel war, der sich dicht unter der Decke gesammelt hatte, sah er in einer Nische an der hinteren Wand eine vertraute Gestalt kauern. Vertraut in dem Sinne, dass Banaschar schon häufig einen Tisch mit dem Mann geteilt hatte, obwohl er so gut wie nichts über ihn wusste – nicht einmal seinen Namen. Er kannte ihn nur als Fremdländer.
Und er war wirklich ein Fremder, der malazanisch mit einem Akzent sprach, den Banaschar nicht einordnen konnte – was an sich merkwürdig war, da der ehemalige Priester weit herumgekommen war, von Korel bis Seft und Mare im Süden; von Nathilog bis Callous in Genabackis im Osten; und im Norden von Fakir bis Aren und Yath Alban. Und auf diesen Reisen hatte er andere Reisende getroffen, die aus Orten kamen, die Banaschar noch nicht einmal auf einer der Landkarten im Tempel finden konnte. Nemil, Verende, Shal-Morzinn, Elingarth, Pein, Jacuruku und Stratem.
Doch dieser Mann, auf den er nun zuhielt, indem er sich durch die nachmittägliche Menge der Seeleute und die Schar in Malaz lebender Veteranen wand und schob, dieser Mann hatte einen Akzent, der anders war als alle, die Banaschar jemals gehört hatte.
Doch die Wahrheit war niemals so interessant wie das Geheimnis, das ihrer Enthüllung vorausging, und Banaschar war dahin gekommen, seine eigene Unwissenheit zu schätzen. Schließlich wusste er in anderer Hinsicht viel zu viel – und was hatte ihm das gebracht?
Während er dem großen Fremden gegenüber auf die schmierige Bank glitt, öffnete er die Schließe seines zerlumpten Umhangs und schüttelte ihn ab – einst, vor langer Zeit, wie es nun schien, hätte ein solcher Mangel an Nachdenken über die hässlichen Falten, die daraus resultieren würden, ihn entsetzt –, aber seither hatte er oft genug in seinem Umhang geschlafen, bewusstlos auf einem mit den Resten von Erbrochenem bedeckten Fußboden und zweimal auch auf den Pflastersteinen einer Gasse; korrektes Betragen war leider längst keine moralische Notwendigkeit mehr.
Jetzt lehnte er sich zurück, der grobe Stoff bauschte sich hinter ihm, als eine der Schankdirnen mit einem Krug voll von Schaffs eigenem Schmarotzergesöff ankam, einem dünnen, gashaltigen Bier, das seinen Namen auf angemessen wörtliche Weise erworben hatte. Was das mittlerweile übliche Gehabe rechtfertigte, mit einem Auge kurz in das messingfarbene Gebräu zu blinzeln, bevor man den ersten Schluck trank.
Fremdländer hatte einmal aufgeblickt, als Banaschar an den lisch gekommen war, und die Geste mit einem sardonischen halben Lächeln unterstrichen, bevor er seine Aufmerksamkeit wieder dem mit Wein gefüllten Becher aus gebranntem Ton in seinen Händen zugewandt hatte.
»Oh, die jakatakanischen Trauben sind alle sehr gut«, sagte der ehemalige Priester,
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