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SdG 12 - Der Goldene Herrscher

SdG 12 - Der Goldene Herrscher

Titel: SdG 12 - Der Goldene Herrscher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Erikson
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hieß das Gewirr, das weder ein neues noch ein älteres war, Festal’rythan, die Schichten der Toten. Die entsprechenden Beweise hatte sie gefunden, als sie eine gewundene Schlucht durchquert hatte, deren raue Wände unzählige Schichten offenbarten, die die Wahrheit über die Auslöschung bekundeten. Denn in den Sedimenten von Festal’rythan war jede Art gefangen, die jemals existiert hatte - aber nicht auf die gleiche Weise wie bei ähnlichen geologischen Formationen, die auf allen Welten gefunden werden können; nein, in der Sphäre des Vermummten bestanden die Seelenfunken fort, und was sie zu Gesicht bekam, war ihr »Leben«, hier verwaist, zur Unbeweglichkeit zermalmt. Der Stein selbst war, um das besondere Oxymoron zu gebrauchen, das die Sprache des Todes heimsuchte, am Leben.
    In der aufgewühlten Erde, die den leblosen Azath von Letheras umgab, waren viele jener seit langem ausgelöschten Kreaturen durch das Tor zurückgekrochen, heimtückisch wie irgendein beliebiges Ungeziefer. Zugegeben, es war kein Tor im eigentlichen Sinn, es waren nur … Risse, Spalten - als hätte ein schrecklicher Dämon von beiden Seiten aus zugeschlagen und mit Krallen so groß wie Zweihandschwertern das Gewebe zwischen den Gewirren zerrissen. Hier hatten Kämpfe stattgefunden, das Blut von Aufgestiegenen war vergossen, unhaltbare Schwüre waren ausgesprochen worden. Sie konnte noch immer den Tod derTarthenal-Götter riechen, konnte ihr empörtes, ungläubiges Geschrei beinahe hören, als erst einer fiel, dann noch einer, und noch einer … bis alle dahin waren, ausgeliefert an Festal’rythan. Sie hatte kein Mitleid mit ihnen. Es war allzu leicht, arrogant zu sein, wenn man in dieser Welt eintraf, und zu glauben, dass niemand eine entfesselte uralte Macht herausfordern könnte.
    Sie hatte schon vor langer Zeit einen Haufen Wahrheiten im unaufhaltsamen Voranschreiten der Zeit entdeckt. Was rau war, wurde verfeinert, und jede Verfeinerung ließ Macht noch tödlicher werden. All das, was einfach war, würde zu gegebener Zeit und unter ausreichend Druck - und wenn die zufällige Gelegenheit sich als gütig und nicht böswillig erwies - eine größere Komplexität erlangen. Und doch wurde an irgendeinem Punkt eine Schwelle überschritten, und die Komplexität brach in sich zusammen und zerfiel. Was das anging, war nichts im Voraus festgelegt. Bei manchen Formen vollzogen sich Aufstieg und Fall mit erstaunlicher Geschwindigkeit, während andere über außergewöhnlich lange Zeiträume hinweg scheinbar unverändert bestehen bleiben konnten.
    Und daher glaubte sie, dass sie mehr verstand als die meisten, und stellte fest, dass sie mit diesem Wissen nicht allzu viel anfangen konnte. Sie stand auf dem überwucherten, mitgenommenen Hof, die kalten, unmenschlichen Augen unverwandt auf den missgestalteten Mann gerichtet, der am Rand des größten aufgerissenen Hügelgrabs kauerte, und konnte durch seine äußere Erscheinung hindurch das Chaos in seinem Innern erkennen, konnte sehen, wie es in dem komplizierten Gefüge aus Fleisch, Blut und Knochen zur Auflösung drängte. Schmerz strömte von seinem buckligen, verdrehten Rücken aus, während sie ihn weiter betrachtete.
    Er war sich ihrer Anwesenheit bewusst geworden; in seinem Innern flüsterte Furcht, und die magische Macht des Verkrüppelten Gottes baute sich auf. Aber er war sich nicht sicher, ob sie eine Bedrohung darstellte. In der Zwischenzeit stieg und sank sein Ehrgeiz wie schäumende Meereswogen, die sich an der Insel seiner Seele brachen.
    Sie kam zu dem Schluss, dass sie den hier gebrauchen könnte.
    »Ich bin Hannan Mosag«, sagte der Mann, ohne sich umzudrehen. »Du … du bist eine Wechselgängerin. Die grausamste der Schwestern, verhasst im Pantheon der Edur. Dein Herz ist Verrat. Ich grüße dich, Sukul Ankhadu.«
    Sie trat näher. »Verrat gehört zu derjenigen, die da unten begraben ist, Hannan Mosag. Zu der Schwester, die ihr einst angebetet habt. Ich frage mich, wie stark das euer Schicksal geformt hat, Edur? Ist dein Volk in letzter Zeit von irgendeiner Art von Verrat heimgesucht worden? Oh, ich habe gesehen, dass du zusammengezuckt bist. Nun, dann sollte keiner von uns beiden überrascht sein.«
    »Du arbeitest daran, sie zu befreien.«
    »Ich bin mit Sheltatha Lore immer besser ausgekommen als mit Menandore … auch wenn das dieses Mal vielleicht nicht der Fall sein wird. Die Begrabene hat ihre … fixen Ideen.«
    Der Tiste Edur schnaubte. »Haben wir das nicht

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