SdG 11 - Die Kochenjäger
die Straße entlanggehen. Sie stapfte den staubigen, steinigen Hang hinunter und war kaum noch fünfzehn Schritte von den Marschierenden entfernt, als sie endlich von jemandem bemerkt wurde. Der Augenblick hatte etwas Seltsames, als die Überlebenden sich gegenüberstanden und in ihren Blicken sich sowohl Erkennen als auch Ungläubigkeit spiegelten. Und dann Hinnahme, das Gefühl, ein ähnliches Schicksal geteilt zu haben, und darunter ein unaussprechlicher Kummer. Es wurden nur wenige Worte gewechselt.
Als sie sich zu den marschierenden Soldaten gesellte, fand Lostara Yil sich an der Seite von Hauptmann Faradan Sort, die ihr etwas von den Nachwehen der Belagerung von Y’Ghatan erzählte. »Eure Faust, Tene Baralta, hat an der Schwelle des Todes geschwebt – wenn nicht des körperlichen Todes, dann des geistigen. Er hat einen Arm verloren – er war so verbrannt, dass er nicht mehr zu retten war –, und er hat noch mehr … Schaden genommen … im Gesicht. Ich glaube, er war ein eitler Mann.«
Lostara gab ein unbestimmtes Geräusch von sich. »Sein verdammter Bart – immer dick eingeölt.« Sie dachte einige Zeit lang über Tene Baralta nach. Sie hatte ihn nie sonderlich gemocht. Er war mehr als eitel. Vielleicht, um die Wahrheit zu sagen, sogar so etwas wie ein Feigling – all seiner Kampfeslust und seinem Auftreten zum Trotz. Sie erinnerte sich an die Ermordung der älteren Sha’ik und den darauffolgenden Rückzug. Damals war Baralta ihr Kommandant gewesen – und hatte begierig jeden Erfolg für sich beansprucht, während er vom Pfad der Katastrophe weggetänzelt war. Der Mann hatte eine sadistische Ader gehabt, und Lostara fürchtete, dass die nun aufblühen würde, denn Tene Baralta würde nach Möglichkeiten suchen, all das zu nähren, was in ihm verwundet war. »Warum hat die Armee euch alle zurückgelassen?«
Faradan Sort zuckte die Schultern. »Sie haben angenommen, dass niemand von denen, die in der Stadt in der Falle gesessen haben, den Feuersturm überlebt haben könnte.« Sie machte eine Pause und fügte dann hinzu: »Es war eine berechtigte Vermutung. Nur Sünd wusste, dass es nicht so war, und irgendetwas hat mir gesagt, dass ich dem Mädchen vertrauen sollte. Und deshalb haben wir weitergesucht.«
»Sie tragen alle nur noch Lumpen … und sie sind unbewaffnet.«
»Stimmt. Und deshalb müssen wir uns so schnell wie möglich wieder der Armee anschließen.«
»Kann Sünd auf magische Weise mit der Vierzehnten Kontakt aufnehmen? Oder der Schnelle Ben?«
»Ich habe sie noch nicht gefragt. Ich weiß nicht, inwieweit ihre Fähigkeit noch ungeformte Begabung ist – solche Kreaturen gibt es gelegentlich, und wenn sie nicht ausgebildet werden, wenn sie nie Lehrling waren, nie Disziplin gelernt haben, ist es gut möglich, dass sie zu Avataren des Chaos werden. Sie haben Macht, ja, aber sie ist ungerichtet … wild. Doch auch so war sie im Stande, die Flammenmauer zu bekämpfen und Faust Kenebs Kompanien zu retten … nun, zumindest ein paar von ihnen.«
Lostara warf erst Hauptmann Sort einen langen Blick zu, dann den Soldaten, die hinter ihnen her trotteten. »Ihr seid eine Korelri?«
»Ja.«
»Und habt am Wall gestanden?«
Ein ganz kurzes, knappes Lächeln, das sofort wieder verschwunden war. »Es ist niemandem gestattet, diesen Dienst zu verlassen.«
»Es heißt, dass die Sturmreiter bei ihren immerwährenden Angriffen gegen den Wall schreckliche Zauberei einsetzen.«
»Jede Art von Zauberei ist schrecklich – wahllos zu töten, oft noch aus großer Entfernung … es gibt nichts, was mehr Schäden bei einem Sterblichen anrichtet, der über eine solche Macht gebietet, sei er nun ein Mensch oder etwas anderes.«
»Ist es besser, dem Gegner ins Auge zu sehen, wenn man ihn tötet?«
»Zumindest«, erwiderte Faradan, »hat man ihm dann die Möglichkeit gegeben, sich zu verteidigen. Und am Ende entscheidet Oponn, in welchem Augenpaar das Licht erlischt.«
»Oponn … Ich dachte, es wären die Fähigkeiten.«
»Ihr seid immer noch sehr jung, Hauptmann Lostara Yil.«
»Bin ich das?«
Faradan Sort lächelte. »Jede Schlacht, in die ich gerate, lässt mein Vertrauen in die Fähigkeiten geringer werden. Nein, es ist immer der Stoß des Lords oder der Zug der Lady … jedes Mal.«
Lostara sagte nichts. Sie konnte dieser Einschätzung nicht zustimmen, nicht einmal, wenn sie die Gereiztheit außer Acht ließ, die die herablassende Art der anderen Frau in ihr weckte. Ein kluger, fähiger Soldat
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