SEAL Team 12: Bittere Vergangenheit (German Edition)
ist Halloween«, bemerkte sie. »Da muss ich Süßigkeiten verteilen.«
»Was, bedroht Sie jemand mit einer Waffe und zwingt Sie dazu?«, gab er lachend zurück.
»Nein, aber ich finde es toll, mir all die Kinder in ihren Kostümen anzusehen.«
»Oh, verstehe.«
»Warum kommen Sie nicht hierher?«, schlug sie vor.
»Hm …«, zögerte er, und sie freute sich schon, doch gleich darauf machte er ihre Hoffnungen zunichte. »Geht nicht, dann müsste ich Freunde von mir stehen lassen«, erklärte er. »Die würden mir den Kopf abreißen.«
»Verstehe.«
»Aber wie wär’s an einem anderen Tag diese Woche? Vielleicht Freitag?«
»Freitag ist perfekt.« Sie gab sich Mühe, nicht zu begeistert zu klingen.
»Gut. Wahrscheinlich sehen wir uns ja vorher noch im Krankenhaus. Dann reden wir noch mal.«
»Klar. Danke für den Anruf.«
In den folgenden vierzig Minuten kamen sämtliche Nachbarskinder vorbei und beanspruchten Pennys ganze Aufmerksamkeit, die sie ihnen gern schenkte. Sie verteilte Süßigkeiten an einen Dracula, zwei als Batman verkleidete Jungen, eine Cheerleaderin, als Crayola Crayons kostümierte Zwillinge, einen Shrek und einen sechsjährigen Feuerwehrmann.
Gegen acht ließ der Strom der kleineren Kinder nach. Es folgte eine ausgesprochene Flaute. Penny sah nach ihrem Brot und befand, dass es noch zwanzig Minuten brauchte. Erneut läutete es, und sie ging die Tür aufmachen.
Ihr gefror das Lächeln. Anstelle eines Kinds, das um »Süßes oder Saures« bat, blickte sie ins Gesicht ihrer Vogelscheuche. Jemand hatte sie vor ihre Haustür geschoben.
»Okay«, sagte Penny, stellte die Süßigkeiten weg und trat vor die Tür. In der Annahme, dass ihr ein paar Teenager einen Streich spielen wollten, ließ sie suchend den Blick über das Gebüsch rund um ihr Haus schweifen, doch der Nebel sorgte für allerbeste Tarnung.
Also hob sie den Stuhl hoch und trug die Vogelscheuche an ihren ursprünglichen Platz zurück. Da nahm sie am Rand ihres Blickfelds eine Bewegung wahr und wirbelte erschrocken herum. Ein ganz in Schwarz gekleideter Mann mit einer grünen Koboldmaske sprang auf die Veranda. Das Herz schlug ihr bis zum Hals, als er ihre Arme packte und sie überwältigte. Er zerrte sie ins Haus und schlug die Tür hinter sich zu.
Sie konnte nicht fassen, was gerade geschah. Eben hatte sie noch geglaubt, einen Streich gespielt zu bekommen, und nun rang sie mit einem Unbekannten, dessen Atem rasselnd durch die Schlitze der Gummimaske drang.
Joe hoffte, die nicht enden wollende Flut von Kindern sei endlich abgeebbt, doch da klingelte es erneut. Mit einem widerwilligen Brummen ging er zur Tür. Er hatte wieder Rückenschmerzen, seine Behandlung heute war offenbar nicht lang genug gewesen.
»Oh mein Gott«, sagte eins der Milchgesichter gerade zum anderen. »Vor dem hab ich mich total erschreckt!«
»Meinst du, das war ein Freund von Penny?«
»Glaub ich nicht. Der will sie bestimmt auch erschrecken.«
»Vom wem redet ihr?«, wollte Joe wissen, der sich eine Schale mit Schokoriegeln unter den Arm geklemmt hatte.
»Da hatte sich ein als Kobold verkleideter Mann im Gebüsch versteckt«, antwortete einer der Jungen. Er selbst trug ein Kleid. »Der hat uns echt Angst eingejagt.«
Joe war sofort alarmiert. »Wo? Nebenan?«
»Ja.« Der Junge zeigte auf die Stelle. »Da drüben.«
»Hier.« Joe drückte den Kindern die Schokolade in die Hände und schob sich an ihnen vorbei. Durch den kniehohen Nebel lief er zu Pennys Haus. Seine Sorge war vermutlich unbegründet – gut möglich, dass es sich nur um einen zu Schabernack aufgelegten Nachbarn handelte. Aber solange Eric noch frei herumlief, wollte Joe es nicht drauf ankommen lassen.
Das Verandalicht brannte und die Haustür war geschlossen. Weit und breit kein Kobold in Sicht.
Doch als er vor der Tür stand, sah er durch das gewölbte Glas, dass Penny Gesellschaft hatte. Eine große, dunkle Gestalt schüttelte sie.
Joe hämmerte gegen die Tür.
Eine grüne Koboldfratze drehte sich ruckartig in seine Richtung. Dann fuhr der Unbekannte herum und verschwand im hinteren Teil des Hauses.
Joe nahm das als Einladung, sich ihm an die Fersen zu heften. Er stieß die unverschlossene Haustür auf, lief an der fassungslosen Penny vorbei und nahm die Verfolgung auf.
Doch der Mann war bereits zur Hintertür hinaus. Die Verandatür, die Joe neulich Abend noch überprüft hatte, stand offen. Er schoss hinaus in den Garten, folgte dem Geräusch eiliger Schritte und hetzte
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