SEAL Team 12: Gefährliche Suche (German Edition)
die Sonne hineinzulassen, ließ er die Vorhänge immer offen, und da er in einer Penthousewohnung über dem Elizabeth River wohnte, schien sie recht früh ins Zimmer. Der Sonnenaufgang erinnerte ihn daran, dass das Leben weiterging, ob es ihm gefiel oder nicht.
Als er die Augen aufmachte und auf die in Rot getauchte Wand blickte, war sein erster Gedanke:
Heute kommen Jillians Pferde
.
Ihr Sohn Graham und dessen Kumpel Cameron würden ihr dabei helfen, die Pferde aus dem Anhänger zu laden, sie in ihre neuen Ställe bringen, sie abbürsten und sie vorsichtig an die neue Umgebung heranführen.
Aber was, wenn eins der Tiere scheute? Bei der Vorstellung, wie Jillian ein Pferd zu bändigen versuchte, das sich auf die Hinterbeine stellen wollte, sog Rafe besorgt die Luft ein. Dabei könnte sie sich schlimm verletzen, von dem Kind in ihrem Bauch ganz zu schweigen.
Der Gedanke trieb ihn aus dem Bett und ins Bad, wo ihm Jillian auch unter der heißen Dusche nicht aus dem Kopf ging.
Selbst als er sich glatt rasierte, bedrückte ihn die Sorge um sie. Er überlegte, was es im Büro zu tun gab und ob die Arbeit dort dringend zu erledigen war.
Mit einem Handtuch um die Hüften ging er in seinen begehbaren Kleiderschrank und musterte die sauber auf der Kleiderstange hängenden Anzüge, manche steckten noch in den Plastikhüllen von der Reinigung. Er griff nach dem hellgrauen Zweiteiler von Christian Dior, den er immer freitags trug, berührte das Seide-Leinen-Gewebe und ließ los. Nein, heute konnte er unmöglich arbeiten gehen.
Jillian brauchte ihn. Deshalb brauchte er zwar nicht sein ganzes Leben auf den Kopf zu stellen, doch Jeans und ein Paar Arbeitsschuhe musste er schon auftreiben.
Er trat an die Schubladen im hinteren Teil des Schranks zu, wühlte darin und zog eine weiche Jeans von Abercrombie & Fitch heraus, die er erst einmal getragen hatte. Im Schuhregal stieß er auf ein Paar weiche, ausgelatschte Collegeschuhe, die er nur noch besaß, weil er sie als Hausschuhe anziehen wollte.
Da er nur solche T-Shirts besaß, die er unter seinen Hemden trug, entschied er sich für das königsblaue Poloshirt, das ihm seine Schwester vor zwei Jahren zu Weihnachten geschenkt hatte.
Als er sich im Spiegel betrachtete, erkannte er sich selbst kaum wieder. Er wirkte verwundbar und unerträglich menschlich.
Heute geht es nicht um mich
, sagte er sich, während er mit den Händen über den weichen Stoff des Polohemds und die Jeans strich,
sondern um eine Freundin
. Schnell wandte er sich ab und ging in seine kleine Küche, um den erwartungsfrohen Gesichtsausdruck nicht zu sehen, den er bei der Aussicht auf einen Tag mit Jillian bekam.
Das Sumpfgras um Solomons Hausboot glänzte in der Morgensonne und Vögel saßen zwitschernd in den Bäumen. Es lag ein kräftiger Geruch in der kühlen Luft, der Jordan an den Dschungel im Morgengrauen erinnerte, wenn sie bei Miguel, der neben ihr auf seiner Pritsche geschlafen hatte, aufgewacht war und auf ihn heruntergeblickt hatte.
Doch dann entdeckte sie den faul an Deck herumliegenden Solomon, was sie sofort wieder in die Gegenwart zurückholte. Während er sie über den Rand seines Kaffeebechers hinweg beobachtete, verkrampfte sie sich vor lauter Verachtung und Selbstvorwürfen vollkommen.
Wenn er ihr nicht so viel Geld bezahlen würde, wäre sie heute niemals wiedergekommen. Doch ihn nun zu sehen, mit seinen breiten, sonnengebräunten Schultern und dem leisen, selbstsicheren Lächeln, freute sie insgeheim, während der stolze Teil von ihr weiterhin darauf beharrte, dass sie nur wegen Silas hier war.
Als sie einen Fuß auf den Pier setzte, warf Solomon einen Blick auf seine Uhr. Wehe, er würde behaupten, sie sei zu spät. Es war erst Viertel vor acht.
»Sie sind echt scharf drauf, Geld zu verdienen, was?«, rief er stattdessen.
Sie blieb angesichts seiner Stichelei zähneknirschend stehen. »Ich habe heute Nachmittag etwas vor, deshalb muss ich hier früh anfangen.«
Bei den Worten
etwas vor
kniff er die Augen zusammen. »Silas schläft noch«, erklärte er.
»Dann werd ich ihn wecken«, sagte sie und wollte zur Gangway.
»Nehmen Sie sich erst mal einen Kaffee und kommen Sie her«, widersprach er. »Wir müssen reden.«
Erneut hielt sie inne, denn seine plumpe Art ärgerte sie maßlos. »Ich habe es Ihnen schon einmal gesagt,
Mako
, ich bin nicht einer Ihrer Soldaten. Versuchen Sie’s noch mal.«
Volle dreißig Sekunden verstrichen, ehe er kurz und bündig sagte: »Möchten Sie
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