SEAL Team 12: Gefährliche Suche (German Edition)
erinnere, haben
Sie
mir die Zunge in den Hals gesteckt«, stichelte er.
Wie erwartet schnappte sie wütend nach Luft. »Ich habe Ihnen meine Zunge nicht – oh! Sie sind so ein aufgeblasener, angeberischer Blödmann! Ich sag’s Ihnen ein für alle Mal: Wenn Sie das Hausboot nicht verlassen, während ich da bin, werde ich Silas nicht länger unterrichten!«
»Warum geben Sie nicht einfach zu, dass es Sie angemacht hat?«, zog er sie auf. Allmählich geriet er selbst in Rage.
»Angemacht?«, höhnte sie und ballte die Fäuste. Zweifellos hätte sie ihm am liebsten eine gescheuert. »Ich kann Sie ja nicht mal leiden!«, versetzte sie bissig.
Komischerweise kränkte ihn ihre Entgegnung. Er stand stumm daneben, während sie die Fahrertür ihres Wagens öffnete, den Korb hineinwarf und einstieg. Dann ließ sie den Motor an und schaute wütend zu ihm hoch. »Sie haben mir meinen Sohn weggenommen«, sagte sie mit zitternder Stimme. In ihren blauen Augen schimmerten Tränen. »Ich weiß nicht, ob ich Ihnen das verzeihen kann.«
Ihre Ehrlichkeit machte ihn sprachlos. So sah er nur zu, wie sie zurücksetzte und scharf wendete.
Als sie losfuhr, fiel sein Blick auf ihr personalisiertes Nummernschild: 4 MIGUEL , also »für Miguel«. Vor Unbehagen zog sich ihm der Magen zusammen. Wie er sich eingestehen musste, war Jordan viel schwieriger als die Frauen, auf die er es bisher abgesehen hatte. Ihre tiefe Liebe zu einem verwaisten Straßenkind faszinierte ihn. Gleichzeitig verspürte er schmerzhafte Lust. Vielleicht sollte er es aufgeben, sie für sich haben zu wollen, und vergessen, dass er ihr jemals begegnet war oder dass er sie, während sie ihm Schimpfwörter ins Ohr schrie, in einen Hubschrauber gestoßen hatte.
Er seufzte unzufrieden, wandte sich ab und trottete den Hügel hinunter zu Silas, der ihm von hoch oben in der Eiche zuwinkte und schrie: »Guck mal!«
Miguel vernahm ein Geräusch von der Straße her, das er noch nie im Leben gehört hatte, ein Grollen, bei dem die Erde unter seinen Händen und Knien bebte. Mit großen Augen schaute er von dem in den Dreck gezeichneten Kreis auf und hielt die Murmel, die er gerade hatte werfen wollen, fest in der Faust. Die hohen Mauern rings um den Kirchhof versperrten ihm allerdings die Sicht.
¿Qué es?
Raúl schüttelte den Kopf und ließ seine Murmel fallen.
»No sé«
, sagte er und sprang aufgeregt auf.
»¡Ven!«
Komm
, dachte Miguel. Das hätte Jordan gesagt.
Während er dem älteren Jungen zur Mauer folgte, wurde das Grollen lauter. Er spürte es durch seine dünnen Schuhsolen. Das Geräusch erinnerte ihn an den großen Vogel, der Jordan mitgenommen hatte.
El hélicopter
.
»
Sube el árbol
«, befahl Raúl.
Auf den Baum
.
Miguel war der beste Kletterer, doch er fürchtete sich. Also schüttelte er den Kopf.
Aber Raúl schubste ihn weiter, kommandierte ihn ungeduldig herum.
Die Angst lähmte Miguel. Trotzdem schlang er die Beine um den Bananenbaum und zog sich Stück für Stück an dem schlüpfrigen Stamm hoch. Unterdessen wurde das Grollen noch lauter. Er traute sich nicht, über den Rand der Mauer zu lugen, denn obenauf waren Glasscherben einzementiert, um böse Menschen abzuwehren.
Aber was, wenn das Brummen von Jordans Vogel kam, der sie zurückbrachte?
Miguel reckte den Hals, spähte über die glitzernden Glasstücke und riss unwillkürlich die Augen weit auf. Durch eine Staubwolke sah er riesige grüne Fahrzeuge vorbeirollen und den Platz vor der Kathedrale überqueren, in der sie sich mit dem Padre versteckten.
Erstarrt sah er ihnen nach, wie hypnotisiert von ihrem Getöse. Er wusste nicht, was ihr Kommen zu bedeuten hatte, doch sein Gefühl sagte ihm, sie würden verhindern, dass Jordan zurückkehrte.
»
¡Niños!
«, schallte der besorgte Ruf des Paters über den Hof. »Kommt jetzt rein, schnell!«, forderte er sie auf.
Miguel gehorchte. Er lockerte seinen Griff, glitt am Stamm hinab und landete mit dem Hintern auf der harten Erde. Weiter konnte er sich nicht bewegen, wollte es auch gar nicht.
Leise nach ihm rufend lief Pater Benedict zu ihm und hob ihn hoch.
In den tröstlichen Armen des Priesters barg Miguel sein Gesicht am steifen weißen Kragen des Mannes. Voller Sehnsucht erinnerte er sich an Jordans süßen, wohltuenden Duft.
Sofort wurde er wieder traurig, und Tränen traten ihm in die Augen. Was, wenn sie niemals zurückkommen würde?
Wie gewöhnlich wurde Rafe wach, als der erste Sonnenstrahl auf die Wand neben seinem Bett fiel. Um
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