Sean King 01 - Im Bruchteil der Sekunde: Roman
nach Wrightsburg.
»Was?«, fragte King.
»Dass ich Simmons in diesem Laster gesehen habe!«
»Doch, ich glaube dir. Du hast den bestimmt gesehen.«
Sie blickte ihn überrascht an. »Na ja, Parks hat mir eindeutig nicht geglaubt. Warum tust du es?«
»Weil ein Secret-Service-Agent niemals ein Gesicht vergisst.«
Sie lächelte. »Ich wusste doch, dass es mir in deiner Gesellschaft gefallen würde. Aber da ist noch etwas, Sean. Es gibt offenbar gar keine Wach- und Schließgesellschaft in Bowlington. Der Kerl, der mich im Fairmount überrumpelt hat, war demnach gar nicht echt.«
Kings Blick verriet Beunruhigung. »Es könnte der Mörder von Loretta gewesen sein, Michelle.«
»Ich weiß, das hätte ins Auge gehen können.«
»Wie sah der Mann denn aus?« Michelle beschrieb ihn, und King meinte: »Klingt nach einem Allerweltsgesicht ohne besondere Merkmale.«
»Das war vermutlich Absicht. Also wieder eine Sackgasse? Das kommt mir in diesem Fall langsam wie ein ständig wiederkehrendes Thema vor.«
Am späten Vormittag bogen sie in die Zufahrt zu Kings Haus ein. Seine Miene verdüsterte sich, als sie oben auf dem Hügel ankamen.
»Au, verdammt!«, rief er bei dem Anblick, der sich ihm bot. Vor dem Haus lief eine sichtlich verärgerte Frau auf und ab. Es war Joan Dillinger.
Auch Michelle hatte sie inzwischen erkannt. »Unsere hoch geschätzte Ms Dillinger macht keinen sehr glücklichen Eindruck auf mich.«
»Ich weiß, dass du sie im Verdacht hast, aber bleib cool. Die Dame ist ein harter Brocken.«
Michelle nickte.
King stieg aus dem Wagen und ging auf Joan zu.
»Ich habe versucht, dich telefonisch zu erreichen«, sagte sie.
»Ich war unterwegs«, erklärte King.
Als sie Michelle aus dem Land Cruiser steigen sah, war sie erkennbar perplex. Ihr misstrauischer Blick wanderte von King zu Michelle. »Sie sind Agentin Maxwell?«
»Ja. Wir sind uns vor Jahren, als Sie noch beim Service waren, mal über den Weg gelaufen.«
»Ja, natürlich. Na, und in jüngster Zeit haben Sie ja für einen ganz gehörigen Wirbel in der Presse gesorgt.«
»Stimmt«, erwiderte Michelle. »Und ich könnte gut und gerne darauf verzichten.«
»Das glaube ich Ihnen unbesehen«, sagte Joan. »Was für eine Überraschung, Sie hier anzutreffen«, fügte sie hinzu, ohne den Blick von King zu wenden. »Ich wusste gar nicht, dass Sie und Sean sich kennen.«
»Das hat sich erst vor kurzem ergeben«, erklärte King.
»So, so!« Joan berührte Michelle am Ellbogen. »Michelle, würden Sie uns bitte entschuldigen? Ich habe etwas Wichtiges mit Sean zu besprechen.«
»Kein Problem, ich bin sowieso ziemlich fertig.«
»Ja, das ist ein Effekt, den Sean auf viele Frauen hat. Bei manchen schlägt das direkt auf die Gesundheit.«
Die beiden Frauen starrten einander an, und jede hielt dem Blick der anderen stand. »Danke für den Tipp, aber ich kann schon auf mich selbst aufpassen«, sagte Michelle.
»Davon bin ich überzeugt. Aber mit der richtigen Konkurrenz könnte es passieren, dass Sie ganz plötzlich aus dem Rennen fliegen.«
»Das ist mir, ehrlich gesagt, noch nie passiert.«
»Mir auch nicht. Es heißt, dass es beim ersten Mal wirklich unter die Haut geht. Man vergisst es nicht.«
»Ich werd’s mir merken. Vielleicht merken Sie es sich auch.«
» Good-bye , Michelle«, sagte Joan und fügte mit Eisesstimme hinzu: »Und besten Dank auch, dass Sie mir gestatten, Ihnen Sean abzunehmen.«
»Ja, besten Dank auch, Mick «, murmelte King zwischen zwei Atemzügen.
Michelle fuhr ab, und King ging die Treppe hinauf. Joan blieb ihm direkt auf den Fersen, sodass er die weiß glühende Hitze ihrer Wut geradezu im Nacken spüren konnte. Wie ein Delinquent auf dem Weg zur Hinrichtung war der Vergleich, der ihm einfiel, und in diesem Augenblick war er leider nur allzu passend.
Joan setzte sich an den Küchentisch, während King Teewasser aufsetzte. Ihre Miene verriet, dass sie immer noch vor Zorn schäumte. »Würdest du mir jetzt bitte erklären, was das mit dir und Michelle Maxwell auf sich hat?«
»Hab ich doch schon. Sie ist ein neues Phänomen in meinem Leben.«
»Ich glaube nicht an solche Phänomene. Sie verliert John Bruno, und kurz darauf steht sie vor deiner Tür?«
»Was geht dich das an?«
»Was mich das angeht? Bist du wahnsinnig? Ich ermittle im Entführungsfall Bruno, und da tauchst du plötzlich in Begleitung der verantwortlichen Einsatzleiterin auf.«
»Sie hat mich besucht, weil wir beide, sie und ich, einen
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