Sean King 02 - Mit jedem Schlag der Stunde: Roman
Junior Deaver etwas in die Schuhe zu schieben?«
»Zum Beispiel derjenige, der tatsächlich in Ihr Haus eingebrochen ist und Ihre Wertsachen gestohlen hat«, antwortete King. »Können Sie sich wirklich vorstellen, dass Junior versucht, Inhaberschuldverschreibungen und kostbaren Schmuck zu Geld zu machen?«
»Er hat nicht gewusst, was sich in den Geheimfächern befand. Außerdem hat er sehr viel Bargeld mitgehen lassen. Man muss kein Einstein sein, um Bargeld auszugeben, oder sehe ich das falsch?«, gab sie zurück.
»Wir beide möchten uns nur ein wenig umsehen und mit ein paar Leuten reden. Auch wenn wir für Harry und Junior arbeiten – auch Sie möchten doch sicher, dass der wahre Schuldige gefasst wird?«
Remmy lächelte, doch in ihren Augen stand ein gefährliches Funkeln. »Das möchten wir in der Tat, Mr King, aber wir sind der Ansicht, dass der wahre Schuldige bereits gefasst wurde.« Plötzlich wurde sie lauter und feuerte ihre nächsten Worte wie eine auf Dauerbeschuss eingestellte Automatikpistole ab. »Und wenn dieser blöde Mistkerl mir endlich sagen würde, wo mein Ehering ist, würde ich den Staatsanwalt vielleicht überreden, die Anklage fallen zu lassen! Das sollten Sie Harry sagen! Dann könnten wir diesen ganzen Blödsinn einfach vergessen!«
Michelle bemerkte, dass der Südstaatenakzent der Frau viel ausgeprägter war, wenn sie sich aufregte, und im Gegensatz zu ihrer Tochter klang er kein bisschen affektiert. Michelle stellte ihre Tasse Eistee ab, weil sie sie vor Schreck über Remmys Zornesausbruch beinahe hätte fallen lassen. Stumm dankte sie Gott, dass Remington Battle nicht ihre Mutter war.
»Das werden wir weitergeben, Remmy«, erwiderte King völlig gelassen. »Können wir uns jetzt trotzdem umsehen?«
Remmy blickte ihn eine Weile schweigend an. Ihre Lippen zuckten, als sie sich bemühte, ihren Zorn im Zaum zu halten. Einen Moment rechnete Michelle damit, die Frau würde King die Kaffeetasse an den Kopf werfen.
Schließlich erhob sich Remmy und winkte Michelle und King, ihr zu folgen. »Ach, was soll’s. Ich werde es Ihnen selber zeigen.«
KAPITEL 16
Remmy Battle führte King und Michelle ins Haus und über die große Treppe in den dritten Stock. Das Haus war offenbar immer wieder ausgebaut und erweitert worden, wie die neuen Flügel zeigten.
Remmy schien die Gedanken ihrer Besucher gelesen zu haben. »Dieses Haus ist schon seit Jahrzehnten eine Baustelle«, sagte sie. »Viele unserer Freunde haben Villen auf der ganzen Welt, aber Bobby und ich wollten immer nur hier leben. Es ist ein ziemlicher Wirrwarr hier drinnen, und manche Flure enden vor einer Wand, aber ich…« Sie verbesserte sich. »Wir lieben das Haus!«
Schließlich öffnete Remmy eine Tür und forderte sie auf, einzutreten.
Dahinter befand sich ein großes, geschmackvoll möbliertes, gemütliches Zimmer, das in gedeckten Farben gestaltet war. Eins der Fenster sah neu aus.
Remmy deutete darauf. »Da ist er eingestiegen. Die Polizei sagt, er habe ein Brecheisen benutzt. Inzwischen habe ich die Erlaubnis, alles reparieren zu lassen.«
King betrachtete einen beschädigten Bilderrahmen, der auf einem Nachttisch stand. Das Glas war entfernt worden. Er hob den Rahmen auf. »Was ist hiermit geschehen?«
Remmys Gesicht verfinsterte sich. »Das Bild stand auf einem Tisch drüben am Fenster. Offenbar hat Junior es heruntergestoßen, als er ins Zimmer einstieg. Ich habe es noch nicht richten lassen.«
Im Rahmen steckte die Zeichnung eines kleinen Jungen. Sie war in der Mitte zerrissen.
»Wer ist das?«, fragte King.
»Das ist eine Zeichnung von Bobby. Ich werde es Junior niemals verzeihen, dass er das Bild zerstört hat.«
King stellte das Porträt wieder auf den Nachttisch. »In Ihrem Ankleidezimmer gibt es so etwas wie ein Geheimfach?«
Remmy nickte und winkte ihnen, ihr zu folgen. Das Ankleidezimmer war mit geschmackvollen Mahagonischränken ausgestattet, und in den Fächern lagen in penibler Ordnung Kleidungsstücke, Taschen, Schuhe, Hüte und andere Accessoires.
King sah sich die exakte Anordnung mit offener Bewunderung an. Auch bei ihm war es stets aufgeräumt, wie Michelle wusste. Sein Ausdruck totalen Entzückens entging ihr nicht, und als Remmy in eine andere Richtung sah, tippte sie King auf die Schulter, verdrehte die Augen und ahmte stumm ein orgiastisches Stöhnen nach.
»Wo befindet sich das versteckte Fach, wenn ich fragen darf?«, sagte King, nachdem er seiner Partnerin einen tadelnden Blick
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