SdG 11 - Die Kochenjäger
Angst!«
Mappo hatte keine Ahnung, wer diese »sie« war, und er hatte auch nicht die Kraft zu fragen. Anfangs hatte er geglaubt, der Hohepriester hätte von Bosheit gesprochen, aber nein, es wurde immer offensichtlicher, dass die Macht, die sich über dem Bug des Schiffs manifestierte, ganz anders als die von Bosheit war. Kein Drachengestank, keine kalte Brutalität. Die Seufzer des Windes, die den Trell erreichten, waren warm, trocken, und sie rochen nach Weideland.
Die Unterhaltung hatte in der Morgendämmerung begonnen, und jetzt stand die Sonne senkrecht über ihren Köpfen. Offenbar gab es allerhand zu besprechen.
Mappo sah zwei Spinnen an seinen in Mokassins steckenden Füßen vorbeihuschen. Du verdammte Hexe, ich kann mir nicht vorstellen, dass du irgendjemanden täuschen kannst.
Gab es da eine Verbindung? Hier, auf diesem namenlosen Schiff, befanden sich zwei Schamanen aus Dal Hon, einem Land mit gelbem Gras, Akazien, gewaltigen Herden und großen Katzen – und nun dieser … Besuch von einer Macht, die über fremde Meere schritt.
»Er ist empört, ja«, hatte Iskaral Pustl gesagt. »Und doch – spürst du sein Widerstreben? Oh, er windet sich, aber er weiß auch, dass sie, die sich entscheidet, an einem Ort und nicht an vielen zu sein, dass sie ihm mehr als gewachsen ist. Wagt er es, den Blick darauf zu richten? Er will diesen dummen Krieg noch nicht einmal, hah! Aber – oh, es ist genau diese Zwiespältigkeit, die seinen Anhängern die Freiheit gibt, zu tun, was ihnen beliebt!«
Ein wütender Schrei – der Hohepriester des Schattens war von seinem Maultier gefallen. Das Tier schrie, tänzelte weg und drehte sich, so dass es auf den um sich schlagenden alten Mann hinunterstarren konnte. Es schrie noch einmal, und Mappo bildete sich ein, in dem Schrei ein Lachen mitschwingen zu hören.
Iskaral Pustl hörte auf, sich zu bewegen, hob dann den Kopf. »Sie ist fort.«
Der Wind, der sie die ganze Zeit auf ihrem Kurs gleichmäßig und rasch vorangetrieben hatte, wurde unstet.
Mappo sah, wie Bosheit die Stufen vom Vorderkastell herabgeschritten kam. Sie sah müde aus – und irgendwie bestürzt.
»Nun?«, fragte Iskaral Pustl.
Bosheit senkte den Blick, um den Hohepriester anzusehen, der immer noch auf dem Deck lag. »Sie muss uns für einige Zeit verlassen. Ich habe versucht, sie davon abzubringen, aber ich habe es leider nicht geschafft. Das bringt uns … in Gefahr.«
»Durch wen?«, fragte Mappo.
Sie blickte ihn an. »Nun, etwa durch die Launen der Natur, Trell. Die sich manchmal als beunruhigend und höchst zufällig erweisen können.« Sie richtete ihre Aufmerksamkeit wieder auf Iskaral Pustl. »Hohepriester, bringt bitte Eure Bhok’arala einigermaßen unter Kontrolle. Sie hören nicht damit auf, Knoten zu lösen, die festgezurrt sein sollten, ganz zu schweigen davon, dass sie überall diese hässlichen Opfergaben an Euch fallen lassen, so dass man drauftritt.«
»Sie unter Kontrolle bringen?«, fragte Iskaral Pustl, während er sich mit einem bestürzten Gesichtsausdruck aufsetzte. »Aber sie bemannen dieses Schiff!«
»Seid kein Idiot«, sagte Bosheit. »Dieses Schiff ist von Geistern bemannt. Geistern von Tiste Andii, genauer gesagt. Gewiss, es war erheiternd, etwas anderes zu denken, aber allmählich werden Eure kleinhirnigen Verehrer lästig.«
»Lästig? Ihr habt ja keine Ahnung, Bosheit! Hah!« Er neigte den Kopf. »Ja, lass sie ein Weilchen darüber nachdenken. Diese winzige Falte, die ihre Stirn kräuselt, ist so liebenswert. Mehr als das, gib’s zu, sie erweckt Lust – o ja, ich bin nicht so verschrumpelt, wie sie zweifellos glauben, und mich durch diese Gedanken gezwungenermaßen beinahe überzeugten! Außerdem will sie mich. Ich weiß es. Ich hatte schließlich eine Frau, oder? Anders als Mappo dort drüben, mit seinen tierischen, zweifellos knospenden Zügen – nein, er hat keine! Ja wirklich, bin ich nicht erfahren? Bin ich nicht zu köstlicher, verführerischer Finesse fähig? Werde ich nicht von meinem idiotischen, sich unaufhörlich verschätzenden Gott begünstigt?«
Kopfschüttelnd ging Bosheit an ihm vorbei und blieb vor Mappo stehen. »Ich wollte, ich könnte dich davon überzeugen, wie notwendig es ist, Geduld und Vertrauen zu haben, Trell. Wir sind über eine höchst außergewöhnliche Verbündete gestolpert.«
Verbündete. Am Ende lassen sie dich immer im Stich. Beweggründe prallen aufeinander, gefolgt von entzweiender Gewalt, und der Freund verrät den
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