SEAL Team 12: Bittere Vergangenheit (German Edition)
einmal Pennys Nummer. Wieder erreichte er nur die Mailbox.
Dabei schaltete sie ihr Handy nach Dienstschluss immer sofort ein.
Joe schob den Antrag weg, schnappte sich seine Autoschlüssel und verließ das Büro.
Als er durchs Vorzimmer marschierte, schaute Veronica ihn neugierig an. »Ein Notfall«, erklärte er ihr. »Sagen Sie dem XO und dem Senior Chief, dass ich dringend weg musste.«
»Ist etwas nicht in Ordnung?«, rief sie ihm nach.
Manche Fragen verdienten keine Antwort, und diese gehörte dazu. Von Zweifeln und Befürchtungen geplagt, rauschte er aus dem Büro.
»Da soll mich doch …«, staunte Hannah, wandte den Blick vom Monitor ab und sah in Rafes leuchtende Augen. »Der Anrufer hat recht.«
Um vier Uhr Nachmittags war ein Hinweis von einem Offizier im Kommandozentrum der US -Streitkräfte beim FBI eingegangen, der behauptet hatte, zu wissen, was die vier Rizin-Opfer verband. Alle waren sie Gegenstand einer Untersuchung des CENTCOM im Zusammenhang mit dem Beschuss durch eigene Truppen gewesen. Rafe und Hannah hatten gerade mal zwei Stunden gebraucht, um den Hinweis zu verifizieren.
Rafe strich sich übers Kinn, während Hannah wartete und sich bemühte, eine solche Engelsgeduld aufzubringen wie er. »Damit haben wir womöglich unser Motiv«, deutete Rafe vorsichtig an.
Hannah versuchte, seinen Gedanken zu folgen. »Zum Beispiel weil … irgendwer die vier Männer für schuldig hielt, obwohl drei von ihnen von dem Vorwurf der Fahrlässigkeit freigesprochen wurden?«
»Exakt.«
»Also, dann suchen wir jemanden beim Central Command, der vielleicht der Meinung war, diese vier Offiziere seien zu glimpflich davongekommen.«
»Könnte sein«, räumte Rafe ein. »Das ist eine Frage der Verantwortlichkeit. Wenn unser Mann glaubt, dass Befehlshaber für Fehlentscheidungen auf dem Schlachtfeld verantwortlich gemacht werden sollten, haben wir ein Motiv. In dem Fall gehört der Mörder womöglich selbst dem Militär an. Es müsste jemand sein, der Einblick in die Ermittlungen und die Untersuchungsergebnisse hatte.«
»Ein Insider«, stimmte Hannah ihm zu, die ihre Aufregung zu verbergen versuchte. »Aber um einen Mord zu begehen, müsste er irgendwie persönlich involviert sein.«
»Vielleicht ist es ein Veteran, der ein Opfer fahrlässiger Führung wurde«, schlug Rafe vor.
»Oder der eine ihm nahestehende Person bei Beschuss durch eigene Truppen verloren hat.«
»Ah«, sagte Rafe und wedelte mit dem Zeigefinger. »Wenn das der Fall ist, hat er sich wahrscheinlich zunächst mal über die Sache geäußert, bevor er sich entschloss, Rache zu nehmen. Sein Protest müsste vor dem ersten Mord Gegenstand der Nachrichten gewesen sein.«
Hannah wollte gerade eine Anfrage an die Analysten stellen, als das Telefon klingelte. Wenn sie Überstunden machte, ließ sie Anrufer normalerweise auf die Mailbox sprechen, doch aus einem Gefühl heraus, hob sie diesmal ab. »Special Agent Lindstrom.«
»Joe Montgomery hier«, meldete sich eine grimmige Männerstimme. Während sie sich Luthers Commander vorstellte, wich alles Blut aus ihrem Gesicht. Wenn etwas mit Luther war …
»Penny Price ist verschwunden.«
Penny, nicht Luther. »Wo – wo wurde sie denn zuletzt gesehen?«, stotterte Hannah. Sie fühlte sich schuldig, weil sie so erleichtert war.
»Vor einer Stunde im Krankenhaus, als sie ihr Büro verließ. Sie hat versucht, mich von ihrem Handy aus anzurufen. Ich konnte ein Schleifen hören und eine Männerstimme.«
»Wo sind Sie?«
»Ich stehe im Parkhaus vom Krankenhaus neben ihrem Wagen.« Er machte schnelle, knappe Angaben.
»Wir sind gleich bei Ihnen«, versprach Hannah, die seine Verzweiflung spürte.
Während sie auflegte, stand Rafe bereits wortlos auf und griff nach seinem Mantel.
18
Penny erwachte in einem Raum, der so kalt war wie ein Grab, und auch nicht viel behaglicher. Dem Modergeruch nach zu urteilen, handelte es sich um einen Keller, doch mit Sicherheit konnte sie es nicht sagen, denn ihre Augen waren verbunden. Ruckartig setzte sie sich auf, hörte ein Eisenbett quietschen und spürte unter sich eine dünne Matratze. Als sie einen kupferartigen Geschmack wahrnahm, fiel ihr das Chloroform wieder ein.
Mit der im Genick fest verknoteten Augenbinde konnte sie nicht den kleinsten Hinweis auf Tageslicht ausmachen. Sie bekam Panikschübe, weil ihr die Hände hinter dem Rücken gefesselt waren. Als sie sich zu befreien versuchte, wurden die Attacken nur schlimmer.
Noch dazu musste sie mal.
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