Sean King 01 - Im Bruchteil der Sekunde: Roman
Präsidentschaftskandidaten verloren haben und weil sie Erfahrungen mit mir austauschen wollte. Das ist alles. Bruno spielt in dieser Gleichung eigentlich gar keine Rolle.«
»Du musst schon entschuldigen – aber mein Quatschometer klingelt so laut, dass es schon ein paar Springfedern raushaut.«
»Es ist die reine Wahrheit, ob du mir das nun abnimmst oder nicht.« Er hielt eine leere Tasse hoch und fragte freundlich: »Tee? Du siehst aus, als könntest du einen brauchen. Ich habe Earl Grey, Pfefferminz oder den bewährten, alten Lipton.«
»Ich pfeif auf deinen Tee!«, rief Joan. »Wo kommt ihr beide her?«
King behielt seinen gelassenen Tonfall bei. »Ach, so ungefähr aus dem Jahr 1996.«
»Wie bitte?«
»Nur ein kleiner Spaziergang in die Erinnerung.«
»1996?« Sie sah ihn ungläubig an. »Wart ihr etwa in Bowlington?«
»Bingo! Milch und Zucker?«
»Was, zum Teufel, hattet ihr da zu suchen?«
»Tut mir Leid, aber für diese Geheimhaltungsstufe hast du, glaub ich, noch keine Freigabe.«
Joan schlug mit der Faust auf den Tisch. »Hör jetzt auf mit dem Scheiß und rück raus mit der Sprache!«
King ließ den Tee vorübergehend Tee sein und starrte sie an. »Das geht dich wirklich einen feuchten Kehricht an – es sei denn, du sagst mir, dass du dich aus Gründen, von denen ich nichts weiß, für das Attentat auf Ritter interessierst.«
Sie sah ihn argwöhnisch an. »Was soll das bedeuten, verdammt noch mal?«
»Warum erklärst du nicht mir , was das zu bedeuten hat?«
Joan lehnte sich zurück, atmete tief durch und fuhr mit der Hand durch ihr zerzaustes Haar. »Weiß sie, dass wir die Nacht vorher gemeinsam verbracht haben?«
»Es kommt nicht darauf an, was sie weiß oder nicht weiß. Das geht nur uns beide an, dich und mich.«
»Ich weiß noch immer nicht, worauf das alles hinaussoll, Sean. Warum wühlst du die ganze Geschichte wieder auf?«
»Das weiß ich möglicherweise selber nicht. Und vielleicht will ich es auch gar nicht wissen. Also vergessen wir den ganzen Mist, Schwamm drüber, man soll keine schlafenden Hunde wecken, okay? Das Arschloch Ritter ruhe in Frieden, einverstanden?« Er schenkte Tee ein und reichte ihr eine Tasse. »Hier, Pfefferminztee, trink ein Schlückchen…«
»Sean…«
Er packte sie am Arm und beugte sich dicht zu ihr herab. »Trink jetzt deinen Tee!«
Seine leise, fast flüsternde Stimme und der durchdringende Blick schienen sie zu beruhigen. Sie nahm die Tasse auf und nippte daran. »Das tut gut. Danke.«
»Keine Ursache. Aber nun zu deinem Angebot bezüglich Bruno. Angenommen, ich sage ja. Was wäre der erste Schritt in unserer kleinen Partnerschaft?«
Obwohl Joan noch immer sehr aufgebracht wirkte, nahm sie eine Akte aus ihrem Diplomatenköfferchen und überflog den Inhalt. Dann holte sie tief Luft, was offenbar einen reinigenden Effekt auf sie hatte, und sagte: »Wir brauchen Fakten. Deshalb habe ich eine Liste mit den Namen aller Personen vorbereitet, die wir befragen müssen.« Sie schob ihm einen Zettel zu, und King sah ihn sich an. »Und wir müssen zum Tatort und der Sache von dort aus nachgehen.«
King hatte die Liste überflogen. »Okay, ziemlich gründliche Arbeit. Alle Beteiligten von Mrs Bruno über Mrs Martin bis hinunter zum Gärtner und zum Butler…« Ein Name fiel ihm besonders auf. »Sidney Morse?«
»Angeblich befindet er sich in einer psychiatrischen Klinik in Ohio. Klären wir erst einmal, ob das stimmt. Ich nehme an, du würdest ihn wieder erkennen?«
»Ich glaube nicht, dass ich Sidney Morse je vergessen werde. Hast du bestimmte Theorien?«
»Darf ich diese Neugier als Zustimmung betrachten?«
»Betrachte sie als ein Vielleicht. Also, wie steht’s mit den Theorien?«
»Bruno hatte viele Feinde. Gut möglich, dass er nicht mehr am Leben ist.«
»Wenn das stimmt, sind die Ermittlungen zu Ende, bevor sie richtig begonnen haben.«
»Nein. Meine Abmachung mit dem Bruno-Lager besagt, dass ich herausfinden soll, was ihm zugestoßen ist. Ich kriege mein Geld unabhängig davon, ob er tot oder lebendig aufgefunden wird.«
»Gut ausgehandelt. Ich sehe, du hast nichts von deinem alten Biss verloren.«
»Die Arbeit bleibt die gleiche, auch wenn Bruno tot sein sollte. Ja, in diesem Fall ist sie sogar noch schwieriger. Ich werde für die Aufklärung bezahlt, egal, was diese Aufklärung letztlich ergibt.«
»Gut, das habe ich kapiert. Wir sprachen über Theorien.«
»Dann hör zu: Angenommen, der politische Gegner hat Bruno kidnappen
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