Sean King 02 - Mit jedem Schlag der Stunde: Roman
Klingeln sowieso verraten.
»Östlich zum Wehr?«, rief er noch lauter.
»Sie kennen den See, das muss ich Ihnen lassen«, lobte Eddie.
»Ich weiß, warum Sie alle diese Menschen ermordet haben, Eddie.«
»Nein, das wissen Sie nicht.«
»Ich habe mir auf alles einen Reim gemacht. Tyler, Canney, Junior, Sally. Und nur zur Ablenkung Diane Hinson und Janice Pembroke. Es gab da eine Minute Abweichung, nicht wahr? Einen Tick Abweichung.«
»Einen Scheiß wissen Sie.«
»Ihr Vater war ein schrecklicher Mensch, Eddie. Mir ist klar, dass Sie von ihm zu diesen Taten getrieben worden sind. Seinetwegen haben Sie getötet, wegen all der schlimmen Dinge, die er Ihrer Mutter und Ihrem Bruder angetan hat.«
Eddie setzte King die Pistole an den Kopf. »Sie wissen einen Dreck, weshalb ich es getan habe.«
King biss sich auf die Lippen und versuchte die Nerven zu behalten, obwohl es ihm unter den gegebenen Umständen wahrlich nicht leicht fiel. »Na schön, dann erklären Sie mir die Gründe.«
»Was soll das denn jetzt? Ich bin ein Psycho, klar? Wenn ich nicht auf dem elektrischen Stuhl gebraten werde, locht man mich ein und wirft den Schlüssel weg. Soll mir doch jemand in meiner Zelle im Schlaf den Bauch aufschlitzen. Dann kann endlich jeder aufatmen. Kein Eddie mehr. Was für eine Erleichterung. Kein Eddie mehr, und die Welt dreht sich weiter wie zuvor.« Er musterte King und grinste. »Wenn Sie tot sind, werden bestimmt viele Leute um Sie trauern. Ich habe niemanden.«
»Und Dorothea?«
»Na gut, von mir aus.«
»Auch Remmy würde um Sie trauern.«
»Glauben Sie?«
»Sie nicht?«
Eddie schüttelte den Kopf. »Lassen Sie uns das nicht vertiefen.«
»Erklären Sie mir die Sache mit Steve Canney.«
»Was gibt’s da viel zu reden?«
»Sie sind ein Mann mit Ehrgefühl, Eddie. Sie hätten vor hundertfünfzig Jahren leben sollen. Also gewähren Sie einem Todgeweihten seinen letzten Wunsch. Reden Sie ein bisschen mit mir.«
Wieder lächelte Eddie. »Na schön, was soll’s. Ich war gerade vom College nach Hause gekommen. Meine Eltern waren außer Haus. Savannah war erst zwei Jahre alt, aber Vater war sie damals schon leid. Ich wusste, dass der Lump es wieder mit anderen Frauen trieb. Ich bin ihm gefolgt und habe ihn zusammen mit Canneys Ehefrau gesehen. Nachdem sie ihren Sohn geboren hatte, bin ich in die Klinik eingebrochen und hab mir die Unterlagen über die Blutgruppen angesehen. Roger Canney war nicht der Erzeuger. Aber ich kannte den Vater genau.«
»Ist Savannah denn Bobbys und Remmys Kind?«
»O ja. Ich glaube, Vater befürchtete, dass Remmy sich diesmal wirklich von ihm scheiden ließe. Da wurde sie ganz plötzlich schwanger. Man müsste Remmy mal fragen, ob die Zeugung einvernehmlich stattfand oder nicht.«
»Warum haben sie nicht einfach die Scheidung eingereicht?«
»Bobby Battle, von seiner Frau verlassen? So was konnte einer wie er unmöglich dulden. Er hätte es als Versagen empfunden. Und der große Bobby Battle kannte kein Scheitern. Niemals.«
»Remmy hätte auch gegen seinen Willen die Scheidung betreiben können.«
»Vermutlich wollte sie es nicht.«
King überlegte sich gründlich, ob er die nächste Frage wirklich stellen sollte. Schließlich sagte er sich, dass sich ihm vielleicht nur diese eine Gelegenheit bot. Zudem musste er berücksichtigen, dass Sylvia und er umso länger am Leben blieben, je länger er Eddie zum Sprechen brachte. Vielleicht gelang es ihm ja noch, Eddie zu überreden, sie am Leben zu lassen. »Warum haben Sie den Jungen nicht getötet, Eddie? Den kleinen Tommy Robinson.«
»Weil ich mir sagte, dass der Junge mir die Sache leichter macht, wenn er den Verdacht auf seinen Alten lenkt.«
»Da konnten Sie doch gar nicht sicher sein.«
»Ich sah keinen Grund, den Jungen zu töten. Na und? Werde ich zum Vorbild aller Pfadfinder, bloß weil ich darauf verzichtet habe, irgendeinen Scheißbengel abzumurksen? Sie haben doch gesehen, was ich mit Sally angestellt habe. Und sie hatte mir nie was getan. Trotzdem hab ich ihr das Gesicht bis auf die Knochen zertrümmert.« Eddie senkte den Blick und zog den Gashebel zurück.
Das Gewitter wurde von Minute zu Minute heftiger, und selbst das Formula FasTech hatte nun Schwierigkeiten, die immer höheren Wellen zu durchpflügen. Formula baute einige der besten Motorboote der Welt, sodass King Grund zu der Hoffnung sah, dass die Glasfaser der Beanspruchung durch die tosenden Fluten widerstand. Doch von der Einäscherung trennte sie
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