Sean King 01 - Im Bruchteil der Sekunde: Roman
und die Geschichte mit dem schwarzen Spitzenhöschen und den »Aktivitäten« in Kings Zimmer in der Nacht vor dem Anschlag verschwiegen, was King mit einem dankbaren Blick quittierte. »Ich bin mir daher nicht sicher, ob die Tat überhaupt in Verbindung mit meinem Besuch zu sehen ist. Es könnte sich auch um einen Riesenzufall handeln.«
»Und das Geld in ihrem Mund? Sie sagten, Sie hätten es ihr gegeben?«
Michelle nickte. »Ich nehme jedenfalls an, dass es die fünf Zwanzigdollarnoten waren, die ich ihr für ihre Hilfe gegeben hatte.«
Nach einer Pause fügte sie hinzu: »Mit Lorettas Tod habe ich nichts zu tun.«
Der Sheriff nickte. »Wir haben Ihr Alibi bereits überprüft. Man hat Sie zum Zeitpunkt des Mordes in Virginia gesehen.«
»Was also ist das Motiv?«, fragte Parks und hob die Hände, als alle ihn ansahen. »Sie haben uns eben ein Verbrechen ohne Motiv geschildert – es sei denn, die Dame hatte Feinde, von denen Sie nichts wissen. Natürlich kann es auch ein Zufallstäter gewesen sein, aber rein gefühlsmäßig halte ich das für unwahrscheinlich. Dieses Geld im Mund: Das war etwas Persönliches.«
Der Sheriff schüttelte den Kopf. »Loretta Baldwin war absolut keine Frau, die persönliche Feinde gehabt hätte. Na gut, sie hatte eine scharfe Zunge, und bei dem, was sie so tratschte, traf sie meistens mitten ins Schwarze. Aber das waren doch alles nur Kleinigkeiten. Wegen so was bringt man keinen Menschen um.«
»Na ja, so genau lässt sich das nie sagen«, bemerkte King. »Was für Sie eine Kleinigkeit ist, kann für jemand anders sehr wichtig sein.«
Der Sheriff nickte, wirkte aber nicht überzeugt. »Vielleicht.« Er erhob sich. »Okay, ich habe Ihre Aussagen. Sie können gehen.«
Bevor sie das Polizeigebäude verließen, wandte sich Michelle noch einmal an den Sheriff. »Können Sie mir sagen, wem das Fairmount-Hotel derzeit gehört?«
»Nach meinen letzten Informationen hat es eine japanische Firma gekauft. Sie will es angeblich in ein Golfhotel umwandeln.« Er lachte. »Ich glaube nur, die Leute haben ihre Hausaufgaben nicht gemacht. Das Gelände, das zum Hotel gehört, ist zwar ziemlich groß, besteht aber überwiegend aus Feuchtgebieten. Und allenfalls eine Hand voll Leute hier in der Gegend weiß doch, was ein Golfhotel überhaupt ist.«
»Kennen Sie den Namen der Wach- und Schließgesellschaft, die das Hotel bewacht?«
Der Sheriff sah sie verwirrt an. »Was für eine Wach- und Schließgesellschaft?«
Michelle ließ sich ihre Überraschung nicht anmerken und kehrte wieder zu King und Parks zurück.
»Wie sind Sie eigentlich so schnell hierher gekommen?«, wollte King von Parks wissen.
»Meine Leute sind Ihnen gefolgt.«
»Das ist reine Zeitverschwendung, glauben Sie mir.«
»Ja, bisher war es ziemlich langweilig.«
Jetzt meldete sich Michelle zu Wort. »Heute Abend ist etwas geschehen, Marshal, das zwar mit dem Mord an Loretta Baldwin nichts zu tun hat, sehr wohl aber, wie ich meine, mit dem Verschwinden von John Bruno.«
»Bruno?« Parks sah sie fragend an. »Was, zum Teufel, hat denn John Bruno mit dieser Sache zu tun?«
Michelle berichtete ihm von dem Mann im Lastwagen.
Er schüttelte den Kopf. »Wie wollen Sie sich da so sicher sein? Sie haben ihn doch kaum gesehen – und das bei äußerst schlechten Lichtverhältnissen.«
»Ich bin Agentin des Secret Service. Gesichter zu studieren und wiederzuerkennen gehört zu meinen wichtigsten Aufgaben.«
Parks wirkte noch immer skeptisch. »Na gut, dann teilen Sie Ihre Beobachtung dem FBI mit, die Ermittlungen liegen bei denen. Ich versuche lediglich herauszufinden, wer einen meiner Zeugen ermordet hat…« Sein Blick fiel auf King. »Und außerdem versuche ich, diesen Burschen hier im Auge zu behalten.« Seine Stimme klang wie Donnergrollen. »Aber er macht es mir, weiß Gott, nicht leicht.«
»Wollen Sie vielleicht, dass ich still und brav abwarte, bis Sie genügend Beweise zusammengeklaubt haben, um mich an den Galgen zu bringen?«
»Dafür, dass ich Sie jederzeit verhaften kann, reichen die Beweise jetzt schon aus. Führen Sie mich also nicht in Versuchung.« Sein finsterer Blick traf beide, King und Michelle. »Ich darf also davon ausgehen, dass Sie wieder ins gute alte Virginia zurückkehren?«
»Nun ja«, sagte King, »vom guten alten Bowlington habe ich jedenfalls definitiv die Nase voll.«
KAPITEL 29
»Dann glaubst du mir also auch nicht.«
Der Morgen graute. Michelle und King befanden sich auf der Rückfahrt
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